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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Seite noch Licht brannte.
    Er ist da!, dachte Winnie Heller, während eine Woge von Erleichterung über ihren Körper schwappte. Lübke ist wach und zu Hause!
    Mit einem leisen Lächeln auf den lädierten Lippen stieg sie aus dem Wagen, stieß die blau lackierte Gartenpforte auf und stolperte über einen ausgetretenen Plattenweg direkt auf die Haustür zu. Lübke war zu Hause, und er würde wissen, was zu tun war. Er würde ihr sagen, wie sie mit dem, was ihr geschehen war, umzugehen hatte, und er würde nicht zulassen, dass irgendjemand eine dumme Bemerkung über sie machte. Er würde sie beschützen!
    Sie blieb vor der Tür stehen und lauschte auf ein Geräusch aus dem Inneren des Hauses, auf irgendetwas, das ihr verriet, ob Lübke fernsah oder Schallplatten hörte, ob er Besuch hatte oder allein war, aber alles, was sie wahrnahm, war der leise Wind in den Sträuchern, die das gedrungene Häuschen wie eine dichte grüne Mauer umgaben.
    Aus der Nähe wirkte die Laube noch kleiner, als Winnie Heller sie in Erinnerung hatte. Sogar jetzt, in der Dunkelheit, die alles vergrößerte, Gebäude und Bäume, Einsamkeit und Angst. Zwei Zimmer, dachte sie, allerhöchstens drei. Und vielleicht noch ein bisschen Stauraum unterm Dach. Mehr konnte es beim besten Willen nicht sein.
    Sie schloss die Augen und stellte sich ausladende Terrarien vor, die an den Wänden aufgereiht waren und in denen Spinnen, Maden und irgendwelche seltenen Käferarten hausten. Sie sah Lübke, wie er kleine Stücke stinkenden Käses hineinwarf und sich anschließend die Nase an der Scheibe platt drückte, um zu verfolgen, wie seine Hausgenossen sich über das Festmahl hermachten, das er ihnen bereitet hatte. Seltsamerweise fiel ihr bei dieser Gelegenheit das groß dimensionierte Aquarium ein, das den unbestrittenen Mittelpunkt ihres Apartments bildete, und sie ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie vielleicht doch das eine oder andere gemeinsam hatten, Lübke und sie. Über sein Privatleben wusste sie hingegen wenig, über seine Vergangenheit weniger als nichts. Es ging das Gerücht, dass er einmal verheiratet gewesen war und dass seine Frau ihn wegen eines anderen verlassen habe. Dass er daraufhin ein paar Jahre komplett ausgestiegen sei und auf einem Boot gelebt habe. Andere Quellen besagten, Lübke habe mehrere Jahre im südamerikanischen Dschungel zugebracht und Insekten gesammelt. Und ein paar Witzbolde behaupteten gar, Lübke habe ein paar Jahre inmitten von Ex-Knackis und anderen Haudegen in der französischen Fremdenlegion zugebracht. Winnie Heller dachte einen Augenblick über diese Möglichkeit nach und kam zu dem Schluss, dass es keine Kuriosität gab, die sie dem Leiter der Spurensicherung nicht zugetraut hätte. Fremdenlegion, Schrumpfköpfe, ausgestopfte Vögel, überdimensionale Landschaftsaquarelle in kitschigen Goldrahmen – bei einem Mann wie Lübke war definitiv alles drin!
    Sie hustete trocken und drückte auf die Klingel, ohne noch länger darüber nachzudenken, was sie sagen sollte, woraufhin ein paar seltsame Töne, fast eine Art Melodie, durch das krumme Häuschen hallten. Während sie wartete, streifte Winnie Hellers Blick eine Satellitenschüssel, die etwa auf Augenhöhe an der Hauswand klebte wie ein Parasit.
    Dann ging die Tür auf.
    Doch zu Winnie Hellers Überraschung war es nicht Lübke, dem sie sich gegenübersah. Es war eine Frau …
    Die Unbekannte war recht klein, kaum größer als sie selbst, und dabei eher mollig als schlank. Sie trug ein champagnerfarbenes Negligé über nichts als einem knallroten Spitzen-BH und wuchtigen Männershorts mit Paisley-Muster, die einen höchst bemerkenswerten Kontrapunkt zum Rest ihres Outfits bildeten. Ihr Gesicht war nicht mehr jung, aber glatt und rosig, das platinblonde Haar trug die Frau nachlässig hochgesteckt.
    Scheiße noch mal, dachte Winnie Heller, als ihr bewusst wurde, wie ihr eigenes Aussehen auf die andere wirken musste. Zum Teufel mit ihren verfluchten Ideen! Wie hatte sie nur so sicher sein können, dass Lübke Single war? Dass er den lieben langen Tag allein in seiner Laube hockte und auf ihren Anruf wartete? Jederzeit. Am liebsten hätte sie laut losgelacht, Idiotin, die sie war!
    »Ich … Es tut mir leid«, stammelte sie, indem sie sich die Strickjacke noch ein wenig enger um den Körper zog, um wenigstens die Make-up-Flecken auf ihrer Bluse zu verdecken, die die andere vermutlich längst entdeckt hatte. Was für eine Art von Frau war das eigentlich? Eine vom

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