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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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schlechten Zeiten brachte sie immer dann aufs Tapet, wenn es um die gemeinsame Erledigung unliebsamer Aufgaben ging oder wenn sie in einer heiklen Angelegenheit seine Zustimmung suchte. »Welcher Priester?«
    »Der mit den hübschen blauen Strapsen unter seinem Talar, mit dem du dich gleich nach der Trauung so heil- und sinnlos betrunken hast«, versetzte Silvie ironisch, doch als sie das entsetzte Stirnrunzeln ihrer Tochter bemerkte, fügte sie eilig hinzu: »Mama macht nur Spaß, Schatz. Priester tragen keine Strapse. Jedenfalls nicht bei Trauungen. Und über alles andere reden wir morgen früh.« Sie stand auf und warf ihrem Mann einen flehentlichen Blick zu. »Okay?«
    »Also schön«, stöhnte Verhoeven. »In Gottes Namen.«
    9
    Devil meint, ich soll vor allem auf die Köpfe zielen. Das wäre das Abgefahrenste, sagt er, aber ich glaube, er meint: das Sicherste.
    Aus irgendeinem Grund will er nämlich, dass es möglichst viele Tote gibt. Dass keiner von denen auch nur den Hauch einer Chance hat. Und wenn ich so darüber nachdenke, glaube ich, dass er im Grunde noch viel krasser drauf ist als ich, selbst wenn die ganze Sache für ihn nur ein verficktes Gedankenspiel ist.
    Keine Ahnung, woran das liegt …
    Hass, schätze ich.
    Ja, wahrscheinlich Hass!
    Irgendein Hass steckt in jedem. Das ist eins von den Dingen, von denen ich echt überzeugt bin. Denn was ist das anderes als Hass, wenn mein Alter abends am Esszimmertisch nach dem Salzstreuer greift und anschließend auch noch nach der Ketchupflasche, obwohl er genau weiß, dass meine Mum drei Stunden in der Küche gestanden hat, um das verdammte Fleisch genau so hinzubekommen, wie es da jetzt auf seinem Teller liegt, mit einem frischen Majoranzweig und genau dreieinhalb Wacholderbeeren und dieser ganzen Scheiße. Das ist auch Hass, bloß eben Hass in einer total anderen Form. Der Hass der Impotenten sozusagen.
    Ja, Mann, das klingt geil! Fast wie ein Filmtitel: DER HASS DER IMPOTENTEN.
    Ob ich mich allerdings tatsächlich an Devils Rat halte und vor allem auf die Köpfe schieße, weiß ich noch nicht. Ich sehe das Ganze nämlich ein bisschen anders als er, und wenn ich ehrlich sein soll, hat mich die Vorstellung von Schicksal oder Vorsehung, oder wie auch immer man das nennen will, schon immer fasziniert.
    Diese Attentate auf Hitler zum Beispiel, die wir bei dem alten Schmidtke durchgekaut haben – das war eins der wenigen Themen, die mich in Geschi mal wirklich interessiert haben. Ich meine, da haben sich ein paar kluge Leute echt Gedanken gemacht und alles genauestens geplant, bombensicher sozusagen, und dann hat der Führer einfach keine Lust, sich so eine bekackte Ausstellung sowjetischer Beutewaffen anzusehen, und macht schon nach zwei Minuten die Biege, obwohl es komplett anders im Protokoll steht und die Säure im Zeitzünder der Bombe ja auch bloß noch acht Minuten länger gebraucht hätte, um diesen dämlichen Draht durchzumessen und das ganze Ding samt Führer in die Luft zu jagen. Oder diese Sache im Bürgerbräukeller: wieder einer, der alles voll gut durchgeplant hat. Er verbringt dreißig oder mehr Nächte damit, kiloweise Sprengstoff in einen Pfeiler einzubauen, und denkt sogar daran, das Ganze zu dämmen, damit Adolf und seine Kohorten auch ja nichts vom Ticken des Zeitzünders mitbekommen, er kehrt nach getaner Arbeit sogar noch einmal zurück, um alles ein weiteres Mal durchzuchecken, und dann ist Nebel an dem Abend, und der Pilot des Führers empfiehlt, lieber den Zug zu nehmen, weshalb der Führer sieben Minuten vor dem großen Knall Richtung Bahnhofverschwindet …
    Tja, das ist Schicksal, wenn man so will.
    Oder ein »Eingreifen von oben«, was auch immer das heißt.
    In diesem Fall wäre es allerdings interessant zu wissen, wer genau Adolf damals was von Abhauen eingeflüstert hat, denn irgendwie geht man ja immer davon aus, dass nur die sogenannten Guten ins Leben der Menschen eingreifen. Engel und so. Oder Heilige.
    Meine Oma zum Beispiel, die ist bei jeder Kleinigkeit in die Kirche gerannt und hat eine Kerze aufgestellt, um die Muttergottes oder den heiligen Antonius oder sonst wen zur Mitarbeit bei irgendeinem Problem zu überreden. Dass sie was Verlorenes wiederfindet oder dass die Medikamente bei meinem Opa gut anschlagen und so was alles. Tja, und anstatt hinterher einen Dankesbrief an die Pharmaindustrie zu schreiben, dafür, dass die sich mit ihren Scheißtierversuchen eine so wirksame Arznei zusammengeforscht haben, ist sie

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