Querschläger
hat angerufen und wollte wissen, ob der gottgleiche Costas seinen vollendeten Körper für Nacktaufnahmen zur Verfügung stellt, bevor er den Nobelpreis entgegennimmt.«
»Fast«, kicherte seine Frau. »Er ist eingeladen, als Gastredner auf einem medizinischen Kongress in seiner Heimatstadt zu sprechen.«
»Na, phantastisch. Und was hat das mit uns zu tun?«
»Madeleine möchte ihn begleiten.«
Das würde ich an ihrer Stelle auch tun, so unverschämt gut, wie der Kerl aussieht, dachte Verhoeven mit einem Anflug von Neid. Laut sagte er: »Wie schön für sie.«
Seine Frau reckte einen ihrer elfenhaft zarten Arme über den Tisch und angelte sich ein Käseschnittchen von seinem Teller. »Sie will, dass wir unterdessen die Kinder nehmen.«
»Alle vier?«, fragte Verhoeven mit entgeisterter Miene, wobei er grimmig feststellte, wie genau die Formulierung seiner Frau den Charakter seiner Schwägerin getroffen hatte. Madeleine will, nicht Madeleine möchte.
Silvies Antwort bestand zu seiner Beunruhigung lediglich aus einem resignierten Schulterzucken.
»Was ist mit deinen Eltern?«
»Sind auf Teneriffa.«
»Und sonst?«
»Herrgott noch mal, Hendrik, ich weiß es nicht.«
Verhoeven registrierte die Aggression in ihrer Stimme. »Und wie bist du einstweilen mit deiner Schwester verblieben?«
Die tiefdunkelblauen Augen wichen ihm nicht aus, diese Art von Flucht hätte Silvies Stolz niemals zugelassen, doch Verhoeven hatte nichtsdestotrotz den Eindruck, als zöge sie sich ein Stück weit in sich selbst zurück. Die Veränderung war nur minimal, aber er bemerkte sie trotzdem, nicht zuletzt, weil er es oft ähnlich machte. »Ich habe ihr gesagt, nur unter Vorbehalt.«
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass ich zuerst mit dir darüber spreche.«
»Und dann?«
»Dann sehen wir weiter.«
»Na toll!« Verhoeven schob den Teller mit dem letzten verbliebenen Schnittchen von sich und stand auf. Als ihm klar wurde, dass er im Begriff war, davonzulaufen, ließ er sich wieder in den Sessel fallen. »Und hast du auch mal in Erwägung gezogen, dass ich nicht gern der Vorbehalt bin?«
»So, wie du das jetzt darstellst, war es doch gar nicht gemeint«, widersprach seine Frau trotzig.
»Ach nein?«, gab er zurück. »Und wie war es stattdessen gemeint?«
Sie sah ihn an und unterdrückte mit Mühe ein Gähnen. »Tu mir den Gefallen und lass uns morgen früh darüber streiten, okay?«
»Warum?«
»Weil es spät ist.« Ihr Ton wurde noch eine Spur schärfer.
»Weil es spät ist, weil ich schon in weniger als sechs Stunden wieder aufstehen muss und weil ich keine Ahnung habe, wie ich aus dieser Scheißsituation herauskommen soll, ohne einem Menschen, der mir nahesteht, auf die Füße zu treten.« Sie funkelte ihn über den Tisch hinweg an und reckte angriffslustig das Kinn vor. »Such dir was aus.«
»Papa?«
Sie wandten beide gleichzeitig die Köpfe zur Tür, wo Nina mit zerzausten braunen Locken und ihrem geliebten Hobbson im Arm einen erstaunlich munteren Eindruck machte.
»Streitet ihr?«
»Nein, mein Schatz«, antwortete Verhoeven, heilfroh, dass seine Tochter wach war und er sie nun doch noch in die Arme schließen konnte. »Mama und ich diskutieren nur über eine ungelöste Frage.«
»Was für eine?«, wollte Nina wissen, indem sie auf seinen Schoß kletterte und ihm einen ihrer eiligen Küsse auf die Wange drückte. Verhoeven hatte sich längst daran gewöhnt, dass seine Tochter kein Kind war, das sich mit Zärtlichkeiten aufhielt, solange es ungelöste Fragen zu klären oder interessante Dinge zu beobachten gab, und im Laufe der letzten fünf Jahre hatte er gelernt, sich mit dem zufriedenzugeben, was er bekam. »Uber was für eine ungelöste Frage redet ihr?«, insistierte Nina mit der ihr eigenen Beharrlichkeit.
»Das besprechen wir alles morgen früh«, antworteten Verhoeven und seine Frau unisono, bevor sie nach einem kurzen Moment der Verblüffung in erlösendes Gelächter ausbrachen, dem ihre Tochter kopfschüttelnd und mit einem Ausdruck verwunderter Befremdung in den braunen Augen lauschte.
»Mir persönlich wäre es allerdings am liebsten, wenn wir überhaupt nicht mehr darüber reden würden«, bemerkte Verhoeven, als sie sich wieder beruhigt hatten.
»Aber du erinnerst dich schon noch daran, was der Priester gesagt hat?«, erkundigte sich Silvie mit einem leisen Lächeln.
»Was meinst du?«, fragte er, obwohl er genau wusste, worauf seine Frau hinauswollte. Die Sache mit den guten und den
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