Querschläger
Hand auf die zartrunden Schultern legte.
»Na, dann vielleicht ein andermal«, sagte Verhoeven eilig, doch er hatte die Rechnung ohne Mister Naseweis-Sempers Spitzfindigkeit gemacht.
»Ich darf mich leider nich dreckich machen, weil ich eine ganz neue Hose anhabe«, wiederholte der Junge mit diesem unwiderstehlich unschuldigen Engelslächeln, das zu Verhoevens Leidwesen trotz seiner offenkundigen Albernheit seine Wirkung selbst auf die ansonsten eher nüchterne Silvie nicht zu verfehlen schien. »Sonst würd ich schon den See für Sie baun.«
Silvie Verhoeven starrte ihren Mann an. »Du hast doch das Kind nicht etwa um Hilfe gebeten?«, erkundigte sie sich entsetzt. »Ich meine, dieser verdammte Boden hier hinten ist steiniger als die Wüste Gobi und …«
»Aaaaach, das is schon okay«, versicherte Dominik Charme-Semper, bevor Verhoeven Gelegenheit zu einer wie auch immer gearteten Verteidigung hatte. »Ich würd Ihrem Mann echt gern helfen, bloß darf ich mich eben nich dreckich machen.«
»Das ist wirklich lieb von dir, Schatz«, entgegnete Silvie mechanisch, während sie dem Jungen flüchtig über das dichte Blondhaar strich und ihrem Mann einen unverhohlen tadelnden Blick zuwarf. »Aber glaub mir, Herr Verhoeven kommt wunderbar allein zurecht.«
Na sicher doch, das sieht man ja .’, sagte Dominiks Blick, der noch dazu unverschämt lange an der mehr als erbärmlichen Flachwasserzone hängen blieb.
»Wie wäre es denn jetzt mit einem ganz und gar unvernünftigen Eis vor dem Essen, während ich koche und Papa seiner Vision von einer humiden Oase Gestalt verleiht?«, fragte Silvie, mehr an ihre Tochter als an Dominik gewandt, der bereits eifrig nickte.
Ninas Finger spielten unschlüssig am Griff ihrer Kinderschaufel.
»Na los, geh schon«, ermunterte Verhoeven sie mit einem Lächeln, das ihm selbst ein wenig gezwungen vorkam. »Du kannst mir genauso gut ein anderes Mal helfen.«
In ihrem Gesicht fochten das Verlangen nach einem Eis und das Gefühl, ihren Vater allein zu lassen, einen heftigen Kampf aus, doch nachdem Verhoeven seiner Prinzessin erneut versichert hatte, dass er wunderbar allein zurechtkomme, sprang sie glücklich davon.
»Was ist eine humiede Aase?«, hörte er sie fragen, kurz bevor Silvie mit den beiden Kindern im Haus verschwunden war, und er dachte, dass es genau diese Art von Frage war, die seine Frau zweifelsohne verdiente.
6
»Ich sitze übrigens noch immer hier draußen vor deiner Tür, falls es dich interessiert«, verkündete Hermann-Joseph Lübke bereits zum dritten Mal innerhalb der letzten Dreiviertelstunde. »Ich sitze hier draußen und friere und möchte reden.«
Aber ich nicht, dachte Winnie Heller, die ebenfalls reichlich unbequem auf dem Boden unter der Gegensprechanlage kauerte. Ich will nicht reden. Ich will nicht pokern. Ich will einfach nur meine Ruhe, warum kapierst du das nicht?
»’ne schöne Tasse Kaffee wär im Übrigen auch keine schlechte Idee«, fuhr Lübke vor ihrer Tür unbeirrt fort. »Aber ich glaube, das sagte ich bereits. Und auch die Sache mit dem Zucker, wenn ich nicht irre. Aber ich kann’s auch gern noch mal wiederholen, falls es dir entfallen sein sollte.« Winnie Heller schenkte dem Sperrholz der Tür ein sarkastisches Lächeln. Wie könnte ich das vergessen!, dachte sie. Schließlich hast du in den vergangenen fünfundvierzig Minuten kaum etwas anderes getan, als mich wieder und wieder auf deine ungesunden Vorlieben hinzuweisen!
»Angesichts der Uhrzeit hätte ich auch nichts dagegen, wenn du mir ’ne Kleinigkeit kochen würdest«, schlug Lübke unterdessen mit hoffnungsfroher Stimme vor. »Na, was meinst du? Es müsste auch gar nichts Weltbewegendes sein, ich bin ziemlich anspruchslos, was mein Mittagessen angeht, und du weißt ja selbst, welchen Fraß sie uns in der Kantine vorsetzen. Wenn du also ’n paar Würstchen dahättest, die du mir aufbraten könntest …«
Gütiger Himmel! Dieser Mann redete und redete …
»Vielleicht noch ’n bisschen Senf dazu, und ich bin der glücklichste Mann auf der Welt. Oder … Hey, wie wär’s mit Spiegeleiern? Ich esse meine gerne gut durch, aber … Sag mal, kannst du überhaupt kochen?« Er machte eine Pause, offenbar, um ihr Gelegenheit zum Antworten zu geben. Als sie schwieg, fuhr er fort: »Naja, macht ja nichts. Ich meine, es gibt heutzutage viele Frauen, die nicht viel mehr als die Mikrowelle bedienen können, und ich bin ja auch nicht komplett hilflos oder so. Ich meine, ich sehe schon,
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