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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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definitiv sagen konnten, ist, dass Nikolas Hrubesch nicht durch eine Gewehrkugel starb.«
    »Und wie sollte es seinem Mörder gelungen sein, ihm die Pistole abzunehmen, um ihn damit zu erschießen?«, fragte Winnie Heller mit einem ungläubigen Kopfschütteln. »Ich meine, ein Kerl, der gerade elf Menschen erschossen und weitere vierzig verletzt hat, lässt sich doch nicht so mir nichts, dir nichts die Waffe aus der Hand nehmen, noch dazu, wenn er darüber hinaus auch noch ein Gewehr bei sich trägt.«
    »Da ist was dran«, stimmte Verhoeven seiner Partnerin zu. »Es müsste doch zumindest zu einem Kampf oder Handgemenge zwischen Hrubesch und einem potenziellen Angreifer gekommen sein, oder nicht?«
    Sein Vorgesetzter konnte nicht umhin, die Frage zu bejahen.
    »Und warum hat sich derjenige, der Hrubesch überwältigt hat – wer immer das gewesen sein mag –, nicht der Polizei gestellt?«, legte Winnie Heller ihren Finger zielstrebig auf die nächste Ungereimtheit. Ihr Gesicht war jetzt von einer leuchtenden Röte überzogen, wie so oft, wenn sie sich gefühlsmäßig engagierte. Und wie so oft dachte Verhoeven, dass ihr dieses Mehr an Farbe stand. Dass sie im Grunde hübsch sein könnte, wenn sie sich nur ein bisschen mehr Mühe geben würde. »Ich meine, immerhin war Nikolas Hrubesch doch gerade zum Massenmörder geworden«, führte sie den begonnenen Gedanken weiter aus. »Wäre man da nicht eigentlich der Held des Tages, wenn man so einen außer Gefecht setzt?«
    »Was, wenn die Waffe, mit der Hrubesch getötet wurde, gar nicht Hrubeschs Waffe gewesen ist?«, gab Hinnrichs zurück Verhoeven zog die Stirn in Falten. »Wollen Sie andeuten, dass heute Morgen noch ein anderer mit einer geladenen Pistole durch diese Schule gelaufen sein könnte?«
    Der Leiter des KK11 antwortete nicht. Stattdessen nahm er einen Schluck von seinem Wasser. Dem weichmacherfreien aus der Kristallkaraffe.
    Verhoeven bemühte sich vergeblich, den Blick seines Vorgesetzten festzuhalten. »Sie denken an einen zweiten Schützen?«
    »Warum nicht?«, entgegnete Hinnrichs, indem er nun doch wieder hochsah. »Oder fällt Ihnen eine bessere Erklärung ein?«
    Winnie Heller lehnte sich ein Stück vor, und erst jetzt fiel Verhoeven auf, dass seine Kollegin an diesem Tag außergewöhnlich stark geschminkt war. Er überlegte, was der Grund dafür sein konnte, kam jedoch zu keinem befriedigenden Ergebnis. »Und wer sollte dieser ominöse zweite Pistolenmann gewesen sein?«, fragte sie. »Hrubeschs Komplize?«
    »Nikolas Hrubesch ist tot«, wiederholte Hinnrichs, als beantworte dieser Umstand allein die Frage seiner jungen Beamtin zur Genüge. Dann straffte er plötzlich die Schultern, als habe er eine wichtige Entscheidung getroffen, die es umgehend umzusetzen gelte, und stemmte seine blassen Hände gegen die Tischplatte, die ihn von seinen Kommissaren trennte. »Ich muss ja wohl nicht extra betonen, dass die Dinge, die in diesem Büro besprochen werden, mit äußerster Diskretion zu behandeln sind«, sagte er, ohne Verhoeven und seine Kollegin anzublicken. Stattdessen sah er wieder nach dem Fernseher. »Können Sie sich ausmalen, wie die Leute reagieren, wenn herauskommt, dass wir es möglicherweise mit zwei Tätern zu tun haben und dass einer von beiden noch immer da draußen herumläuft?«
    »Aber genau so ist es doch«, stellte Verhoeven sachlich fest, bevor er etwas vorsichtiger hinzufügte: »Zumindest scheint es nach dem jetzigen Stand der Dinge so zu sein. Denken Sie nicht, dass es da unsere Pflicht wäre, die …«
    »Nein«, unterbrach ihn sein Vorgesetzter, indem er den Blick von den flimmernden Bildern in Winnie Hellers Rücken losriss. Und sein Tonfall ließ keinerlei Zweifel daran, dass alles, was das betraf, bereits von höchster Stelle abgesegnet war. »Unsere Pflicht ist es, die Umstände aufzuklären, die zu dieser unfassbaren Katastrophe da«, seine Hand fuchtelte in Richtung Fernseher, »geführt haben. Nicht mehr und nicht weniger.« Er schnappte nach Luft und blickte dann mit angriffslustig vorgerecktem Kinn zwischen seinen beiden Kommissaren hin und her, als könne er weiteren Widerspruch auf diese Weise bereits im Keim ersticken. »Nach außen hin bleibt es auch weiterhin ein ganz normaler Amoklauf«, setzte er dann in etwas gemäßigterem Ton hinzu, und der Ausdruck »normal« in diesem Zusammenhang ließ Verhoeven frösteln. »Offiziell zuständig sind, wie Sie wahrscheinlich bereits gehört haben, Lars Höppner und seine

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