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Quest

Quest

Titel: Quest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zu tun, was zu tun war. Noch einmal setzte er sich auf die Liegediwane. Noch einmal fuhr er mit der Hand über die herben Muster der Rukanta-Kissen. Noch einmal verlor er sich in der Betrachtung der wunderbaren Intarsien auf dem gro ss en Rundtisch, den ihm die Virijager geschenkt hatten als Dank für die Befreiung von den Piraten der Stahlnebel. Eine unerhörte Kostbarkeit, für die ihm schon die unglaublichsten Summen geboten worden waren. Einen langen Moment vergeudete er mit dem Gedanken daran, wem dieser Tisch wohl künftig gehören würde, der alte Kaufmannsinstinkt der Toyokaner.
    Ein amüsiertes Lächeln huschte über seine Lippen, und sein Blick wanderte weiter zu der steinernen Skulptur des P’tan’tha, jener mythischen Gottheit aus der Sagenwelt Akotoaburs, die die Kühnen und die Verrückten beschützte. Diese Kombination hatte ihn schon immer fasziniert. In welche der beiden Kategorien er wohl gehörte? Oder gab es diesen Unterschied gar nicht wirklich; war es letztlich nur das Resultat eines Unternehmens, das die Nachwelt zu einer Unterscheidung veranla ss te?
    Er lauschte, hörte das bevorstehende Austauchen. Es würde nicht P’tan’tha sein, vor den er bald treten würde, sondern der wirkliche, wahrhaftige Schöpfer des Universums, die allmächtige Kraft, das allwissende Auge, Gott. Er, ein schwacher, kranker Mensch, würde vor ihn treten und ihm sagen, was gesagt werden mu ss te. Wenn er bis dahin seinen Mut bewahren würde. Quest schlo ss die Augen und fühlte in sich hinein, dahin, wo das Feuer brannte, das von der Paste Grün angefacht worden war. Es brannte hell, aber schwach. Er sehnte sich zurück nach der stählernen Kraft seiner frühen Mannesjahre, als er Mut und Entschlossenheit für zehn Männer gehabt hatte, als er eine Seele besessen hatte, die, narbenlos und in festem Grund verankert, ein Bollwerk gegen jeden Sturm gewesen war. er in seinem Leben zu bestehen hatte? Würde er noch wissen, was er hatte sagen wollen, wenn er vor Gott trat? Und würde er den Mut haben, die Worte auszusprechen, Gott die Anschuldigungen ins leuchtende Antlitz zu schleudern und nichts zurückzuhalten, nicht der Versuchung zu erliegen, demütig zu Boden zu sinken wie ein um Gnade winselnder Sklave vor dem Pantap?
    Da war die Erinnerung. Toyokan, wie es brannte. Wie die Jäger der Invasoren darüber hinwegfegten, unbehelligt, unbesiegbar, höhnische Kondensstreifen in die kochende Atmosphäre zeichnend. Wie sich der Feuerball einer nuklearen Explosion emporwölbte, wo einst das stolze Toykara die Ufer der Simm gesäumt hatte. Der Feuerball, in dem der Sitz der Landmeister untergegangen war und mit ihm die Familie seines Stiefeldieners, dessen Frau nach vielen Jahren endlich das ersehnte Kind entbunden hatte. Quest spürte die Wut wieder und die ohnmächtige Verzweiflung, die er empfunden hatte, als dieses Bild auf seinem Hauptschirm flimmerte.
    Die Erinnerung, sie war es, an die er sich klammern mu ss te.
    Die Erinnerung würde ihm die Kraft und den Mut geben. Zwei Milliarden Menschen, das war nur eine Zahl. Aber er wu ss te um Schicksale Einzelner, und jeder, an den er dachte, würde ihm Mut geben, würde bei ihm sein und mit ihm klagen und wüten gegen Gott, der all dies zugelassen hatte und immer noch zulie ss , in diesem Augenblick vielleicht.
    Quest öffnete die Augen, blickte auf das Siegel Toyokans, eingestickt in die wuchtigen Brokatvorhänge entlang der Wände. Das Siegel, für das es nach ihm keinen Erben geben würde.
    Wie wird es sein, vor Gott zu stehen? fragte er sich. Wird er mich überhaupt anhören? Wird er mich ausreden lassen oder wird er mich zermalmen ob meiner Aufsässigkeit?
    Ein Signalton zerstörte die an dächtige Stille. »Edler Quest«, unterrichtete ihn der Zweite Pilot Bleek, »wir tauchen in wenigen Augenblicken aus.«
    »Danke«, sagte Quest. Und er dachte: Es ist mir egal. Soll er mich doch zermalmen . Die rote Riesensonne glomm träge in der Dunkelheit des Alls, kurz vor dem Erlöschen, so als wäre sie schon alt gewesen, bevor alle anderen Sterne im Universum entstanden. Die Instrumente machten einen kleinen, dunklen Planeten aus, einen einzigen nur, der sie umkreiste.
    »Ist er das?« fragte der Edle Felmori mit angehaltenem Atem.
    »Der Planet des Ursprungs?« erwiderte Smeeth, düster im Sessel des Kommandanten hockend. »Ja.«
    »Den habe ich mir ganz anders vorgestellt«, bekannte Ogur.
    Der Unsterbliche rieb sich geistesabwesend den Arm, auf dem er die Tätowierung

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