Quicksilver
Blickduellen mit Sterling (der heute seinen roten Seidenanzug mit Silberknöpfen trug und sich zahlreiche Schönheitspflästerchen ins Gesicht geklebt hatte, wenn auch nicht so viele wie Beatrice) und beobachtete Sir Winston Churchill, der gleichermaßen gelangweilt, aufgewühlt und unglücklich wirkte.
Irgendwann ertappte er Sir Winston dabei, wie er eingehend das Fernrohr betrachtete und seine Augen kaum merkliche Bewegungen und Blickrichtungswechsel vollführten, während er sich darüber klar wurde, wie es funktionierte. Daniel wartete, bis Sir Winston mit einer Frage auf den Lippen zu ihm aufsah – dann kniff er ein Auge zu und schüttelte leicht den Kopf. Sir Winston zog die Augenbrauen hoch und war sichtlich begeistert davon, dass er und Daniel nun ihre eigene kleine Intrige spannen – es war, als setzte sich einem unerwartet eine hübsche Siebzehnjährige auf den Schoß. Aber dieser Blickwechsel wurde von jemandem aus Sterlings Clique bemerkt – einer jungen Freundin von Beatrice, die zu wissen verlangte, was der röhrenförmige Gegenstand war.
»Danke, dass Ihr mich daran erinnert«, sagte Daniel. »Ich räume ihn wohl besser weg.«
»Was ist das?«, verlangte die Lady zu wissen.
»Ein seemännisches Gerät«, sagte Sir Winston, »oder das Modell eines solchen – wehe der holländischen Flotte, wenn Mr.Waterhouses Erfindung in vollem Umfang verwirklicht wird!«
»Wie funktioniert sie?«
»Dies ist hier nicht der rechte Ort«, sagte Sir Winston angelegentlich und ließ den Blick in einer oberflächlichen Suche nach holländischen Spionen hin und her wandern. Daraufhin wandten auch alle anderen die Köpfe, was zu einer wichtigen Sichtung führte: Von der Strand her hielt eine Entourage auf Charing Cross Einzug, und in ihrer Mitte musste sich jemand schrecklich Bedeutendes befinden. Während alle herumrätselten, wer das sein könnte, räumte Daniel das Fernrohr weg und klappte den Kasten zu.
»Es ist der Earl von Upnor«, flüsterte jemand, und da musste Daniel hinsehen, um festzustellen, was aus seinem ehemaligen Zimmergenossen geworden war.
Die Antwort: Nun, da Louis Anglesey, der Earl von Upnor, in London war, von den klösterlichen Zwängen Cambridges befreit und volle zweiundzwanzig Jahre alt, konnte er endlich so leben und sich kleiden, wie es ihm beliebte. Heute, während er über Charing Cross spazierte, trug er einen Anzug, der so konstruiert worden zu sein schien, dass man (1) den Earl in eine Bluse mit zwanzig Fuß langen Ärmeln aus dem teuersten Leinen gesteckt; (2) die Ärmel um seine Arme zu zahlreichen, einander überlappenden Falten gebauscht; (3) ihn fast vollständig mit Leim eingestrichen; (4) ihn in einem großen Behälter mit Tausenden von Zierdeckchen aus schwarzer Seide geschwenkt und gewälzt und (5) (weil König Charles II., der vor ein paar Jahren verfügt hatte, dass sämtliche Höflinge Schwarz und Weiß zu tragen hatten, allmählich genug davon bekam, die Verfügung aber noch nicht förmlich aufgehoben hatte) hier und da ein paar Farbtupfer hinzugefügt hatte, vorwiegend in Form von Büscheln kunstvoll geraffter und verknoteter Bänder – insgesamt genug Band, um bis zu dem Laden in Paris zu reichen, wo der Earl den ganzen Kram gekauft hatte. Außerdem hatte der Earl ein weißes Seidentuch dergestalt um den Hals geschlungen, dass die durchbrochenen Enden zur Geltung kamen. Die kroatischen Söldner Ludwigs XIV., les Cravates , hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, ihre ausladenden, weichen Spitzenkragen fest zu binden, damit sie ihnen nicht mitten in der Schlacht oder in einem Duell von plötzlichen Windstößen ins Gesicht geweht wurden, und das war in Paris zur Mode geworden. Der Earl von Upnor nun, immer sehr auf Äußeres bedacht, hatte diesen cravate -Stil weitergetrieben und verwendete ein Tuch anstelle eines (seit zehn Minuten) altmodischen Kragens. Er trug eine Perücke, die tatsächlich breiter war als seine Schultern, und ein paar Stiefel, die aus so viel erstklassigem, schneeweißem Leder gefertigt waren, dass sie, auf konventionelle Weise getragen, bis zur Leiste gereicht hätten, wo jeder für sich von größerem Umfang als die Taille des Earls gewesen wäre, aber dieser hatte sie natürlich nach unten und (weil sie so lang waren) die Stulpen dann wieder nach oben umgeschlagen, sodass die Knie ein Komplex aus wäschekorbweiten weißen Lederfalten umschloss, aus dem ein Gewölk weißer Spitze quoll. An den Absätzen wölbten sich goldene, mit Edelsteinen
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