Quicksilver
besetzte Sporen von vielleicht acht Zoll Länge. Die Absätze ihrerseits waren kirschrot, vier Zoll hoch und vor dem Dreck von Charing Cross durch weiche Überschuhe geschützt, deren Sohlen auf dem Boden schleiften und bei jedem Schritt ein klatschendes Geräusch machten. Wegen der Weite seiner Stiefelstulpen musste der Earl die Beine bei jedem Schritt mit hochgereckten Fußspitzen weit nach ausßen schwingen, wodurch er so heftig hin und her schwankte, dass er nur mithilfe eines langen, inkrustierten und mit Bändern verzierten Stockes das Gleichgewicht zu halten imstande war.
Trotz alledem kam er ausgezeichnet voran, und seinen Bewunderern im Garten des Kaffeehauses blieben nur wenige Minuten, um sich sämtliche Details einzuprägen. Daniel sicherte das Spiegelfernrohr und suchte dann mit einem Blick über den Platz den seltsamen Gentleman wiederzuentdecken, der Isaac gefolgt war.
Aber dieser Mensch saß nicht mehr in dem Kaffeehaus gegenüber. Daniel befürchtete schon, er habe die Spur des Mannes verloren, bis er zufällig wieder zum Earl von Upnor hinsah und feststellte, dass dessen Entourage sich teilte, um keinen anderen als eben den vornehmen Reiter in sich aufzunehmen.
Von Degen, riesigen Stulpenstiefeln oder geräuschvollen Stiefelschützern unbehindert, stand Daniel blitzschnell auf und verließ Mrs. Green’s Kaffeehaus, ohne sich erst zu entschuldigen. Er ging nicht direkt auf Upnor zu, sondern schlug einen Kurs ein, der ihn in weitem Bogen um dessen Gruppe herumführen würde, als hätte er auf der anderen Seite von Charing Cross eine Besorgung zu erledigen.
Im Näherkommen beobachtete er Folgendes: Der Gentleman saß ab und näherte sich mit selbstbewusstem Lächeln dem Earl. Stolz auf sich selbst, zeigte er große, moosartig verfärbte Zähne.
Während er sich verbeugte, bedachte Upnor einen seiner Gefolgsleute mit einem kurzen Blick und einem Nicken. Dieser Mann trat von der Seite her näher, bückte sich tief und vollführte eine schwungvolle, auf einen von Upnors Stiefeln zielende Gebärde. Etwas entflog seiner Hand und traf den Stiefelschaft. Im gleichen Moment zeigte der Mann mit dem Finger darauf: ein hübsches Klümpchen einer braunen Substanz, so groß wie eine Guinee. Alle außer dem Earl und dem vornehmen Reiter schnappten entsetzt nach Luft. »Was ist?«, verlangte der Earl zu wissen.
»Euer Stiefel!«, rief jemand aus.
»Ich kann ihn nicht sehen«, sagte der Earl, »die Stulpen behindern meine Sicht.« Sich auf den Spazierstock stützend, streckte er ein Bein vor sich hin und reckte die Stiefelspitze hoch. Jedermann auf Charing Cross konnte es nun sehen, einschließlich des Earls. »Ihr habt meinen Stiefel mit Scheiße bespritzt!«, verkündete er. »Werde ich Euch töten müssen?«
Der Berittene war völlig verwirrt; er war nicht nahe genug gekommen, um jemanden mit Scheiße zu bespritzen – aber die einzigen Leute, die das bezeugen konnten, waren die Freunde des Lords. Ein Blick in die Runde zeigte ihm lediglich die mit Rouge geschminkten und mit schwarzen Schönheitspflästerchen versehenen Gesichter der Clique des Earls, die ihn finster musterten.
»Warum sagt Ihr nur so etwas, Mylord?«
» Mich mit Euch duellieren, sollte ich wohl sagen – was vermutlich hieße, Euch zu töten. Jeder, mit dem ich mich duelliere, scheint zu sterben – warum solltet Ihr eine Ausnahme bilden?«
»Wieso... duellieren, Mylord?«
»Weil es offenbar unmöglich ist, Euch eine Entschuldigung zu entlocken. Sogar mein Hund entschuldigt sich. Aber Ihr! Warum könnt Ihr nicht zeigen, dass Ihr Euch Eures Handelns schämt?«
»Meines Handelns...«
»Ihr habt meinen Stiefel mit Scheiße bespritzt!«
»Mylord, ich fürchte, man hat Euch falsch unterrichtet.«
Sehr hässliche Geräusche von der Entourage.
»Findet Euch morgen früh in Tyburn ein. Bringt einen Sekundanten mit – jemanden, der kräftig genug ist, Euch wegzutragen, wenn ich mit Euch fertig bin.«
Der Berittene begriff schließlich, dass es ihm nicht half, auf Unschuld zu plädieren. »Aber ich kann zeigen, dass ich mich schäme, Mylord!«
»Wirklich? Sogar wie ein Hund?«
»Ja, Mylord.«
»Wenn mein Hund Scheiße an die falsche Stelle macht, reibe ich ihm die Nase darin«, sagte der Earl und reckte abermals die Stiefelspitze, sodass sie fast das Gesicht des Berittenen berührte.
Daniel befand sich mittlerweile fast genau hinter dem Berittenen, nicht weiter als zwölf Fuß entfernt, und konnte deutlich sehen, wie sich im Zwickel
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