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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Kämpfen vor Algier einen Namen machte.
    Es kam zu einem Moment äußersten Unbehagens. Churchill war, einen Herzschlag zu spät, eingefallen, dass besagter König persönlich Daniels Vater in die Luft gesprengt hatte. Churchill selbst hatte viele Antiroyalisten in der Familie und rühmte sich, ein klein wenig gewandter zu sein.
    Nun hatte man Drakes Überreste niemals gefunden. Daniels vage Erinnerung (vage deshalb, weil er seinerzeit kurz davor mit einer Donnerbüchse angeschossen worden war) ging dahin, dass die Explosion seinen Vater in die ungefähre Richtung der Feuersbrunst von London geschleudert hatte, sodass wahrscheinlich nichts von ihm übrig geblieben war als ein hartnäckiger Überzug fettiger Asche auf der Wäsche und den Fensterbänken der in Windrichtung wohnenden Nachbarn. Die Entdeckung von in Scherben gegangenem Geschirr der Serie DU UND ICH SIND NICHTS ALS ERDE bestätigte dies. John Wilkins (immer noch außer sich darüber, dass seine Bücher über das Universale Zeichen verbrannt waren) war so freundlich gewesen, die Bestattung in die Hand zu nehmen, und nur ein Brückenbauer von seinem Charme und seiner Findigkeit hatte verhindern können, dass sie zu einer lautstarken Auseinandersetzung ausartete, bei der Horden erzürnter Fanatiker zum Whitehall Palace marschierten, um einen Königsmord zu begehen.
    Seit damals – und weil Drakes Vermögen größtenteils an Raleigh gegangen war – hatte Daniel von der Familie nicht sehr viel zu Gesicht bekommen. Er hatte zusammen mit Newton auf dem Feld der Optik gearbeitet und war irgendwie jedes Mal verblüfft, wenn er feststellte, dass auch die anderen Waterhouses nicht untätig blieben, wenn er gerade nicht hinsah. Praise-God, Raleighs ältester Sohn, der schon vor der Pest nach Boston gegangen war, hatte in Harvard endlich einen akademischen Grad erworben und jemanden geheiratet, deshalb hatten alle (Waterhouses und ihre Besucher gleichermaßen) über ihn geredet – dies allerdings stets in boshaftem Ton, wie ungezogene Kinder, die sich etwas herausnehmen können, und mit gelegentlichen verstohlenen Blicken auf Daniel. Er musste zu dem Schluss kommen, dass er und Praise-God mittlerweile die letzten Vertreter des Puritanismus in der Familie waren und dass Raleigh bei den Kaffeehausbesuchern eine gewisse stillschweigende Bewunderung genoss, weil er den einen in Cambridge und den anderen in Harvard untergebracht hatte, wo sie dem, was die anderen Waterhouses im Schilde führen mochten, nicht in die Quere kommen konnten.
    In dieser Stimmung hatte er aus verschiedenen, ungeheuer angelegentlichen Blicken, die seine Halbgeschwister, deren Großfamilien und übertrieben aufgeputzte Besucher dann und wann bei Tisch gewechselt hatten, den Eindruck gewonnen, die Waterhouses, die Hams und vielleicht noch ein paar andere hätten sich zu einer Art riesiger Verschwörung zusammengetan, deren genaues Wesen nicht recht deutlich wurde – für sie aber war sie so gewaltig und kompliziert wie etwa die Zerstörung des Heiligen Römischen Reiches.
    Thomas Ham hieß mittlerweile Viscount Walbrook. Sein ganzes Gold war bei der Feuersbrunst geschmolzen, aber nichts davon war aus seinem frisch renovierten Keller entwichen – als man Tage später wiederkam, fand man einen tonnenschweren Brocken erstarrten Goldes, der Welt größten Goldbarren. Keiner seiner Einleger verlor einen Penny. Andere beeilten sich, ihr Gold bei dem unglaublich zuverlässigen Mr. Ham zu hinterlegen. Er begann, es dem König zur Finanzierung des Wiederaufbaus von London zu leihen. Teils in Anerkennung dessen und teils als Entschuldigung dafür, dass er seinen Schwiegervater in die Luft gesprengt hatte, hatte der König ihm die Earlswürde verliehen.
    Dies alles hatte Daniel im Kopf, während er da saß und zu dem verlegenen Gesicht von Sir Winston Churchill aufschaute. Wenn Churchill damals nur gefragt hätte, hätte Daniel ihm vielleicht sagen können, dass es aus der Sicht des Königs unter den gegebenen Umständen wahrscheinlich die richtige Vorgehensweise war, Drake in die Luft zu sprengen. Aber Churchill hatte nicht gefragt, er hatte vermutet. Weshalb auch nie ein richtiger Naturphilosoph aus ihm werden würde. Die Royal Society allerdings würde ihn ertragen, solange er weiter seine Beiträge bezahlte.
    Daniel seinerseits war sich mittlerweile bewusst, dass er von Standespersonen umgeben war und dass sie ihn allesamt beäugten. Er war in eine komplizierte Situation geraten, und derlei mochte er

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