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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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nach hinten über seine Schulter – ehe sie auf dem Boden landete, sprang ein beunruhigend affenähnlicher Hund in die Luft und begann sie – wortwörtlich – zu mampfen, denn das Geräusch, das er machte, klang nach einem Homunkulus, der auf dem Boden hockt und »mampf, mampf, mampf« murmelt.
    »Zwischen Frankreich und der Holländischen Republik eingeklemmt, werden die Spanischen Niederlande rasch von Ludwig XIV., dem Bourbonen, verschlungen. Schön. Doch wenn Le Roi du Soleil Maastricht erreicht, kommt er womit in Berührung?«
    »Dem politischen und militärischen Äquivalent einer heißen Eisenplatte?«
    Der holländische Botschafter sondierte mit angelecktem Finger negativen Raum, schien etwas zu berühren und zog den Finger jäh zurück, wobei er mit zusammengebissenen Zähnen ein zischelndes Geräusch von sich gab. Ob der Holländer nun Glück oder ein ausgezeichnetes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt hatte, jedenfalls spürte Daniel, wie ihm die Atmosphäre einen plötzlichen Schlag in den Bauch versetzte. Das Zelt wölbte sich nach innen und blähte sich dann. In der Düsternis klapperten und rappelten Waffeleisen wie die Zähne von Skeletten. Unter dem Tisch wuselte der Affen-Hund herum.
    Gomer Bolstrood zog eine Zeltklappe beiseite und ermöglichte so einen ungehinderten Blick auf den oberen Teil der Lünette, den die Explosion eines riesigen, im Inneren befindlichen Schwarzpulvervorrats zerrissen hatte. Das Ganze sah aus wie ein dampfender, entzweigerissener Brotlaib. Wieder auferstandene Holländer stolzierten darauf herum, trampelten die französische und die englische Fahne nieder und verbrannten sie. Die Zuschauer waren nahe daran, Krawall zu machen.
    Gomer ließ die Zeltklappe zufallen, und Daniel richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Botschafter, der keinen Moment den Blick von ihm gewandt hatte.
    »Mag sein, dass Frankreich Maastricht nimmt – aber keinesfalls so leicht – immerhin verlieren sie den Helden d’Artagnan. Den Krieg allerdings gewinnen wir.«
    »Es freut mich zu hören, dass Ihr in Holland Erfolg haben werdet – erwägt Ihr denn auch, Eure Taktik in London zu ändern?« Daniel sagte dies laut, damit auch Gomer es mitbekam.
    »In welcher Hinsicht?«
    »Ihr wisst doch, was L’Estrange seit geraumer Zeit tut.«
    »Ich weiß, was L’Estrange seit geraumer Zeit misslingt!«, schmunzelte der holländische Botschafter.
    »Wilkins versucht, London Amsterdam anzugleichen – und ich spreche hier nicht von Holzschuhen.«
    »Viele Kirchen – keine Staatsreligion.«
    »Es ist sein Lebenswerk. Er hat die Naturphilosophie in den letzten Jahren an den Nagel gehängt, um alle seine Energien auf dieses Ziel zu richten. Er will es, weil es für England das Beste ist – aber die Anglikaner der Hochkirche und die verkappten Katholiken bei Hofe sind gegen alles, was nach Dissidenten riecht. Deswegen ist Wilkins’ Aufgabe schon schwierig genug – aber wenn ebendiese Dissidenten in der öffentlichen Wahrnehmung mit dem holländischen Feind gleichgesetzt werden, wie kann er dann auf Erfolg hoffen?«
    »In einem Jahr – wenn man die Toten gezählt und die wahren Kosten des Krieges begriffen hat – wird Wilkins’ Aufgabe ganz einfach sein.«
    »In einem Jahr wird Wilkins am Stein gestorben sein. Es sei denn, er lässt ihn sich schneiden.«
    »Ich kann einen Chirurgen und Bader empfehlen, der mit dem Messer sehr schnell ist -«
    »Er ist nicht der Ansicht, dass er mehrere Monate Genesungszeit erübrigen kann, wo der Druck so stark ist und so viel auf dem Spiel steht. Er ist dem Erfolg ganz nahe, Herr Botschafter, und wenn Ihr lockerlassen würdet -«
    »Wir lassen locker, wenn die Franzosen es tun«, sagte der Botschafter und machte eine Geste zu Gomer hin, der abermals die Klappe zur Seite zog, sodass man sah, wie die Lünette von französischen und englischen Truppen unter Führung von Monmouth zurückerobert wurde. An einer Seite lag »d’Artagnan« verwundet in einer Mauerbresche. John Churchill hatte das Haupt des alten Musketiers in seinen Schoß gebettet und flößte ihm aus einer Flasche in kleinen Schlucken Wasser ein.
    Die Zeltklappe blieb ziemlich lange offen, und Daniel begriff irgendwann, dass man ihm die Tür wies. Im Hinausgehen fasste er Gomer am Ellbogen und zog ihn mit nach draußen auf die unbefestigte Straße. »Bruder Gomer«, sagte er, »die Holländer sind geistig verwirrt. Verständlicherweise. Aber unsere Lage ist nicht so verzweifelt.«
    »Ganz im

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