Quicksilver
Der Preis für die Beendigung dieses Sturms ist zu hoch, der Markt für heidnische Gottheiten zu fern -
LORD B: Warum, Sir, ruft Ihr dann nach dem Bootsmann?
VAN UND: Nun, Sir, um ihm zu sagen, er soll den Mut nicht sinken lassen und im Angesicht der Gefahr festbleiben.
LYDIA: Weh, zu spät, Vater!
VAN UND: Wovon sprichst du, Kind?
LYDIA: Als der Bootsmann Euch hörte, ging er aller Festigkeit, die er besaß, verlustig und floh in Panik.
VAN UND: Woher weißt du das?
LYDIA: Je nun, er hat die Hängematte ganz aus dem Gleichgewicht gebracht und mich aufs Deck geworfen!
VAN UND: Lydia, Lydia, ich habe ein Vermögen dafür ausgegeben, dich auf jene Schule in Venedig zu schicken, wo du studiert hast, eine tugendsame Jungfer zu werden -
LYDIA: Und ich habe eifrig studiert, Vater, aber es ist gar zu schwer!
VAN UND: War denn das ganze Geld vergeudet?
LYDIA: Aber nein,Vater, von unserem Tanzlehrer Signore Fellatio habe ich ein paar hübsche Lieder gelernt.
Singt. 26
VAN UND: Ich habe genug gehört – Bootsmann!
Auftritt Lady Brimstone.
LADY BRIMSTONE: Mylord, habt Ihr schon festgestellt, wer hier diesen schrecklichen Lärm macht?
LORD B: M’lady, es ist dieser Holländer.
LADY B: So viel zu müßigen Nachforschungen - was habt Ihr dagegen unternommen, Mylord?
LORD B: Nichts, Mylady, denn es heißt, man könne diese randalierenden Holländer nur zum Schweigen bringen, indem man sie ersäuft.
LADY B: Ersäuft – aber, Mylord – Ihr denkt doch nicht etwa daran, ihn über Bord zu werfen -?
LORD B: Jedermann an Bord denkt daran, M’lady. Doch bei einem Holländer ist das unnötig, da dieses Volk von vornherein unter Meereshöhe lebt. Es kommt also lediglich darauf an, dass man das Meer dazu bringt, dorthin zurückzukehren, wo Gott der Herr es ursprünglich hingetan hat -
LADY B: Und wie gedenkt Ihr das zu bewerkstelligen, Mylord?
LORD B: Ich habe Experimente mit einer neuen Maschine durchgeführt, dieWindmühlen dazu bringt, rückwärts zu laufen und Wasser hügelabwärts zu pumpen -
LADY B: Experimente! Maschinen! Ich sage, Holländer befördert man am besten mit französischem Schießpulver und englischem Mut unter Wasser.
Was immer der Schauspieler, der Lord Brimstone spielte, sagte, es war, als spuckte er in den Amazonas. Denn der eigentliche Schauplatz dieser Ereignisse war Neville’s Court 27 an einem Frühlingsabend, und die eigentlichen Dramatis Personae ergaben eine Liste, die vollständig aufzustellen viele Ellen Papier und einige Dram Tinte erfordert hätte. Bei dem Text handelte es sich um ein unveröffentlichtes Meisterwerk höfischer und universitärer Intrige, das einige hundert mehr oder weniger gelungene Zeilen umfasste, welche – zumeist sotto voce – im selben Augenblick gesprochen wurden und einen kontrapunktischen Effekt erzeugten, der recht kompliziert war und das Begriffsvermögen des jungen Daniel Waterhouse restlos überforderte. Er hatte sich unentwegt gefragt, warum Leute wie diese sich überhaupt Theaterstücke ansehen, wo doch jeder Tag in Whitehall mehr Spekakel bot – jetzt spürte er, dass sie es taten, weil die Geschichten im Theater simpel waren und nach ein, zwei Stunden an ein feststehendes Ende gelangten.
An der Spitze der Besetzung des heutigen Abends stand König Charles II. von England, untergebracht im Obergeschoss von Trinitys Bibliothek, dieser erbärmlichen Hütte, wo man mehrere nebeneinander liegende Fenster geöffnet und zu provisorischen Logen umfunktioniert hatte. Die Königin, eine gewisse Katharina von Braganza, eine portugiesische Prinzessin mit bekanntermaßen nicht funktionierender Gebärmutter, saß neben Seiner Majestät und tat wie üblich so, als verstünde sie Englisch. Der Ehrengast, der Herzog von Monmouth (gemeinsamer Sohn von König Charles und seiner Mätresse Lucy Walter) saß auf der anderen Seite. Die Fenster, die das des Königs flankierten, nahmen diverse Elemente seines Hofes ein: Eines wurde dominiert von Louise de Kéroualle, der Herzogin von Portsmouth und Mätresse des Königs. Das andere von Barbara Villiers alias Lady Castlemaine alias Herzogin von Cleveland, ehemalige Geliebte von John Churchill und jetzt Mätresse des Königs.
Von den drei zentralen Fenstern nach außen fortschreitend, sah man eines, das komplett von Angleseys eingenommen wurde:Thomas More Anglesey und seine fast ununterscheidbaren Söhne Philipp, mittlerweile um die siebenundzwanzig, und Louis, der vierundzwanzig war, aber jünger aussah. Das Protokoll diktierte, dass der
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