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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zuschaute. »An der Vorderseite ihrer Hose haben sie eine Art Ausfalltor, um das Pissen und Vergewaltigen zu beschleunigen.«
    »Ich bin kein Türke«, sagte er und richtete sich schließlich in den Steigbügeln auf, um ihr freie Sicht zu gewähren.
    »Soll der so aussehen?«
    »Du bist aber eine ganz Schlaue.«
    »Was ist denn da passiert?«
    »Ein gewisser Bader in Dünkirchen brachte das Gerücht in Umlauf, er habe von einem wandernden Alchimisten gelernt, wie man die Franzosenkrankheit heilen könne. Meine Kumpane und ich – wir waren gerade aus Jamaika zurückgekommen – fanden uns eines Nachts bei ihm ein...«
    »Du hattest die Franzosenkrankheit?«
    »Ich wollte nur den Bart rasiert haben«, erwiderte Jack. »Mein Kamerad Tom Flinch hatte einen schlimmen Finger, der abgenommen werden musste. Während eines Seegefechts gegen französische Kaperschiffe war er in die falsche Richtung umgeknickt und fing an so übel zu riechen, dass niemand mehr neben Tom sitzen wollte und er auf Deck essen musste. Deswegen gingen wir hin und deswegen waren wir betrunken.«
    »Wie bitte?«
    »Wir mussten Tom betrunken machen, damit er sich nicht so anstellte, wenn der Finger quer durch die Badestube flog. Und die Regeln des Anstands verlangten einfach, dass wir genauso betrunken waren wie er.«
    »Sprich bitte weiter.«
    »Als wir aber erfuhren, dass dieser Bader auch die Franzosenkrankheit heilen konnte, ei, da flogen Hosenlatze in der Stube herum wie Kanonenkugeln.«
    »Also hattest du besagte Krankheit doch.«
    »Also stocherte dieser Bader, dessen Augen so groß geworden waren wie Dublonen, in seiner Kohlenpfanne und begann, seine Brenneisen zu erhitzen. Während er die Amputation von Tom Flinchs Finger vornahm, wurden die Eisen erst rot-, dann gelbglühend. In der Zwischenzeit mixte sein junger Lehrling einen Breiumschlag aus Kräutern, wie der Alchimist es befohlen hatte. Nun, um es kurz zu machen, ich war der Letzte der Gruppe, dem das befallene Glied ausgebrannt werden sollte. Meine Kameraden, die die Behandlung bereits hinter sich hatten, lagen alle auf einem Haufen auf dem Boden, hielten Umschläge auf ihre Schwänze und schrien. Der Bader und sein Lehrjunge banden mich mit einer Unmenge fester Schnüre und Riemen an den Stuhl und stopften mir einen Lumpen in den Mund …«
    »Sie haben dich ausgeraubt?!«
    »Nein, nein, mein Fräulein, das gehörte alles zu der Behandlung. Nun befand sich der befallene Teil meines Gliedes – die Stelle, die ausgebrannt werden musste, du verstehst – auf der Oberseite, auf halbem Weg zur Spitze. Aber zu dem Zeitpunkt war meine Hosenschlange vor lauter Angst ganz in mich hineingeschrumpelt. Also packte der Lehrling mithilfe einer Zange meinen Schniedel an der Spitze und zog mit einer Hand den Einäugigen Banditen lang – während er in der anderen eine Kerze hielt, sodass die betroffene Stelle gut sichtbar war. Dann kramte der Bader in seiner Kohlenpfanne und wählte genau das richtige Brenneisen aus – mir deuchte zwar, es wären alles dieselben, aber er wollte dem Ganzen einen Anschein großer Umsicht verleihen, um seinen Preis zu rechtfertigen. Gerade als der Bader das glühende Eisen in die richtige Position senkte, traten unglücklicherweise der Steuereintreiber und seine Wachen gleichzeitig die Vorder- und die Hintertür ein. Eine Razzia. Bader ließ Eisen fallen.«
    »Wirklich traurig – so ein stämmiger Kerl wie du – stark und wohlgestalt – Pobacken wie die Nussschalenhälften englischer Walnüsse – ein Paar stramme Waden – ansehnlich, gewissermaßen – und der soll nie Kinder bekommen!!«
    »Oh, der Bader kam zu spät – ich hatte schon zwei kleine Jungen – deswegen gehe ich ja auf Straußenjagd und töte Janitscharen – hab eine Familie zu versorgen. Und da ich immer noch die Franzosenkrankheit habe, bleiben mir nur noch ein paar Jahre, bis ich verrückt werde und sterbe. Jetzt ist also die Zeit gekommen, um ein hübsches Erbe anzusammeln.«
    »Deine Frau kann sich glücklich schätzen.«
    »Meine Frau ist tot.«
    »Wie dumm.«
    »Nein, ich hab sie nicht geliebt«, sagte Jack tapfer, »und nachdem der Bader das Eisen fallen gelassen hatte, hatte ich keine Verwendung mehr für sie. Ebenso wenig wie für dich, Fräulein Unbill.«
    »Woher weißt du das?«
    »Schau’s dir doch an. Ich bring’s nicht.«
    »So wie die Engländer vielleicht nicht. Es gibt jedoch gewisse Künste, die ich aus indischen Büchern erlernt habe.«
    Schweigen.
    »Aus Büchern zu lernen

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