Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Kinder von Königin Anne – zum ersten Anwärter auf den Thron von England und Schottland wurde, oder von Großbritannien, wie wir es mittlerweile nennen sollen.«
    »Manche würde es Schicksal nennen. Andere dagegen -«
    »Lasst uns davon schweigen.«
    »Einverstanden.«
    »Anne ist bei miserabler Gesundheit, und das Haus von Hannover packt bereits seine Pickelhauben und seine mit Bildern verzierten Bierkrüge zusammen und nimmt Englischlektionen. Sophie könnte noch Königin von England werden, jedenfalls für kurze Zeit. Aber bald genug wird Georg Ludwig Newtons König und – da Sir Isaac noch bei der Münze ist – sein Vorgesetzter sein.«
    »Ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt. Es ist höchst ungeschickt.«
    »Georg Ludwig ist der Inbegriff der Ungeschicklichkeit – es kümmert ihn nicht, es ist ihm kaum bewusst, und wenn es ihm bewusst wäre, hielte er es wahrscheinlich für amüsant. Aber seine Schwiegertochter, die Prinzessin – die Verfasserin dieses Briefes, die irgendwann selbst Königin von England werden wird – ist eine Freundin von Leibniz. Und zugleich eine Bewunderin Newtons. Sie möchte eine Versöhnung.«
    »Sie möchte, dass eine Taube zwischen den Säulen des Herkules hin und her fliegt. An denen noch die Eingeweide der verschiedenen vorangegangenen Friedensstifter kleben.«
    »Man nimmt an, dass Ihr anders seid.«
    »Herkulisch vielleicht?«
    »Nun ja...«
    »Habt Ihr eine Ahnung, warum ich anders bin, Mr. Root?«
    »Nein, Dr. Waterhouse.«
    »Dann auf in die Schänke.«
     
    Ben und Godfrey werden mit der Fähre nach Boston zurückgeschickt. Daniel verschmäht die nächstgelegene Schänke – irgendein schon lange währender Streit mit dem Wirt -, und so begeben sie sich auf die Landstraße und reiten ein paar Meilen nach Nordwesten, wobei sie hin und wieder zur Seite ausweichen, um Viehtreiber mit ihren kleinen, für Boston bestimmten Herden durchzulassen. Sie gelangen zu dem Flecken, der einmal die Hauptstadt von Massachusetts war, ehe die Stadtväter von Boston ihn ausstachen. Mehrere Wege kommen aus der Wildnis gestürzt und stoßen zusammen. Freibauern, Viehtreiber und Waldsiedler wühlen das Ganze zu einem Wirbel aus Schlamm und Viehdung auf. Daneben liegt ein College. Newtowne ist, mit anderen Worten, ein Paradies für Schankwirte, und der Platz (wie sie das nennen) ist von Wirtshäusern gesäumt.
    Waterhouse betritt eine Schänke, zieht sich aber sofort wieder daraus zurück. Enoch, der über die Schulter seines Begleiters hinweg in den Raum schaut, erhascht einen flüchtigen Blick von einem Richter mit weißer Perücke auf einem wuchtigen Stuhl am Kopfende der Schankstube, auf Bretterbänken amtierenden Geschworenen, einem schmutzigen Schurken, der gerade verhört wird. »Kein guter Ort für ein Paar Müßiggänger«, murmelt Waterhouse.
    »Ihr haltet Gerichtsverfahren in Schankhäusern ab?«
    »Pah! Der Richter da ist auch nicht betrunkener als irgendein Magistrat von Old Bailey.«
    »So gesehen, ist es vollkommen einleuchtend.«
    Daniel entscheidet sich für eine andere Schänke. Sie treten durch die ziegelsteinrote Tür ein. Entsprechend den Sicherheitsbestimmungen baumeln am Eingang ein paar lederne Löscheimer, und an der Wand hängt ein Stiefelknecht, damit der Wirt die Fußbekleidung seiner Gäste nächtens als Geiseln nehmen kann. Besagter Wirt hat sich in einem kleinen Holzfort in der Ecke verbarrikadiert, auf Borden hinter ihm stehen Flaschen, im Winkel zwischen den beiden Wänden lehnt eine ungeheure Feuerwaffe, mindestens sechs Fuß lang. Enoch kann nicht glauben, wie groß die Bretter sind, aus denen der Fußboden besteht. Sie knarzen und knacken wie Eis auf einem gefrorenen See, während die Leute darauf umhergehen. Waterhouse marschiert ihm voran zu einem Tisch. Er besteht aus einer einzelnen Holzplatte, herausgesägt aus dem Herzen eines Baumes, der mindestens drei Fuß Durchmesser gehabt haben muss.
    »Solche Bäume hat man in Europa seit Hunderten von Jahren nicht mehr gesehen«, sagt Enoch. Er misst ihn anhand seiner Armlänge. »Hätte eigentlich geradewegs an die Navy Ihrer Majestät gehen müssen. Ich bin schockiert.«
    »Für diese Vorschrift gibt es eine Ausnahme«, sagt Waterhouse und zeigt zum ersten Mal ein wenig gute Laune. »Wenn ein Baum vom Wind niedergeworfen wird, darf jeder ihn bergen. Infolgedessen haben Gomer Bolstrood und seine Barker-Kollegen ihre Kolonien an entlegenen Orten errichtet, wo die Bäume sehr groß sind -«
    »Und wo häufig

Weitere Kostenlose Bücher