Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
ohne Vorwarnung ungewöhnlich starke Wirbelstürme auftreten?«
    »Von denen keiner ihrer Nachbarn etwas bemerkt. Ja.«
    »Von Aufwieglern zu Möbelschreinern in einer einzigen Generation. Ich frage mich, was der alte Knott davon halten würde.«
    »Sie sind Aufwiegler und Möbelschreiner«, verbessert ihn Waterhouse.
    »Nun ja... wenn ich Bolstrood hieße, würde ich mit Freuden an jedem Ort leben, wo mich der Arm von Tories und Erzbischöfen nicht erreichen kann.«
    Daniel Waterhouse steht auf, geht zum Kamin, nimmt zwei Bierwärmer von ihren Haken und stößt sie zornig in die Kohlen. Dann begibt er sich in die Ecke und spricht mit dem Schankwirt, der je zwei Eier in zwei Krüge schlägt und dann Rum, halbdunkles Bier und Melasse einzurühren beginnt. Es ist ein heikles und kompliziertes Gemenge – wie die ganze Situation, in die Enoch hier hineingeraten ist.
    Auf der anderen Seite der Wand liegt ein ähnlicher Raum, der für die Damen reserviert ist. Spinnräder surren, Karten scheuern an Wolle. Jemand beginnt, ein Streichinstrument zu stimmen. Nicht die altmodische Viola, sondern (dem Klang nach zu urteilen) eine Violine. Kaum zu glauben, wenn man bedenkt, wo er sich befindet. Doch dann beginnt der Musiker zu spielen – und statt eines barocken Menuetts ist es eine unheimliche, klagende Melodie – ein irisches Stück, wenn er sich nicht täuscht. Es ist, als benutze man gewässerte Seide, um Getreidesäcke zu machen – die Londoner würden darüber Tränen lachen. Enoch geht zur Tür und späht hindurch, um sich zu vergewissern, dass er sich das Ganze nicht eingebildet hat. Und tatsächlich spielt dort ein Mädchen mit karottenrotem Haar auf einer Violine und unterhält mehrere andere Frauen, die spinnen und nähen, und die Frauen und die Musik sind so irisch, wie der Tag lang ist.
    Kopfschüttelnd kehrt Enoch an den Tisch zurück.Waterhouse lässt in jeden Krug einen heißen Bierwärmer gleiten, mit dem er die Getränke erhitzt und eindickt. Enoch setzt sich, nimmt einen Schluck von dem Gebräu und befindet, dass es ihm schmeckt. Sogar die Musik beginnt ihm zuzusagen.
    Er kann nirgendwohin sehen, ohne jedes Mal zu bemerken, wie sich Blicke hastig von ihnen abwenden. Einige der anderen Gäste laufen sogar die Straße hinunter zu anderen Schänken, um ihre Anwesenheit hier zu verkünden, als wären Root und Waterhouse so etwas wie ein öffentliches Spektakel. Dozenten und Studenten kommen lässig hereingeschlendert, als wäre es ganz normal, bei noch halb vollem Krug aufzustehen und sich in ein anderes Etablissement zu verfügen.
    »Wie kommt Ihr nur auf den Gedanken, Ihr wärt dem Intrigantentum entkommen?«
    Zu sehr damit beschäftigt, die anderen Gäste anzufunkeln, ignoriert Daniel die Frage.
    »Mein Vater, Drake, hat mir nur aus einem einzigen Grunde eine Bildung angedeihen lassen«, sagt er schließlich. »Damit ich ihm bei seinen Vorbereitungen auf den Weltuntergang helfen kann. Er hat ausgerechnet, dass er sich im Jahre 1666 ereignen würde – Zahl des Tiers und so weiter. Ich wurde daher im Jahre 1646 gezeugt – wie immer bei Drake folgte die Wahl des richtigen Zeitpunkts sorgfältiger Überlegung. Mit Erreichen der Volljährigkeit würde ich ein geistlicher Herr mit abgeschlossener Universitätsausbildung sein, zudem in mehreren toten klassischen Sprachen bewandert, sodass ich persönlich auf den Klippen von Dover stehen und Jesus Christus in fließendem Aramäisch in England willkommen heißen könnte. Manchmal blicke ich mich um« – seine Geste umfasst die Schänke – »sehe, wie sich alles entwickelt hat, und frage mich, ob sich mein Vater wohl gründlicher hätte täuschen können.«
    »Ich finde, das ist der richtige Ort für Euch«, sagt Enoch. »Nichts hier ist so, wie es sein soll. Die Musik. Die Möbel. Alles läuft den Erwartungen zuwider.«
    »Eines Tages haben mein Vater und ich uns die Hinrichtung von Hugh Peters – Cromwells Kaplan – in London angesehen.Von diesem Schauspiel sind wir geradewegs nach Cambridge geritten. Da Hinrichtungen gewöhnlich bei Tagesanbruch stattfinden, müsst Ihr wissen, kann ein fleißiger Puritaner sich eine solche ansehen und dennoch bis zum Abendgebet einen vollen, schweren Reise- und Arbeitstag hinter sich bringen. Sie wurde mit einem Messer vollstreckt. Der Anblick von Bruder Hughs Eingeweiden erschütterte Drake nicht im Mindesten. Er bestärkte ihn nur in seiner Entschlossenheit, mich in Cambridge unterzubringen. Wir ritten hin und suchten

Weitere Kostenlose Bücher