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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Alb der Perversheit gewann jedoch die Oberhand, und Jack beschloss, Elizas Vorschlag aus einer negativen, empfindlichen Haltung heraus zu verstehen.
    »Und meine Investition einfach wegwerfen ?«
    »Besser als deine unsterbliche Seele wegzuwerfen. Du hast die Straußenfedern und das Pferd weggeworfen, Jack, das weiß ich – warum also jetzt nicht dasselbe tun?«
    »Das hier ist viel wertvoller.«
    »Was ist mit dem anderen Teil deiner Beute aus dem Lager des Großwesirs, Jack?«
    »Was, das Schwert?«
    Eliza schüttelte verneinend den Kopf, sah ihm in die Augen und wartete.
    »Ich erinnere mich an diesen Teil«, räumte Jack ein.
    »Willst du sie auch wegwerfen?«
    »Sie ist zwar noch viel wertvoller...«
    » Und mehr Geld wert«, warf Eliza listig ein.
    »Du schlägst doch nicht vor, dich selbst zu verkaufen -?«
    Eliza verfiel in ein seltsames Gemisch aus Lachen und Weinen. »Ich will damit sagen, dass ich schon mehr Geld verdient habe als die Federn, das Schwert und das Pferd wert waren, und bald noch viel mehr verdienen kann – und wenn es das Geld ist, was dir Sorgen macht, dann verlass die Wunden Gottes und bleib bei mir, hier in Amsterdam – du wirst schon bald vergessen, dass dieses Schiff überhaupt existierte.«
    »Es erscheint mir nicht achtbar – von einer Frau unterhalten zu werden.«
    »Wann hast du dich in deinem Leben schon um Achtung gekümmert?«
    »Seit die Leute angefangen haben, mich zu achten.«
    »Ich biete dir Sicherheit, Glück, Wohlstand – und meine Achtung«, sagte Eliza.
    »Du würdest mich nicht lange achten. Lass mich diese eine Reise machen und mein Geld wieder herausbekommen, dann -«
    »Eine Reise für dich . Ewiges Unglück für die Afrikaner, die du kaufst, und ihre Nachfahren.«
    »Meine Eliza habe ich so oder so verloren«, sagte Jack achselzuckend. »Das macht mich gewissermaßen zu einer Autorität in Sachen ewiges Unglück.«
    »Magst du dein Leben?«
    » Dieses Leben? Nicht besonders.«
    »Komm von dem Schiff runter, wenn du überhaupt ein Leben magst.«
    Eliza hatte bemerkt, was Jack entgangen war, nämlich, dass die Wunden Gottes fertig beladen war. Die Lukendeckel saßen wieder an ihrem Platz, der Hering war bezahlt (in Silbermünzen, nicht in Kaurimuscheln), und die Matrosen machten die Leinen los. Nur Mr.Vliet und Jewgeni standen noch am Kai – Ersterer feilschte gerade mit einem Apotheker um einen Arzneikasten, während Letzterer von einem fremdartigen Raskolnikpriester mit einem turmhohen Hut gesegnet wurde. Diese Szene war so kurios, dass sie Jacks Aufmerksamkeit vollkommen in Anspruch nahm, bis die Matrosen alle zu brüllen anfingen. Darauf ging sein Blick zu ihnen . Ihr Blick dagegen war auf ein anscheinend schreckliches Schauspiel auf dem Kai gerichtet, was Jack plötzlich befürchten ließ, irgendwelche Rüpel griffen Eliza an.
    Er drehte sich um und konnte gerade noch sehen, dass Eliza die Harpune gepackt hatte, die Jewgeni an einen Kistenstapel gelehnt hatte, und dabei war, sie auf ihn, Jack, zu werfen. Natürlich war sie keine professionelle Harpuniererin, aber sie besaß das weibliche Talent, aufs Herz zu zielen, und so schoss die Waffe so direkt wie die Wahrheit auf ihn zu. Jack, der sich dunkel an die während seiner Soldatenzeit erworbenen Kenntnisse im Schwertkampf erinnerte, drehte sich zur Seite, um eine schmalere Zielscheibe zu bieten, verlor jedoch das Gleichgewicht, fiel gegen den Hauptmast und streckte den linken Arm vor, um seinen Fall zu bremsen. Die breiten Widerhaken der Harpune vollführten einen scharfen Angriff über die Breite seiner Brust und prallten an einer Rippe oder so etwas ab, sodass eine Spitze seinen Unterarm traf, seitlich durch den schmalen Zwischenraum zwischen den zwei Knochen hindurchtrat, sich in den Mast bohrte – und ihn festnagelte. Er spürte das alles, bevor er es sah, denn er schaute auf Eliza. Aber sie hatte ihm bereits den Rücken zugekehrt und ging davon, ohne sich darum zu kümmern, ob sie ihn getroffen hatte oder nicht.

Amsterdam
    JUNI 1685
    D’Avaux und zwei große, ungewöhnlich verbissene »Diener« begleiteten sie an den Rand eines Kanals, unweit des Dam, der nach Westen in Richtung Haarlem führte. Dort war ein Schiff vertäut, das Passagiere an Bord nahm, und aus der Ferne hielt Eliza es für winzig, weil es das lustige Aussehen eines Spielzeugschiffs hatte:Vorder- und Achtersteven waren scharf nach oben gebogen, was ihm das Profil eines dicken Jungen gab, der einen kühnen Bauchklatscher machte. Doch

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