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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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    »Schmugglern.«
    »Verschiffen ist meistens bis zu einem gewissen Grad auch Schmuggeln«, sagte Jack in gelehrter Weise. »Er hatte den persönlichen Besuch eines gewissen Mr. Vliet bekommen, eines Holländers, der an einem seetüchtigen Schiff mittlerer Größe interessiert war, das mit einer Fracht von soundso vielen Tonnen den Atlantik überqueren konnte. Mr. Foot fackelte nicht lange und sicherte sich die Wunden Gottes , eine gut eingefahrene Brigg mit doppeltem Toppsegel.«
    »Hast du überhaupt eine Ahnung , was das bedeutet?«
    »Sie ist sowohl mit Rahen als auch mit Gaffelsegeln getakelt und von daher gut geeignet für die Fahrt vor dem Passatwind oder das Kreuzen gegen die unbeständigen Küstenwinde. Sie hat eine etwas einseitige, aber erfahrene Besatzung -«
    »Und musste nur noch mit Proviant versorgt und überholt werden -?«
    »Etwas Kapital wurde natürlich benötigt.«
    »Also ging Mr. Vliet nach Amsterdam und -?«
    »Nach Dünkirchen ging Mr.Vliet und erklärte Mr. Foot, der es dann mir und, so gut er konnte, Jewgeni erklärte, die Art der vorgeschlagenen Handelsreise: von lapidarer Einfachheit und doch garantiert einträglich. Wir willigten ein, uns auf Gedeih und Verderb zusammenzuschließen. Zum Glück ist es nicht weiter schwierig, in Dünkirchen Waren zu verkaufen. Ich machte die Juwelen flüssig, Jewgeni verkaufte seine Felle, Walöl und edlen Bernstein, und Mr. Foot hat das ›Bombe & Enterhaken‹ an ein französisches Handelshaus verkauft.«
    »Für diesen Mr. Vliet nicht unbedingt die nächstliegende Möglichkeit, an Geld zu kommen«, sagte Eliza, »wo es doch hier in Amsterdam einen großen und ausgesprochen lebendigen Kapitalmarkt gibt.«
    Das war (wie Jack später herausfand, als er viel Zeit hatte, darüber nachzudenken) Elizas Art, zum Ausdruck zu bringen, dass in ihren Augen Mr. Vliet ein Schurke und diese Reise für Leute, die ihre fünf Sinne beisammenhatten, kein geeignetes Investitionsobjekt war. Doch da sie jetzt schon so lange in Amsterdam war, sagte sie es in der Sprache der Bankiers.
    »Warum verkaufst du nicht einfach die Juwelen und gibst das Geld deinen Jungs?«, fuhr sie fort.
    »Warum soll ich es nicht investieren – da sie unmittelbar keine Verwendung für das Geld haben – und ihnen in ein paar Jahren das Vierfache geben?«
    »Das Vierfache?«
    »Von weniger gehen wir nicht aus.«
    Eliza machte ein Gesicht, als hätte man sie gezwungen, eine ganze Walnuss hinunterzuschlucken. »Wo wir schon von Geld reden«, murmelte sie, »was ist mit dem Pferd und den Straußenfedern?«
    »Das edle Ross ist in Dünkirchen und wartet auf die Rückkehr von John Churchill, der die Absicht geäußert hat, es mir abzukaufen. Die Federn befinden sich sicher in der Obhut meiner Kommissionäre in Paris«, sagte Jack und hielt in Erwartung einer eingehenden Befragung mit beiden Händen die Tischkante umklammert. Doch Eliza ließ das Thema fallen, als könne sie es nicht ertragen, der Wahrheit auch nur ein kleines Stückchen näher zu kommen. Jack wurde klar, dass sie gar nicht damit gerechnet hatte, ihn oder das Geld je wiederzusehen – dass sie schon vor langer Zeit von der Partnerschaft, die sie unter dem Kaiserpalast von Wien geschlossen hatten, zurückgetreten war.
    Sie sah ihm nicht in die Augen noch lachte sie über seine Witze oder errötete, wenn er sie provozierte, und er dachte, das kühle Amsterdam habe ihre Seele erstarren lassen – ihr den Körpersaft der Leidenschaft aus den Adern gesaugt. Doch im Lauf der Zeit überredete er sie, mit ihm hinauszukommen. Als sie aufstand und der Besitzer der »Maid« ihr in ihren Umhang half, sah sie vornehmer aus denn je. Jack wollte ihr schon ein Kompliment über ihre Näharbeit machen, da bemerkte er goldene Ringe an ihren Fingern und Juwelen an ihrem Hals und wusste, dass sie vermutlich seit ihrer Ankunft in Amsterdam Nadel und Faden nicht mehr angefasst hatte.
    » Windhandel oder Geschenke von Freiern?«
    »Ich bin nicht der Sklaverei entkommen, um Hure zu werden«, entgegnete sie. » Du wirst vielleicht neben einem Jewgeni wach und machst noch Späße darüber – ich wäre da anderer Meinung.«
    Jewgeni, der von dieser Schmähung nichts mitbekam, folgte ihnen durch die blitzsauberen Straßen der Stadt und schlug dabei mit dem Ende seiner Harpunenstange auf das Pflaster. Bald kamen sie in einen Bezirk im Südwesten, der nicht so blitzsauber war, und begannen, eine Menge Französisch und Judenspanisch zu hören, denn hier hatten

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