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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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mit diesen Fröschen fertig ist – wenn er hier hereinkommt und Euch müßig findet, wird er Euch versklaven – Ihr werdet Eingeweide schaufeln oder, noch schlimmer, die Genauigkeit seiner Uhren erproben, indem Ihr vor einem Pendel steht und den … ganzen... Tag... dessen... Schwünge... zählt.«
    Hooke kam herein. Sein Rücken war ganz schief: nicht nur krumm, sondern zur Seite gebogen. Sein langes braunes Haar hing ungekämmt an den Seiten herab. Er richtete sich ein wenig auf und legte den Kopf zurück, sodass das Haar sich wie ein aufgehender Vorhang teilte und ein blasses Gesicht zum Vorschein kam. Bartstoppeln auf den Wangen ließen ihn noch abgezehrter wirken, als er tatsächlich war, und machten seine grauen Augen noch riesiger. »Frösche auch«, sagte er.
    »Inzwischen überrascht mich gar nichts mehr, Mr. Hooke.«
    »Ich behaupte, dass alle Lebewesen aus ihnen bestehen.«
    »Habt Ihr erwogen, irgendetwas davon zu Papier zu bringen? Mr. Hooke? Mr. Hooke?« Doch Hooke war bereits in den Stallhof hinausgegangen, zu irgendeinem anderen Experiment.
    »Woraus bestehen?«, fragte Daniel.
    »In letzter Zeit stellt Mr. Hooke jedes Mal, wenn er etwas mit seinem Mikroskop betrachtet, fest, dass es in kleine Abschnitte aufgeteilt ist, die einander genau gleichen, wie Bausteine in einer Mauer«, vertraute Wilkins ihm an.
    »Wie sehen diese Bausteine aus?«
    »Er nennt sie nicht Bausteine. Bedenkt, dass sie hohl sind. Er hat sich angewöhnt, sie ›Zellen‹ zu nennen... Aber was wollt Ihr euch mit all diesem Unsinn abgeben. Folgt mir, mein lieber Daniel. Verbannt alle Gedanken an Zellen aus Eurem Kopf. Um die Philosophische Sprache zu verstehen, müsst Ihr wissen, dass alle Dinge auf Erden und im Himmel sich in vierzig verschiedene Genera klassifizieren lassen … die natürlich ihrerseits wiederum in verschiedene Unterklassen zerfallen.«
    Wilkins führte ihn in ein Dienerzimmer, wo man einen Schreibtisch aufgestellt und mit ebenso wenig Bemühen um Ordnung, wie es die Bienen beim Bau ihrer Wabe an den Tag gelegt hatten, Bücher und Papiere aufeinander gestapelt hatte.Wilkins erzeugte einen kräftigen Luftzug, sodass Blätter von einzelnen Stapeln flatterten, als er durchs Zimmer ging. Daniel hob eines auf und las: »Zungenfarn, Kolbenhirse, Hirschzunge, Natterzunge, Mondwurz, Seenabel, Seetang, Hiobstränen, Sommerwurz, Zahnwurz, Löffelkraut, Saubrot, goldener Steinbrech, Maiglöckchen, falsche Färberröte, stinkender Kolbenbärlapp, Endivie, Löwenzahn, Saudistel, Visnaya-Amei, Blutweiderich, Bitterwicke.«
    Wilkins nickte ungeduldig. »Die Kapselgräser, nicht die Glockenblumengewächse, und die Beeren tragenden, immergrünen Sträucher«, sagte er. »Irgendwie müssen sie mit den Zapfen tragenden und den Nüsse tragenden Bäumen durcheinander geraten sein.«
    »Die Philosophische Sprache ist also eine Art botanische -«
    »Seht mich an. Ich schaudere. Schaudere angesichts des bloßen Gedankens. Botanik! Ich bitte Euch, Daniel, versucht, Eure fünf Sinne zusammenzunehmen. In diesem Stapel haben wir alle Tiere, vom Bandwurm bis zum Tiger. Hier die Begriffe der euklidischen Geometrie bezüglich Zeit, Raum und Nebeneinanderstellung. Dort eine Klassifizierung von Krankheiten: Pusteln, Geschwüre, Geschwülste, Grind und weiter bis bin zu hypochondrischer melancholischer Schwermut, Hüftleiden und Erstickung.«
    »Ist Erstickung eine Krankheit?«
    »Ausgezeichnete Frage – macht Euch an die Arbeit und beantwortet sie!«, donnerte Wilkins.
    Daniel hatte unterdessen ein anderes Blatt vom Boden aufgehoben: »Riemen, Johannes, Schwanz...«
    »Synonyme für ›Penis‹«, sagte Wilkins ungeduldig.
    »Schnorrer, Mendikant, Lumpenkerl...«
    »Synonyme für ›Bettler‹. In der Philosophischen Sprache wird es nur noch einWort für Penis und eines für Bettler geben. Rasch, Daniel, gibt es einen Unterschied zwischen knurrig und brummig?«
    »Ich würde sagen, ja, aber -«
    »Dürfen wir andererseits Kniebeuge und Knicks zusammenwerfen und ihnen einen einzigen Namen geben?«
    »Ich – ich weiß es nicht, Herr Doktor!«
    »Dann, sage ich, gibt es einiges zu tun! Im Augenblick stecke ich in einer endlosen Abschweifung über die Arche fest.«
    »Was hat sie mit der Philosophischen Sprache zu tun?«
    »Es liegt auf der Hand, dass die P. S. ein und nur ein Wort für jede Art von Tier enthalten muss. Jedes Wort muss die Klassifizierung des betreffenden Tiers widerspiegeln – das heißt, die Wörter für Flussbarsch und

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