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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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denen sie ausländische Mächte bat, bei uns einzumarschieren. Hugh Peters war aus Salem zurückgekehrt, um jene Puritaner zur Raserei aufzupeitschen – was ihm ein Leichtes war angesichts dessen, dass der König, der schlicht kein Geld, überhaupt kein Geld mehr hatte, das Gold sämtlicher Kaufleute im Tower hatte beschlagnahmen lassen. Schottische Covenanter bis hinunter nach Newcastle, Katholikenaufstände in Ulster, plötzliche Panikreaktionen in London – Gentlemen auf der Straße zückten beim geringsten oder ohne jeden Anlass ihr Rapier. Und anderswo war es nicht besser – Europa im fünfundzwanzigsten Jahr des Dreißigjährigen Krieges, in Besançon wurden Kinder an der Straße von Wölfen gefressen, Herr des Himmels – Spanien und Portugal teilten sich in zwei Königreiche, die Holländer machten sich das zunutze, um den Portugiesen Malakka zu stehlen – natürlich habe ich das Cryptonomicon geschrieben! Und natürlich haben die Leute es gekauft! Aber wenn es das Omega war – eine Methode, Informationen zu verbergen, das Licht in Dunkelheit zu verwandeln -, dann ist das Universale Zeichen das Alpha – ein Beginn. Eine Morgendämmerung. Ein Licht in der Dunkelheit. Findet Ihr mich abstoßend?«
    »Ist das so etwas Ähnliches wie Comenius’ Projekt?«
    Wilkins beugte sich vor und tat so, als wolle er Daniel eine Ohrfeige versetzen. »Es ist sein Projekt! Es war das, was er und ich und diese ganze Bande sonderbarer Deutscher – Hartlieb, Haak, Kinner, Oldenburg – tun wollten, als wir uns damals im Dunklen Zeitalter das Unsichtbare College 13 ausdachten. Aber Mr. Comenius’ Arbeit ging seinerzeit bei einem Brand in Mähren unter, müsst Ihr wissen.«
    »Ein Unfall oder -«
    » Ausgezeichnete Frage, junger Mann – in Mähren kann man nie wissen. Wenn nun Comenius auf meinen Rat gehört und damals im Jahre’41 die Einladung angenommen hätte, Rektor des Harvard College zu werden, lägen die Dinge vielleicht anders -«
    »Die Kolonisten wären uns fünfundzwanzig Jahre voraus!«
    »Eben. Stattdessen blüht die Naturphilosophie in Oxford – und in geringerem Grade in Cambridge – und Harvard ist tiefste Provinz.«
    »Warum hat er wohl nicht auf Euren Rat gehört -?«
    »Die Tragödie dieser mitteleuropäischen Gelehrten besteht darin, dass sie ständig versuchen, ihren philosophischen Scharfsinn im Reich der Politik anzuwenden.«
    »Wohingegen die Royal Society -?«
    » Stets strikt apolitisch ist«, sagte Wilkins und bedachte Daniel sodann mit dem gewaltig übertriebenen Augenzwinkern eines Bühnenschauspielers. »Wenn wir uns aus der Politik heraushielten, könnten wir binnen weniger Generationen in geflügelten Wagen zum Mond fliegen. Um Fortschritte zu machen, ist es nur erforderlich, bestimmte Barrieren niederzureißen -«
    »Zum Beispiel?«
    »Latein.«
    » Latein!? Aber Latein ist -«
    »Ich weiß, die Universalsprache der Gelehrten und Geistlichen et cetera et cetera . Und es klingt so schön, nicht wahr? Man kann auf Lateinisch allen möglichen Unsinn verzapfen, und unsere geistesschwachen Universitätsleute sind verblüfft oder wenigstens zutiefst verwirrt. Deshalb können die Päpste schon so lange ungehindert ihre schlechte Religion an den Mann bringen – sie sagen es einfach auf Lateinisch. Doch wenn wir ihre Schachtelsätze entwirren und in eine philosophische Sprache übersetzen könnten, würden alle ihre Widersprüche und Unklarheiten deutlich.«
    »Mmm... ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass es, wenn eine richtige philosophische Sprache existierte, unmöglich wäre, falsche Vorstellungen in ihr auszudrücken, ohne gegen ihre Grammatikregeln zu verstoßen«, wagte sich Daniel vor.
    »Ihr habt soeben ihre denkbar prägnanteste Definition geliefert – Ihr wollt doch nicht etwa mit mir konkurrieren, oder?«, fragte Wilkins jovial.
    »Nein«, sagte Daniel, zu eingeschüchtert, um die Scherzhaftigkeit mitzubekommen. »Ich habe lediglich einen Analogieschluss zur kartesischen Analysis gezogen, in der sich, sofern die Begriffe klar sind, sinnvollerweise keine falschen Aussagen niederschreiben lassen.«
    »Die Begriffe! Das ist das Schwierige daran«, sagte Wilkins. »Als eine Methode, die Begriffe niederzuschreiben, entwickle ich die Philosophische Sprache und das Universale Zeichen – die gelehrte Männer aller Rassen und Völker verwenden werden, um Ideen auszudrücken.«
    »Ich stehe Euch zu Diensten, Sir«, sagte Daniel. »Wann darf ich anfangen?«
    »Sofort! Ehe Hooke

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