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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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um fiat justitia willen. Gerechtigkeit! Was heißt Gerechtigkeit? was war hier Gerechtigkeit? Dieser Opitz, der für seiner Sünden Schuld hat zahlen müssen...«
    »Er war ein Mann im Dienst...«
    »Gewiß. Aber er soll ein wunderbarer Heiliger gewesen sein in jedem Betracht. Und wer will sagen, wie's stand und wie sich Schuld und Unschuld in diesem Falle verteilt haben? Ich hab mir im Gerichtskretscham gestern abend den Fall erzählen lassen und habe dann auch nach dem Lehnert gefragt und ob er was tauge oder nicht. Und da hab ich nicht eben viel Schlimmes gehört. Im Gegenteil. Ein bißchen wirr wie alle Halbgebildete, die viel Zeitungen und Freiheitsbücher lesen. Aber trotz dem nicht übel. Meinen Segen hat er, und ich wollte, daß ihn ein Paß aus meinem Segen würde; den kann er brauchen. Bärenführer!
Der
wird kein Bärenführer und zieht an keiner Beckenstrippe...«
    Und Unverdorben, während er so sprach, ließ das Monocle fallen, und seine Kaninchenaugen waren noch röter geworden als gewöhnlich. Das alles sah Geraldine. Sie war nicht für Kakerlaken, und Kowalski blieb ihr unersetzt, aber sie hätte trotzdem aufspringen und dem Sprecher vor aller Welt Augen einen Kuß geben mögen. Denn sie war eine Frau, die, wie die meisten, die sich einer Vergangenheit rühmen dürfen, ein gutes und starkes Herz und jedenfalls eine Verachtung gegen alle Tugend- und Offiziositätsphrasen hatte.
     

Siebzehntes Kapitel
     
    Sechs Jahre waren hin, und wieder war Sommer, als ein schlank aufgeschossener Mann von Mitte Dreißig, der in seinem Aufzuge halb einem Cooperschen Trapper und halb einem Bret Harteschen Kalifornier aus den Diggings glich, auf einem bequemen Waldpfade, zu den Shawnee-Hills emporstieg, einem ausgedehnten, südlich vom Staate Kansas in den sogenannten »Indian-Territories« gelegenen Gebirgszuge. Er kam vom Fort MacCulloch, das er schon tags vorher verlassen, und hoffte noch vor Abend in dem an der andern Seite der Shawnee-Hills gelegenen Fort Holmes zu sein, an dessen Befehlshaber er einen Empfehlungsbrief hatte. Der Brief selbst aber lautete:
    »... Dem Kommandierenden von Fort Holmes empfehle ich den Überbringer dieser Zeilen, Mr. Lionheart Menz, aus San Francisco, einen Preußen (aus Silesia) von Geburt, der bei Gelegenheit des letzten in unserer Nähe stattgehabten Railway-Accidents nach Fort MacCulloch gebracht und von uns in mehrwöchentliche Pflege genommen wurde. Bruch des linken Oberarms. In Abwesenheit Doktor Morrisons machte der auf einem Jagdzuge zufällig hier anwesende Gunpowder-Face, dessen Heilmethode sich wieder vollkommen bewährte, die Kur. Ich hebe diesen Punkt hervor, einerseits weil ich vernommen habe, daß Gunpowder-Face häufig auch in Fort Holmes verkehrt, andererseits weil ich zu wissen glaube, daß das Unterhalten freundschaftlicher Beziehungen zu den Indianer-Chiefs der Regierung mindestens ebenso erwünscht ist wie uns selbst. Mr. Lionheart Menz hat sich hier unser aller Herzen gewonnen. Er war, eh er nach San Francisco ging, mehrere Jahre lang in den Diggings, kam daselbst zu Vermögen und hatte vor, von San Francisco nach Portland und von Portland nach Shanghai zu gehen, um daselbst in ein Geschäft einzutreten, als das Fallissement der Neu-Mexiko-Bank ihn um fast sein ganzes Vermögen brachte. Von neuem anzufangen, war er unlustig, und so hat er denn, seit dem Zusammenbruch, vor, es wieder als Carpenter zu versuchen, am liebsten, seiner eigenen Angabe nach, in der Brettschneidebranche, weshalb er an den Mississippi will, wahrscheinlich nach St. Louis und, wenn er dort scheitert, nach Milwaukee, Wisconsin. Er ist, wie alle Deutsche, musikalisch, wovon er uns Proben gab, trotzdem ihm, die ganze Zeit über, nur die rechte Hand zur Verfügung war. Jetzt ist er vollkommen wiederhergestellt, und Ihr werdet zu Spiel und Tanz mehr von ihm haben wie wir. Sein eigentliches Instrument ist die Zither, hierlandes wohl schwer zu beschaffen, aber er knipst auch auf der Violine, meistens mit einer Federspule, was allemal eine vorzügliche Wirkung macht. Er hat den Wunsch ausgesprochen, seine Weiterreise, zunächst wenigstens, zu Fuß machen zu dürfen, weil er sich, nach so vielen Wochen voll Untätigkeit, nach Bewegung und Anspannung sehnt. Wir haben seinem Wunsche gern willfahrt und ihm zwei von unsern Cherokeeleuten als Führer und Träger mitgegeben. Unsere Bitte an Euch geht nun dahin, ihm in Fort Holmes gastlich begegnen zu wollen, mit jenem Entgegenkommen, das Ihr immer übt

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