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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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nicht zu streiten; ich kann sie nicht sehen, ohne an die Lilien auf dem Felde zu denken, wovon die Bibel spricht. Aber auch Toby, wie brav und wie gescheit ist er, und wie gewandt! Wenn Obadja heute stirbt, was Gott verhüten wolle, so nimmt er die Wirtschaft in die Hand.«
    »Ja, das tut er, die Einbildung dazu hat er, die haben sie hier alle. Kaum ist einer trocken hinter den Ohren, oder auch noch nich mal, so wird er ein Reverend oder ein Magistrate oder ein Justice, oder sie schicken ihn als Gesandten nach der Türkei... Na, für die Türken mag es gehen. Un is gar ein bißchen Krieg in der Luft und soll es gegen Texas losgehen oder Utah oder gegen Mexiko, na, denn hast du nich gesehen, denn backen sie die Generäle und Obersten wie Semmeln. Und wer heute noch ein Advokat is oder ein Chemist oder ein Furnischer, der is morgen ein Oberst, und nu geht das Schlachtenschlagen los, das heißt, was sie hier so Schlachtenschlagen nennen, eigentlich is es ja bloß 'ne Hasenjagd. Und denn marschieren sie los und singen Yankee-Doodle und tun, als ob sie wenigstens die Welt erobern wollten, und solange sie die Schienen unter den Beinen haben, so lange geht es. Aber wenn nu das Marschieren anfängt und das erste Camp kommt oder das erste Bivouac, ja, du himmlischer Vater, da haben wir denn die Bescherung. Da is nichts da, da fehlt die Verpflegung, und das Gehungre geht los, und wenn sie vierzehn Tage lang im Modder gelegen und noch keinen Feind gesehen haben, dann fallen ihnen die Stiebel vom Leibe, und keine Naht hält mehr, und wenn sie dann den Feind zu sehen kriegen, das heißt, was sie so nennen, denn einen richtigen Feind haben sie hier gar nicht, dann platzen die Flinten oder gehen gar nicht los, weil das Pulver nichts taugt oder die Patrone nicht paßt. Und warum is es so? Weil es alles bloß Spielerei is und kein Ernst nich, und Ernst ist immer bloß, daß der Lieferant sein Geld kriegt für die Tornister, die von Pappe sind, und für seine Mäntel von Löschpapier. Ich habe welche gesehen...«
    Lehnert wollte widersprechen, aber Kaulbars litt es nicht und fuhr in gleich überlegenem Tone fort: »Ich habe welche gesehen, sag ich, die wie Zunder vom Leibe fielen. Und warum? Weil alles Geschäft is, und wo alles Geschäft is, is alles Schwindel. Und wenn ich nu frage, warum is es alles Schwindel? so kann ich bloß sagen, weil sie nichts kennen als Geld und nichts wollen als Geld und nichts anbeten als Geld und weil sie keinen richtigen Gott haben. Und wo sie keinen richtigen Gott haben, da haben sie auch keine Pflicht und keine Ehre. Und woran liegt es? Weil sie verloddert sind. Und warum sind sie verloddert? Weil sie nicht
dienen
. Und der Toby hat auch nicht gedient, und von Strammheit und richtiger Propreté ist keine Rede nich. Blaue Krawatte trägt er und hat 'ne legere Haltung, aber ein blauer Schlips is nicht Propreté, und eine lange Stakete, die hin und her schlenkert, weil kein Rückgrat drin is, is nich Strammheit.«
    Hier hatte sich Kaulbars vorläufig erschöpft, und Lehnert fand Gelegenheit einzuwerfen: »Ich bin überrascht, Mister Kaulbars, Sie so streng zu sehen. Als hier der große Krieg war, Anno 63, da waren wir beide noch drüben und haben beide nichts gehört und nichts gesehen, und was wir nachher, als wir rüberkamen, gehört haben, nu hören Sie, Mister Kaulbars, da muß man doch Respekt haben vor dem, wie's damals hergegangen ist, und haben sich geschlagen wie die besten Truppen und sind auch richtig verpflegt worden und war keine Rede von vor Hunger sterben. Und so mein ich denn, es kann nicht alles bloß Schwindel sein.«
    »Es is Schwindel, sag ich, und wer gedient hat...« »Ich habe
auch
gedient, Mister Kaulbars.«
    Kaulbars lächelte. »Wobei denn?«
    »Bei den Görlitzer Jägern.«
    »Na, hören Sie, mit die Jäger, das ist immer bloß soso. Das is nich Fisch und nich Vogel und geht eigentlich immer bloß auf Jagd und wilddiebt ein bißchen und is kein richtiger Soldat nich. Ich habe bei die Vierundzwanziger gestanden, Hauptmann von Goerschen, fünfte Compagnie. Haben Sie von dem mal gehört? Ich meine von Goerschen. Das heißt, es gab eigentlich zwei Goerschens, einer hieß Franz, der war auch ganz gut, aber unserer hieß Otto, und wir nannten ihn ›unseren Otto‹, und war schon mit bei Düppel, Schanze drei. Ich sag Ihnen, die Schanze war weg wie Schnupftabak. Ja, so sind die Vierundzwanziger, Ruppin und Havelberg, und Rathenow und die ›Zietenschen‹, das gehört eigentlich auch

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