Quo Vadis
hinaus und füllten das Haus mit ihrem Glück.
„Morgen“, sagte Vinicius, „lasse ich alle im Garten sich versammeln. Jeder soll in den Sand zeichnen, was ihm einfällt. Lygia wird dann die für frei erklären, die einen Fisch zeichnen.“
Petronius war nicht gewohnt, sich lange über etwas zu wundern. Nach der ersten Überraschung fragte er:
„Einen Fisch, wirklich? Nach Chilons Erklärung ist das ein Kennzeichen der Christen, soviel ich mich erinnern kann.“
Vinicius die Hand entgegenstreckend, fuhr er fort: „Das Glück ist stets da, wo man es zu sehen glaubt. Möge Flora dir lange Jahre Blumen unter die Füße streuen. Ich wünsche dir alles, was du selber dir wünschen magst.“
„Ich danke dir. Ich glaubte, du würdest mir abraten, was, wie du siehst, verlorene Zeit gewesen wäre.“
„Ich? Abraten? Durchaus nicht. Im Gegenteil, ich sage dir: Du tust wohl.“
„Ah, Verräter!“ erwiderte Vinicius heiter. „Weißt du nicht mehr, was du damals nach dem Besuche bei Aulus und Pomponia Graecina zu mir sagtest?“
„Doch“, antwortete Petronius lächelnd; „allein ich habe die Meinung gewechselt. Mein Lieber“, fügte er nach einer Pause hinzu, „in Rom wechselt ja alles. Männer wechseln die Frauen, Frauen die Männer; warum sollte ich nicht meine Meinung wechseln? Es fehlte einst wenig, so hätte Nero sich mit Acte vermählt, die man seinetwegen als Sprößling königlichen Blutes erklärte. Wohl! Er würde ein ehrbares Weib und wir eine ehrbare Augusta haben. Bei Proteus und seinen unergründlichen Wasserflächen! Ich wechsle die Meinung, sooft ich es für angemessen und nützlich halte. Lygias königliche Abstammung ist gewisser als diejenige Actes. Doch in Antium sei auf der Hut vor der rachsüchtigen Poppäa.“
„Ich denke nicht daran. Kein Haar wird in Antium von meinem Haupt fallen.“
„Wenn du meinst, ich würde abermals staunen, so irrst du. Aber woher hast du diese Gewißheit?“
„Der Apostel Petrus sagte so.“
„Ah, der Apostel Petrus sagte so! Dagegen gibt es freilich keinen Einwand. Erlaube mir jedoch, gewisse Vorsichtsmaßregeln zu treffen, wenn auch nur zu dem Zweck, daß der Apostel Petrus sich nicht als ein falscher Prophet erweise; denn sollte der Apostel sich irren, so könnte er dein Vertrauen verlieren, das ihm in Zukunft gewiß von Nutzen sein kann.“
„Tu, was du willst; ich aber glaube ihm. Und falls du meinst, mich dadurch, daß du den Namen spöttisch betonst, gegen ihn aufzubringen, so bist du im Irrtum.“
„Noch eine Frage. Bist du Christ geworden?“
„Noch nicht. Doch wird Paulus von Tarsus mich begleiten, um mich in der christlichen Lehre zu unterrichten. Nachher will ich mich taufen lassen; denn deine Behauptung, die Christen seien Feinde des Lebens und der Freude, ist unwahr.“
„Um so besser für dich und Lygia“, entgegnete Petronius.
Achselzuckcnd fügte er hinzu, wie im Selbstgespräch:
„Merkwürdig ist es doch, wie diese Leute es verstehen, neue Anhänger zu gewinnen und ihre Sekte zu verbreiten.“
„Ja“, erwiderte Vinicius mit einer Wärme, als ob er bereits getauft sei, „es gibt schon Tausende und aber Tausende Anhänger in Rom, in den Städten Italiens, in Griechenland und Asien. In den Legionen und unter den Prätorianern gibt es Christen; selbst im kaiserlichen Palaste sind solche. Sklaven und Bürger, reich und arm, Plebejer und Patrizier bekennen schon diesen Glauben. Weißt du, daß die Cornelier Christen sind, daß vermutlich Octavia eine war und Acte eine ist? Ja, die Lehre wird die Welt erobern; denn sie allein ist imstande, die Gesellschaft zu erneuern. Laß das Achselzucken; wer weiß, ob du in einem Monat oder einem Jahr sie nicht selber annehmen wirst!“
„Ich?“ fragte Petronius. „Nein, beim Sohne der Leto! Ich werde sie nicht annehmen, und enthielte sie auch die Wahrheit und Weisheit aller Götter und Menschen. Das würde eine Anstrengung für mich sein, und anstrengen mag ich mich nicht. Arbeit verlangt Selbstentsagung, während ich mir nichts versage. Bei deinem Naturell, das dem Feuer und dem siedenden Wasser gleicht, ist so etwas möglich. Doch – bei mir? Ich habe meine Edelsteine, meine Kameen, meine Vasen, meine Eunike. Ich glaube nicht an den Olymp, richte ihn mir jedoch hienieden ein und will genießen, bis die Pfeile des göttlichen Bogenschützen mich durchbohren oder der Cäsar mir befiehlt, daß ich mir die Adern öffne. Ein bequemes Triclinium und Veilchenduft sind mir zu angenehm.
Weitere Kostenlose Bücher