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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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„Götter!“, die übrigen verschlang der Hufschlag der Pferde. Dieser Ausruf aber brachte ihn zu sich – „Götter!“
    Er erhob das Haupt, streckte die Arme nach dem sternbesäten Himmel aus und begann zu beten:
    „Nicht zu euch rufe ich, deren Tempel brennen, sondern zu dir! Du selber hast auch gelitten. Du allein bist barmherzig! Du allein hast den Schmerz verstanden, du kamst auf diese Welt, die Menschheit Erbarmen zu lehren; zeige jetzt Erbarmen! Wenn du bist, wie Petrus und Paulus dich schildern, so rette Lygia für mich, nimm sie in deine Arme, trage sie aus den Flammen! Du hast die Macht dazu! Gib sie mir, und ich will dir mein Blut geben. Willst du dies nicht mir zuliebe tun, so tue es ihretwegen. Sie liebt dich und vertraut auf dich. Du versprichst Leben und Glück nach dem Tode, und dieses Glück soll ewig währen. Lygia aber wünscht noch nicht zu sterben. Laß sie leben! Nimm sie in deine Arme, trage sie aus Rom! Du kannst es, wenn du willst!“
    Er hörte auf; denn er fühlte, daß sein Gebet sonst in Drohung übergehen könnte, und er fürchtete, Gott in einem Augenblick zu beleidigen, in dem er seiner Gunst und Barmherzigkeit am meisten bedurfte. Er erschrak bei dem bloßen Gedanken daran, und um in seinem Geiste auch nicht den Schatten einer Drohung aufkommen zu lassen, hieb er nun auf sein Pferd ein. Schon zeigten sich im Mondlicht die weißen Mauern von Aricia, das etwa auf der Mitte des Weges lag.
    In höchster Eile passierte er den Tempel des Merkur, der sich in einem Hain vor der Stadt befand. Das Volk wußte offenbar von der Katastrophe; denn eine ungewöhnliche Bewegung herrschte dort. Vinicius sah im Vorbeireiten große Mengen auf den Stufen und zwischen den Säulen. Die Leute waren mit Fackeln versehen und stellten sich unter den Schutz der Gottheit. Die Straße war nun nicht mehr so menschenleer und frei wie um Ardea. Wohl eilte das Volk größtenteils auf Nebenpfaden zum Haine, doch fanden sich auch auf der Landstraße Gruppen, die eilig dem dahinrasenden Reiter auswichen. Vinicius ritt durch Aricia mit Windesschnelle, brachte mehrere Personen zu Falle, während andere von den Hufen seines Pferdes getreten wurden. Ausrufe umtosten ihn, wie: „Rom brennt! Rom im Feuer! Mögen die Götter Rom retten!“
    Der Hengst strauchelte, doch Vinicius’ kräftige Hand griff in die Zügel, noch einmal holte das Tier aus und hielt vor dem Hause, wo Vinicius das Pferd wechseln konnte. Sklaven standen davor, als ob sie die Ankunft ihres Herrn erwarteten, und auf seinen Befehl gingen sie, um ihm ein frisches Reitpferd vorzuführen. Vinicius, der jetzt zehn bewaffnete Prätorianer gewahrte, die wahrscheinlich Nachrichten von der Hauptstadt nach Antium zu bringen hatten, eilte auf diese zu.
    „Welcher Stadtteil steht im Feuer?“ forschte er.
    „Wer bist du?“ fragte der Decurio.
    „Vinicius, ein Tribun im Heere, ein Augustianer. Antworte, wenn dir dein Leben lieb ist!“
    „Das Feuer brach in den Buden beim Circus Maximus aus. Als wir abgesandt wurden, stand schon das Zentrum der Stadt in Flammen.“
    „Und das Viertel jenseits des Tibers?“
    „Bis jetzt ist es vom Feuer nicht erreicht; jeden Augenblick jedoch greift der Brand weiter um sich, und nichts kann ihm Einhalt tun. Die Menschen gehen vor Hitze und Rauch zugrunde; jede Rettung ist unmöglich.“
    Eben brachte man das frische Pferd. Vinicius sprang auf dessen Rücken und sprengte davon. Er ritt nun gegen Albanum, Albalonga mit seinem herrlichen See zur Rechten lassend. Die Straße von Aricia führte am Fuße des Berges entlang, der den Horizont vollständig abschloß, Albanum lag am entgegengesetzten Abhang. Vinicius wußte, daß er von der Höhe aus nicht nur Bovillae und Ustrinum, wo wieder frische Pferde für ihn bereitstanden, sehen würde, sondern auch Rom; denn über Albanum hinaus erstreckte sich die flache Ebene der Campania zu beiden Seiten der Appischen Straße, längs derselben zogen sich nur die Bogen der Aquädukte nach der Hauptstadt, nichts beschränkte die Aussicht.
    „Vom Gipfel aus werde ich in die Flammen sehen“, sagte er und gab seinem Pferde aufs neue die Peitsche. Ehe er aber die Höhe erreichte, wehte ihm der Wind entgegen und führte ihm den Brandgeruch zu. Zugleich erhellte sich die Spitze des Berges.
    „Das Feuer!“ dachte Vinicius.
    Die Nacht war schon lange gewichen, die Dämmerung in Licht übergegangen, auf allen benachbarten Gipfeln zeigte sich goldener und rosiger Schimmer, der entweder vom

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