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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Häuser nach allen Richtungen hin zu brennen begannen, hörten meine Ohren Tausende von Stimmen ausrufen: ‚Tod denen, die zu retten suchen!‘ Man sah Menschen durch die Straßen rennen, die brennende Fackeln in die Häuser schleuderten. Das Volk empört sich und sagt, die Stadt sei auf Befehl angezündet worden. Mehr weiß ich nicht. Wehe Rom, wehe uns allen und mir! Menschenzungen vermögen nicht auszusprechen, was dort vorgeht. Das Volk kommt in den Flammen um oder erschlägt sich gegenseitig im Gedränge. Dies ist das Ende Roms!“
    Und wieder brach er in die Worte aus:
    „Wehe, wehe der Stadt und uns!“
    Vinicius sprang aufs Pferd und eilte die Appische Straße dahin. Sein Ritt glich jetzt einem Sichdurchzwängen durch den Strom von Menschen und Fuhrwerken, der sich aus der Stadt ergoß. Die von diesem ungeheuren Brand erfaßte Stadt lag jetzt greifbar vor ihm. Und aus diesem Rauch- und Feuermeer drang eine schreckliche Hitze; das Geschrei des Volkes konnte dem Knistern und Zischen der Flammen nicht wehren.

XLIII
    Je mehr Vinicius sich Rom näherte, desto mehr erkannte er, wie schwierig es war, in die Mitte der Stadt vorzudringen. Häuser, Felder, Friedhöfe, Gärten und Tempel zu beiden Seiten waren in Lagerplätze verwandelt. Am Tempel des Mars nahe der Porta Appia hatte die Menge die Pforten eingeschlagen, um für die Nacht ein Obdach zu haben. In den Friedhöfen fanden blutige Kämpfe statt, weil die einen größere Grüfte in Beschlag nehmen wollten, die anderen sie verteidigten. Ustrinum mit seinem Durcheinander bot einen Vorgeschmack von dem, was in der Hauptstadt selbst vorging. Jede Rücksicht auf Gesetz, auf Familienbande, auf gesellschaftlichen Rang hatte aufgehört. Gladiatoren, betrunken vom Wein, dessen sie im Emporium habhaft geworden waren, rannten wild brüllend auf den Plätzen umher, warfen beiseite, wer ihnen in den Weg kam, traten die Leute mit Füßen und raubten sie aus. Ein Haufe von Sklaven, die zum Verkauf auf dem Markt gestanden hatten, war entwichen. Für sie bedeutete der Brand Roms zugleich das Ende der Knechtschaft und die Stunde der Rache. Während Bewohner der Stadt, deren ganze Habe in den Flammen geblieben war, in Verzweiflung die Hände zu den Göttern erhoben und um Rettung flehten, stürzten diese Sklaven mit Freudengeheul mitten unter sie, rissen ihnen die Kleider vom Leibe und schleppten jüngere Frauen hinweg; darin wurden sie von Sklaven unterstützt, die schon länger in Rom gedient hatten, von armen Kerlen, deren ganzes Eigentum der wollene Gürtel um die Hüften war, von unheimlichen Gestalten aus den Hintergäßchen, die kaum je bei Tag auf den Straßen sich hatten sehen lassen. Diese Bande, aus Asiaten, Afrikanern, Griechen, Thrakiern, Germanen und Briten bestehend, heulte in allen bekannten und unbekannten Sprachen und raste umher, toll vor Freude, daß die Stunde gekommen sei, die für jahrelanges Elend sie entschädigen sollte. Mitten unter dieser wogenden Menge glänzten im Schein der Sonne und des Feuers die Helme der Prätorianer, in deren Schutz der friedfertigere Teil der Flüchtlinge sich gestellt hatte und die mit der rasenden Menge Kampf um Kampf zu bestehen hatten. Vinicius hatte eroberte Städte gesehen, doch niemals ein Schauspiel gleich diesem Chaos von Verzweiflung, Tränen, Qual, Ächzen, wilder Lust, Tollheit, Raserei und Zügellosigkeit. An den Hügeln der größten Stadt des Erdkreises, über den Häuptern dieser rasenden Menge, loderte das Feuer empor, versengte die Luft und füllte sie mit Rauch, über dem der blaue Himmel verschwand. Mit wachsender Schwierigkeit, jeden Augenblick sein Leben aufs Spiel setzend, erzwang der junge Krieger sich den Weg zum Appischen Tore. Dort angelangt, mußte er sehen, daß es bei dem Gedränge und der fürchterlichen, sengenden Hitze unmöglich war, durch den Stadtteil von Porta Capena das Innere Roms zu erreichen. Die Brücke bei der Porta Trigemina, gegenüber dem Tempel der Bona Dea, war damals noch nicht vorhanden; wer also auf die andere Tiberseite gelangen wollte, hatte zuerst bis zur Brücke des Sublicius vorzudringen, das heißt den Aventinus zu umgehen und folglich einen Teil der Stadt zu durchqueren, der jetzt ein Meer von Flammen zu sein schien. Das war eine Unmöglichkeit. Vinicius sah ein, daß er in der Richtung nach Ustrinum zurückreiten, von der Appischen Straße abbiegen, den Fluß unterhalb der Stadt kreuzen und von da der Via Portuensis zustreben müsse, um direkt auf die andere

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