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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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wohnst du bei mir“, sagte der Präfekt zu Chilon.
    Das Gesicht des Griechen strahlte vor Zufriedenheit.
    „Alle will ich ausliefern. Nur schnell! Schnell!“ schrie er mit heiserem Krächzen.

LI
    Nachdem Petronius den Cäsar verlassen, hatte er sich nach seinem Hause in den Carinae tragen lassen. Da es an drei Seiten von einem Garten umgeben war und vor ihm das kleine Cäcilianische Forum lag, war es dem Feuer glücklich entgangen. Aus diesem Grunde priesen andere Augustianer, die ihre Häuser und damit große Reichtümer und viele Kunstwerke verloren hatten, sein Glück. Schon jahrelang hatte man ihn den Erstgeborenen Fortunas genannt, und des Cäsars stets zunehmende Freundschaft für ihn schien diese Annahme zu bestätigen.
    Aber der Erstgeborene Fortunas konnte jetzt über die Unbeständigkeit seiner Mutter nachdenken oder über ihre Ähnlichkeit mit Chronos, der seine eigenen Kinder verzehrt.
    „Wäre mein Haus abgebrannt“, sagte er zu sich selber, „und wären damit meine Edelsteine, etruskischen Vasen, mein alexandrinisches Glas und meine korinthischen Bronzen zugrunde gegangen, dann könnte Nero die Beleidigung vergessen haben. Bei Pollux! Und doch hing es in dieser Stunde von mir allein ab, Präfekt der Prätorianer zu werden. Ich brauchte ja nur Tigellinus der Brandstiftung zu beschuldigen – und dieses Verbrechen hat er in der Tat begangen –, ihn in die ‚peinliche Tunika’ zu stecken und dem Volke zu überliefern, die Christen zu beschützen, Rom wieder aufzubauen. Wer weiß, ob damit nicht eine bessere Zeit für ehrliche Leute begonnen hätte! Ich hätte das Amt annehmen sollen aus Liebe zu Vinicius. Wäre es mir zu anstrengend geworden, so hätte ich ihm die Leitung anvertrauen können, und Nero würde nicht einmal versucht haben zu widerstehen. Dann hätte Vinicius alle Prätorianer taufen lassen können und den Cäsar dazu, was schadete das mir? Nero fromm, tugendhaft und barmherzig – dies wäre sicher ein unterhaltendes Schauspiel gewesen.“
    Seine Sorglosigkeit war so groß, daß er lachte. Nach einiger Zeit jedoch nahmen seine Gedanken eine andere Richtung. Ihm schien, als sei er wieder in Antium und höre Paulus von Tarsus sprechen:
    „Ihr nennt uns Feinde des Lebens; aber antworte mir, Petronius: Wenn der Cäsar ein Christ wäre und unserer Religion entsprechend handelte, würde dann euer Leben nicht sicherer sein?“
    Die Erinnerung an diese Worte regte Petronius’ Selbstgespräch aufs neue an:
    „Bei Kastor! So viele Christen sie hier auch morden mögen, so viele neue wird Paulus gewinnen; denn er hat die wahre Lehre für die Menschheit, wenn sie nicht in ihrer Verworfenheit verharren will. Aber wer weiß, ob dies nicht ihr Wunsch ist? Ich, der ich nicht wenig lernte, habe doch nicht gelernt, ein so großer Schurke zu sein, wie ihn die Zeit fordert; dafür werde ich mir die Adern zu öffnen haben. Aber so oder so – ich hätte doch sterben müssen, auf diese oder auf eine ähnliche Weise. Eunike und meine myrrhensche Vase tun mir leid; Eunike ist frei, und die Vase wird mit mir gehen. Der Feuerbart soll sie nicht bekommen! Auch um Vinicius ist’s mir leid! Indes, obwohl ich in letzter Zeit mich weniger mit solchen Gedanken trug – ich bin bereit! Die Dinge dieser Welt sind schön; die Menschen in der Mehrzahl aber so niederträchtig, daß der Verlust des Lebens nicht zu bedauern ist. Wer wußte, wie er zu leben hatte, soll auch wissen, wie er zu sterben hat. Obwohl ich zu den Augustianern zähle, war ich freier, als man vermutete.“
    Er zuckte mit den Achseln.
    „Sie werden meinen, daß mir jetzt die Knie zittern und vor Schrecken meine Haare sich sträuben werden. Zu Hause angelangt, werde ich aber ein Bad in Veilchenwasser nehmen, und meine Goldhaarige selber wird mich salben. Nach einer kleinen Erfrischung lassen wir uns die von Anthemios auf Apollon komponierte Hymne vorsingen. Ich sagte einmal zu mir selber, daß es sich nicht der Mühe lohne, an den Tod zu denken, weil der Tod ohne unser Zutun an uns denkt. Es wäre ein Wunder, wenn es wirklich elysische Gefilde gäbe und in ihnen die Schatten der Menschen wandelten. Eunike würde dann zu mir kommen, und wir könnten zusammen mit Goldwurz geschmückte Matten durchschlendern. Ich würde dazu bessere Gesellschaft haben als die bisherige. Welch gemeine Herde ohne Geschmack und Feinheit, was für Hanswurste und Betrüger! Hunderte von Arbitri elegantiarum vermöchten sie nicht in anständige Leute zu verwandeln. Bei

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