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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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erlangen.
    Sobald die schrillen Klänge der Trompeten ertönten, machte tiefste Stille dem früheren Lärm Platz. Tausend Blicke hingen an den Riegeln, an die ein als Charon gekleideter Mann hintrat; dreimal schlug er mit einem Hammer auf das Tor, als ob er die dahinter Verborgenen hervorrufen wollte. Langsam gingen die beiden Torflügel auseinander, und die Gladiatoren traten in die offene Arena hinaus. Sie kamen in Abteilungen von je fünfundzwanzig Mann, Thrakier, Mirmillonen, Samniter, Gallier, jede Nation besonders und alle schwer bewaffnet; zuletzt kamen die Retiarii hervor, in der einen Hand das Netz, in der anderen den Dreizack tragend. Beifall erhob sich da und dort bei ihrem Erscheinen, der sich bald in einen allgemeinen Sturm verwandelte. Die Gladiatoren gingen festen, doch elastischen Schrittes um die ganze Arena herum, indes ihre Rüstungen und Waffen in der Sonne funkelten. Vor der Loge des Cäsars blieben sie stehen, stolz, ruhig, siegesbewußt. Ein Trompetenstoß stellte die Ruhe wieder her; die Gladiatoren hielten die Rechte empor, schauten zum Cäsar hinauf und riefen, oder besser gesagt, sangen mit gedehnter Stimme:
    „Ave Caesar imperator! Morituri te salutant!“ „Heil dir, Cäsar! Die zum Tode geweihten, grüßen dich!“
    Danach gingen sie schnell auseinander, um ihre Plätze einzunehmen. Sie hatten sich in Abteilungen anzugreifen, zuvor aber war den berühmtesten Fechtern eine Anzahl Einzelkämpfe gestattet, wobei die Kraft, die Gewandtheit und der Mut des einzelnen besser zur Geltung kamen. Wirklich trat aus der Abteilung der Gallier ein Kämpfer, der in manchem Streite Sieger geblieben und den Liebhabern seines Gewerbes wohlbekannt war. Helm und Panzer funkelten in der Sonne, so daß er wie ein riesiger Käfer anzuschauen war. Der nicht minder berühmte Retiarius Calendio trat ihm entgegen.
    Das Wettfieber begann.
    „Fünfhundert Sesterze auf den Gallier!“
    „Fünfhundert auf Calendio!“
    „Beim Hercules! Tausend!“
    „Zweitausend!“
    Inzwischen war der Gallier in die Mitte der Arena getreten, hielt das Schwert vor sich hin und wich zurück, wobei er gesenkten Hauptes den Gegner durch die Öffnung seines Visiers scharf beobachtete. Der Retiarius, schön wie eine Statue und nackt bis auf den Lendengürtel, sprang flink um seinen schwerfälligen Feind herum, indem er das Netz anmutig schwenkte, seinen Dreizack bald hob, bald senkte und die spöttischen Verse der Retiarii sang:
    „Non te peto, piscem peto;
    Quid me fugis, Galle?“
    „Ich such nicht dich, den Fisch such ich.
    Warum, du Gallier; fliehst du mich?“
    Allein der Gallier floh nicht, sondern blieb stehen und drehte sich mit kaum merklicher Bewegung ringsum, den Gegner nicht aus den Augen lassend. In seiner Gestalt und dem ungeheuer großen Kopfe sah er zum Fürchten aus. Die Zuschauer errieten sofort, daß dieser schwere, stahlgepanzerte Körper auf eine Gelegenheit wartete, um mit einem Streiche den Kampf zu entscheiden. Der Retiarius sprang auf ihn los und wieder zurück, wobei er die dreizackige Gabel so schnell bewegte, daß das Auge kaum zu folgen vermochte. Wiederholt hörte man den Dreizack auf den Schild prallen; der Gallier jedoch zuckte mit keiner Wimper und gab so den Beweis seiner Riesenkraft. Seine ganze Aufmerksamkeit war nicht allein auf die Gabel, sondern auch aufs Netz gerichtet, das wie ein Unglücksvogel über seinem Haupte kreiste. Die Zuschauer folgten verhaltenen Atems dem meisterhaft geführten Kampfe.
    Der Gallier verharrte noch eine Weile in der Abwehr; dann aber sprang er mit plötzlichem Entschlusse auf seinen Gegner los. Dieser, nicht minder flink, wich dem Schwerte aus, erhob den Arm und warf das Netz.
    Der Gallier drehte sich blitzschnell, fing das Netz mit dem Schild auf, und beide ließen für einen Augenblick vom Kampfe ab. Die Zuschauer schrien: „Macte!“ Neue Wetten wurden eingegangen. Der Cäsar hatte bis jetzt sich mit Rubria unterhalten und dem Kampfe wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nun aber wandte er den Blick gespannt der Arena zu.
    Der Kampf begann von neuem. Die Bewegungen waren so regelmäßig, so bedacht, daß man versucht war zu glauben, es handle sich mehr um eine Probe als um einen Kampf auf Leben und Tod. Zweimal entwich der Gallier dem Netz und zog sich gegen den Rand der Arena zurück. Die, die auf ihn gewettet hatten, riefen: „Angreifen!“ Er gehorchte und griff an. Im Nu war der Arm des Retiarius blutüberströmt und ließ das Netz fallen. Der Gallier holte zum

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