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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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zusehen. Umsonst biß sich der elende Grieche auf die Lippen und ballte die Fäuste, bis sie schmerzten; seine Griechennatur und seine persönliche Feigheit konnten ein solches Schauspiel nicht ertragen. Sein Gesicht war blaß, Schweißtropfen perlten ihm auf der Stirn, seine Lippen färbten sich blau, seine Zähne klapperten aufeinander, sein ganzer Körper zitterte. Nach dem Kampfe erholte er sich einigermaßen; da man ihn nun aber zu sticheln begann, erfaßte ihn Zorn, und er wehrte sich verzweifelt.
    „Ha, Grieche! Der Anblick einer zerrissenen Menschenhaut geht über deine Kräfte!“ sagte Vatinius, indem er Chilon am Bart zupfte.
    Chilon wies ihm seine zwei letzten gelben Zähne und erwiderte:
    „Mein Vater war kein Schuhflicker; ich kann die Haut also nicht flicken.“
    „Macte! Habet! – Gut! Der hat’s!“ riefen mehrere Stimmen.
    Aber andere stichelten weiter.
    „Was kann er dafür, daß er statt eines Herzens ein Stück Käse hinter den Rippen hat“, spottete Senecio.
    „Was kannst du dafür, daß du statt eines Kopfes eine Blase trägst!“ gab Chilon zurück.
    „Vielleicht wirst du selber noch Gladiator! Du würdest dich in der Arena mit einem Netze gut ausnehmen.“
    „Wenn ich dich darin finge, hätte ich einen stinkenden Igel erwischt.“
    „Und wie steht’s mit den Christen?“ fragte Festus aus Ligurien. „Möchtest du nicht ein Hund sein und sie beißen?“
    „Ich möchte nicht dein Bruder sein.“
    „Du mäotische Kupfernase!“
    „Du ligurischer Maulesel!“
    „Die Haut juckt dich offenbar, aber bitte mich nicht, sie dir zu kratzen.“
    „Kratz die deine. Wenn du deine Mitesser wegkratzt, zerstörst du das Beste an dir.“
    In diesem Tone wurde der Zungenkampf geführt. Chilon wehrte sich giftig, was allgemeines Gelächter erregte. Der Cäsar klatschte und rief: „Macte!“, indem er weiter zu sticheln aufmunterte.
    Schließlich stand Petronius auf, berührte Chilons Schulter mit seinem geschnitzten Elfenbeinstock und sagte kühl:
    „Alles recht, mein Weltweiser. Nur in einem Punkte irrst du: Die Götter schufen dich zu einem Taschendieb, und du wurdest ein Dämon. Darum vermagst du den Anblick nicht zu ertragen.“
    Der Grieche starrte ihn mit seinen geröteten Augen an, fand jedoch darauf nicht sofort eine Antwort. Nach einer Weile erwiderte er mit Mühe:
    „Ich werde ihn ertragen.“
    Trompetenstöße verkündeten das Ende der Pause. Die Zuschauer suchten ihre Sitze wieder auf. Viele wollten bequemere Plätze bekommen und gerieten darum in Streit mit deren bisherigen Inhabern. Der Lärm legte sich nach einiger Zeit, und die Zuschauer harrten des kommenden Schauspiels. In der Arena war eine Anzahl Leute noch damit beschäftigt, durch Blut zusammenklebende Sandklumpen zu entfernen.
    Die Reihe aufzutreten war nun an den Christen. Niemand wußte, wie sie sich benehmen würden, so daß jedermann neugierig das nun folgende Schauspiel erwartete. Die Stimmung war feindselig. Die Christen hatten ja Rom in Brand gesteckt; sie hatten das Blut der gemordeten Kinder getrunken, die Brunnen vergiftet, das Menschengeschlecht verflucht und die abscheulichsten Greuel verübt. Die härteste Strafe vermochte den Haß gegen sie nicht zu befriedigen. Wenn etwas die Herzen der Zuschauer beschäftigte, so war es die Sorge, daß die den Christen bereiteten Qualen hinter der Schuld dieser Verbrecher weit zurückbleiben würden.
    Die Sonne war inzwischen hoch gestiegen; ihre Strahlen drangen blutrot durch das purpurfarbene Velarium. Der Sand schien feurig; etwas Schreckliches lag auf den Gesichtern der Menge und auf der leeren Arena, die nun bald mit dem Schmerzensgeschrei der Gemarterten und dem wilden Geheul der Bestien erfüllt werden sollte. Tod und Schrecken schienen in der Luft zu brüten. Die Menge, sonst fröhlich und ausgelassen, wurde finster und haßerfüllt.
    Der Präfekt winkte. Der nämliche, als Charon gekleidete Mann, der die Gladiatoren zum Tode gerufen hatte, schritt jetzt gemessen über den Sand und schlug dreimal an die Pforte.
    Ein tiefes Murmeln durchflog die Sitzreihen.
    „Die Christen! Die Christen!“
    Die Eisengitter knarrten, und die Mastigophoren riefen ihren gewohnten Ruf in das dunkle Verlies:
    „Auf den Sand!“
    Im Nu wimmelte die Arena von Wesen, die wie Satyrn in Felle gehüllt waren. Schnellen Schrittes, mit beinahe fieberhafter Eile suchten sie die Mitte auf und knieten dort, Seite an Seite, mit erhobenen Armen nieder.
    Die Zuschauer, in der Meinung, die

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