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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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das?«, fragte ich. Marek schnaufte, wischte sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn und schaute den debil grinsenden Janosch hilfesuchend an.
    »Ist Ofen«, erklärte der Schreiner.
    »Ein Ofen soll das sein? Äh ... kamna ?«  
    » Ano, ano .«  
    »Marek?«, fragte ich panisch.
    » Das -«, Marek deutete auf das rostige Monstrum, »ist deine neue Heizung!«  
    Ich war perplex. Er nannte die beiden Worte ›neu‹ und ›Heizung‹ in einem Satz und zeigte dabei auf dieses gigantische, gusseiserne Teil? Wie bitte sollte ich das verstehen? Ich klappte den Deckel meines Laptops zu, auf dem ich gerade E-Mails beantwortet hatte, und verschränkte die Arme vor der Brust.
    » Das , lieber Marek, ist keine Heizung!«, erklärte ich. »Was ist mit der Heizung, die hier eingebaut ist?« Ich hob beide Augenbrauen an und lächelte gefährlich.  
    »Na ja«, er druckste herum. »Ehrlich gesagt, im Moment können wir es uns nicht leisten, sie reparieren zu lassen. Aber ich garantiere dir, dieser Ofen wird dir mächtig einheizen! Janosch hat ihn in einem alten Schuppen gefunden. Damit haben sie früher die ganze Werkstatt beheizt.«
    »Was bitte heißt hier früher? Vor dem Ersten oder vor dem Zweiten Weltkrieg? Oder vielleicht vor dem Dreißigjährigen?«
    Marek kicherte. Janosch nickte mir aufmunternd zu und hielt mir drei Finger vor die Nase.
    »Ist gut warm! Drei Mal!«
    Ich verstand kein Wort.
    »Er meint, damit wird dir dreimal warm. Einmal beim Bäumefällen, dann beim Holz hacken und schließlich beim Heizen.«
    Ich musste ein ziemlich dämliches Gesicht gemacht haben, denn Janosch lachte und klopfte mir mit einer seiner mächtigen Pranken freundschaftlich auf die Schulter. Dann kniff er mir in den Oberarm und rollte die Augen. Anscheinend bezweifelte er die Fähigkeit meiner Muskeln, eine solche Tätigkeit zu bewältigen. Er gestikulierte wild.
    »Keine Sorge, Janosch wird dir das Holz zum Heizen vorbeibringen.«
    »Zeigt er mir auch, wie man diesen Ofen anstellt?«, fragte ich.
    »Hinten gibt es einen Schalter zum Anstellen und einen Drehknauf zum Regeln der Temperatur. Guck nicht so, das war ein Witz! Papier, kleine Holzspäne und ein Streichholz, alles klar? Wenn es dir zu kalt ist, leg ein Scheit nach, und wenn es dir zu warm wird, dann machst du halt ein Fenster auf.«
    Okay, das sollte ich wohl hinkriegen.
    Janosch befestigte das Ofenrohr in einer Wandöffnung und schmierte den Zwischenraum mit einer grauen Paste aus. Kurz darauf klopfte es an der Tür, und Lara lugte um die Ecke. Es war sonst überhaupt nicht ihre Art, sich schüchtern anzunähern, und ich befürchtete schon das Schlimmste.
    »Was soll ich tun?«, fragte ich deshalb ein wenig schroff. »Du hast doch bestimmt irgendeine grässliche Aufgabe für mich, oder?«
    Sie lächelte. »Ach, Isa, das liebe ich so an dir. Nie muss man lange Einleitungen vorbringen. Das vereinfacht das Leben ungemein.«
    »Nun sag schon.«
    »Für morgen früh hat sich kurzfristig Besuch angekündigt. Nichts Wildes! Nur eine Führung durch den Wald, ein kleines anschauliches Programm mit Spurensuche, Aufklärung über das Waldsterben, Borkenkäfer und so weiter. Und auch nur eine Übernachtung«, fügte sie noch hinzu. »Würdest du das übernehmen? Sie kommen nämlich aus Deutschland.«
    »Wie viele Leute denn?«
    »Achtundzwanzig.« Lara machte ein beinahe unbeteiligtes Gesicht.
    »Achtundzwanzig? Du meine Güte!«
    »Eine Schulklasse. Sie mussten das Programm ändern. Eigentlich machen sie eine Klassenfahrt nach Prag, und jetzt haben sie plötzlich zwei Tage Leerlauf. Du weißt ja, um diese Jahreszeit kommen sonst nicht viele Besucher, und wir können das Geld gut gebrauchen.«
    »Ich versteh schon.«
    Lara gab mir einen schmatzenden Kuss auf die Wange und verschwand trällernd nach draußen.
    Das dürfte nicht übermäßig schwierig werden. Wildtierökologie und Naturschutz waren meine Schwerpunkte im Studium. Allerdings fiel es mir nicht gerade leicht, vor größeren Gruppen zu reden. Ich bekam dann jedes Mal einen hochroten Kopf und fing an zu stottern. Nachdenklich schob ich meinen Stuhl unter den Tisch und ging nach draußen. Ich hatte Alexej heute noch nicht gesehen und meine Gedanken kreisten um den gestrigen Abend, beziehungsweise die gestrige Nacht. Ich war früh zu Bett gegangen, um Laras Kuppeleiversuchen zu entgehen, hatte aber nicht sofort einschlafen können. Gegen Mitternacht hatte ich jemanden draußen herumlaufen sehen. Es war aber nicht

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