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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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sich vermeiden lässt«, gab Raban zu. Seine dunkle, volltönende Stimme klang entschuldigend.
    »Was macht dann dieser Nesthocker hier?« Es schauderte mich selbst vor meinem brutalen Tonfall.
    »Lass dir erklären -«, fing Raban an.
    »Das bedarf keiner Erklärung!«, würgte ich seine Rede ab.
    »Dieser Junge gehört nicht hierher. Er sollte sich lieber von seiner Mutter hudern lassen!«
    Jaro hob trotzig den Kopf. »Ich bin fünfzehn und kein Küken mehr!« In seinem geöffneten Schnabel glänzte ein rosafarbener Rachen, und diese Entdeckung stürzte mich in einen Konflikt. Ein so junger Vogel bedurfte einer liebevollen Anleitung, einer schützenden Familie, die ihn umsorgte, nicht einer rauen Gemeinschaft von revierlosen Junggesellen. Er weckte den Beschützerinstinkt in mir, und das war etwas, das ich nicht zulassen durfte. Ich wandte den Kopf ab, um nicht in dieses kindliche Rabengesicht blicken zu müssen. Die anderen warteten auf eine Reaktion, beobachteten mich, während ich nachdenklich an meinem Zweig schabte. Das Beste wäre, ihn sofort zurück nach Příbram zu schicken. Allerdings konnte ich ihn unmöglich alleine zurückfliegen lassen. Das war viel zu gefährlich. Er wäre der reinste Leckerbissen für jeden Uhu, oder würde sofort einem radikalen Bauern zum Opfer fallen.
    »Du wirst morgen früh nach Hause fliegen«, erklärte ich schroff. »Raban kann dich begleiten, ihr scheint euch ja bereits angefreundet zu haben.«
    Raban warf Jaro einen bedeutungsvollen Blick zu. Der Junge krähte kläglich.
    »Wolltest du noch etwas sagen?« Eine Frage, die keinen Zweifel darüber ließ, wie wenig mir an einer Antwort gelegen war. Aber Jaro hob trotzig den Schnabel.
    »Ich kann unmöglich zurück nach Hause.« Er sträubte sein Gefieder und flatterte aufgeregt. »Soll ich etwa so zu meinen Eltern gehen?« Er schaute an sich hinunter.  
    » So natürlich nicht!«, erwiderte ich gereizt.  
    »Aber wie soll ich das wieder rückgängig machen?« Er schaute so hilflos aus seinen blauen Augen, dass mir ganz schwach ums Herz wurde.
    Raban räusperte sich. »Er steht noch ganz am Anfang. Er wurde von seiner Wandlung völlig überrascht. Außerdem hat er gerade erst seinen Bruder verloren!«
    »Und du bist sofort losgeflogen?«, wollte ich wissen.
    Milo grölte los. »Hat sich wohl nicht ganz so dämlich angestellt beim Fliegen, wie manch anderer den ich kenne!« Auch Sergius keckerte.
    Ferenc meldete sich erstmals zu Wort. »Lass ihn bei uns bleiben, bis er etwas mehr Übung darin hat, sich zu verwandeln«, schlug er vor.
    »Aber bei Pavel hat es genauso angefangen!«, erinnerte András uns. »Nur ein paar Tage - warten wir erst einmal ab - er muss wieder zu sich finden, bis er nach Hause gehen kann - dieselbe Leier!« Er nickte in meine Richtung. «Ich finde Alexej hat recht. Wir können diese Verantwortung nicht übernehmen, das hat Pavels Tod doch bewiesen!«
    »Nein!«, krähte Jaro panisch auf und flatterte wild mit den Flügeln. »Ihr könnt mich nicht zurückschicken! Ihr könnt mich nicht dazu zwingen!«
    »Lass es nicht darauf ankommen!«, drohte ich ihm. »Es gibt Regeln, an die wir uns halten müssen. Und die oberste Regel lautet, dass wir niemals, unter gar keinen Umständen, den Schwarm in Gefahr bringen enttarnt zu werden. Und du, mein Vögelchen, bist eine Gefahr!«  
    »Nein!«, schrie er verzweifelt, und es dauerte einen Moment, bis ich dieses Wort aufnahm. Verblüfft hielt ich inne und lauschte auf den Nachhall seines Krächzens.
    »Wie hast du das gemacht?« Milo war fassungslos.
    »Was?« Jaro sah fragend von einem zum anderen. »Was hab ich gemacht?«
    »Du hast Nein gesagt!«
    »Natürlich hab ich Nein gesagt, ich will nicht zurück!«
    »So hat András das nicht gemeint«, erklärte ich ruhig. »Du hast Nein gesagt, das stimmt, aber nicht mit deiner Vogelstimme.«
    Fragend erwiderte er meinen Blick.
    »Du hast ein menschliches Nein imitiert. Das war erstaunlich gut!«  
    »Das war der Hammer!« Milo stieß Jaro in die Seite, der sofort anfing zu husten. Das klang so unwirklich und gleichzeitig so menschlich, dass die Jungs in albernes Keckern ausbrachen.

Waldfieber
     
     
     
    S o stellte ich mir ein spätmittelalterliches Kanonenrohr vor: Marek schleppte zusammen mit Janosch ein riesiges, metallenes Ungetüm in meine Hütte. Die beiden mühten sich dabei sichtlich ab und kippten es vorsichtig zur Seite, um es Zentimeter für Zentimeter weiterzuschieben.
    »Was um Himmels willen ist

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