Rabenflüstern (German Edition)
statt.
»Meine Heerscharen drängen auf Krieg. Sie sind stark genug und zahlenmäßig so weit überlegen, jede andere Streitkraft im Handumdrehen niederzumachen.«
Gemurmel entstand.
»Doch verlangt es mich nicht nach Krieg! Ich fordere nicht mehr, als dass ihr zu dem einzig wahren Glauben übertretet.« Auf dieses Signal hin erschien das mannsgroße, goldene Kreuz in der Faust Berbasts, das er, von seiner erhobenen Position aus, als wäre es federleicht, in die Mitte der Versammlung warf, wo es dumpf aufschlug und schicksalsschwanger liegen blieb.
»Behaltet eure Weiber, euren Reichtum, ja, gar eure Titel und Ländereien. Schwört mir und dem Einen Treue und eure Söhne werden in Freiheit und Wohlstand aufwachsen …«
Ein Wurfbeil flog unvermittelt auf den Sprecher zu und glitt wirkungslos durch seine Brust hindurch. Pandros blinzelte ungläubig. Nun trat der Seher vor.
»Weigert euch, und ihr werdet vom Angesicht dieser Welt hinweggerafft werden.« Zur Bestätigung schnippte er mit den Fingern und die ganze baskische Gesandtschaft löste sich auf der Stelle in nichts auf.
»War einen Versuch wert«, kommentierte Sedain unverwandt den wirkungslosen Angriff.
Der Kriegskrähe wurde klar, wie sehr sich ihr ehemaliger Fürst gewandelt hatte. Nach dem ersten Schock lief sein Kopf rot an. Schon immer war er eine Herrschernatur gewesen, aber diese bedingungslose Unterwerfung, von der er zwischen den Zeilen sprach, zeigte einen neuen Bran. Einen Bran voller Hochmut und Eitelkeit, dem wohl schon gegen den Strich ging, dass sein Verbündeter und Ratgeber das Wort an sich genommen hatte. In der Rechten hielt er jetzt sein Schwert, während er die Linke dem Seher auf die Brust legte und ihm damit bedeutete, er solle sich zurückhalten.
»Küsst das Kreuz und seid meine Vasallen – oder geht zugrunde«, stieß er nun kaum an sich haltend hervor, wobei er mit der Klinge wild herumfuchtelte. Die Szene wirkte auf Kraeh und Sedain umso widersprüchlicher, da sie genau wussten, wie wenig ihm an Religiosität eigentlich gelegen war. Das Kreuz war für ihn offensichtlich zum Symbol seines Herrschaftsanspruchs geworden. Vermutlich war es jedoch durch jeden anderen Gegenstand ersetzbar. Kraeh schauderte bei der Erkenntnis darüber, wie leichtfertig der frischgebackene Hochkönig bereit war, seine Insignien auszutauschen, solange er sich Macht davon versprach. Noch mehr allerdings fröstelte Kraeh, als die Ersten – selbstverständlich war Maet einer davon – vor dem Kreuz niederknieten und es mit den Lippen berührten. Er fühlte keine Verachtung für all jene, die nun einer nach dem anderen vor dem Kreuz niederknieten, ihnen stand die Sorge um ihre Familien und die Verantwortung für ihre Untergebenen ins Gesicht geschrieben.
Sechs Landesvertreter hatten den Schwur bereits geleistet, worauf sie nach einer Verbeugung in Richtung Bran, der schon wieder entspannter dreinblickte, entschwanden.
Als der Nordmannkönig Thordrik nach vorne schritt, kippte die Stimmung wieder. Angewidert spie er auf das Kreuz. »Wir Nordmänner beugen uns nicht vor schwächlichen Hofschranzen«, knurrte er streitsüchtig. Zum Erstaunen aller trat Siebenstreich neben seinen Erzfeind und stellte sich auf seine Seite, indem auch er den Anspruch Brans auf den Hochkönigsthron zurückwies. Als Gorka sich noch grunzend zu den beiden dazugesellte, war der Widerstand in seiner Absurdität komplett. Mensch, Troll und Ork wurden auf einen Schlag zurück nach Hause gebannt, wo sie freilich unversehens begannen, sich auf den Krieg vorzubereiten.
Als Nächstes wollte Erkentrud vortreten und ihrem Beispiel folgen, doch Orthan hielt sie davon ab. »Wartet noch«, flüsterte er ihr verstohlen zu. Der Rat war klug. So könnten sie sehen, wie stark die Achse der Verbündeten ausfallen würde. Einige versuchten zu diskutieren, wurden jedoch durch barsche Hinweise von Bran auf die gut ausgearbeiteten Eroberungspläne abgefertigt und knickten, wie erwartet, schließlich ein. Außer den vieren hatten nach geraumer Zeit nur noch Ferten, der Bretone, und ein Mann namens Jusuf der Gütige, dessen fern im Osten gelegenes Land berühmt für seine Goldarbeiten war, den Schneid besessen, den Rheinlanden die Stirn zu bieten.
Am Ende blieb einzig die Delegation der Druden übrig. Berbast saß immer noch im Sattel seines Ungetüms und schaute spöttisch auf sie herab.
»Nun?«, sagte Bran, sichtlich zufrieden über den Ausgang des Treffens. Seine
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