Rabenflüstern (German Edition)
für den Kampf jedoch miserabel waren. Sie weigerten sich beharrlich, ihre Sensen und Mistgabeln abzulegen und mit Schwert und Schild wenigstens zu üben. Außerdem hatten sie sich ohne Reittiere angeschlossen, wodurch ihre Mobilität stark eingeschränkt wurde.
Bisher waren sie jedem Konflikt mit den überall nach ihnen suchenden Spähern ausgewichen, in der Hoffnung, mehr Leute zu sammeln. Lange konnten sie so nicht weitermachen und Kraehs Absicht bestand auch nicht darin, sich auf Dauer versteckt zu halten. Man beriet lautstark, wo am besten zuzuschlagen war. Sie einigten sich drauf, dass die größte Wirkung dadurch zu erzielen sei, die Nahrungsvorräte des Feindes zu vernichten und so den Nachschub an die Fronten zu beschneiden. Wenn ihnen dies im großen Stil gelingen sollte, würden sie die Armeen auf lange Sicht zum Rückzug zwingen. Wie aber war das möglich, ohne die Bevölkerung darunter leiden zu lassen?
Plötzlich trat ihr Gastgeber ein, der gutmütige dickliche Dorfvorstand. Er hieß sie, die Kerzen zu löschen und sich ruhig zu verhalten. Fremde seien im Wirtshaus aufgetaucht und hätten sich nach einem Krieger mit weißen Haaren erkundigt. Sie folgten den Anweisungen ohne zögern. An den nervösen Zuckungen im runden Gesicht ihres Gastgebers war die Angst deutlich abzulesen. Als der Halbelf die Tür hinter ihnen zugezogen hatte, fragte er, um wie viele es sich handle.
»Drei sind im Stolzen Hahn , vier weitere warten in den Sätteln davor.«
Der Gesuchte und Sedain tauschten einen bedeutungsvollen Blick aus und erhoben sich. Alle anderen standen auch auf, keiner verspürte Lust, sich ewig in dunklen Löchern zu verkriechen. Kraeh bedeutete ihnen, sitzen zu bleiben, wo sie waren. »Rhoderik, Henfir, ihr kommt mit«, forderte er den alten Krieger und den Nordmann auf und zu viert verließen sie das Kellergewölbe. Mit Schweißperlen auf der Stirn bat der Dicke sie, sich wieder nach unten zu begeben. »Sei ohne Sorge«, versicherte ihm Kraeh, »sie werden keine Gelegenheit haben, Bericht zu erstatten.« Des Weiteren bat er ihn um Decken, die der gute, aber furchtsame Mann kopfschüttelnd aus einer Truhe kramte und ihnen zähneklappernd überreichte.
Die Decken über die Köpfe geworfen, so dass die helleren Hautpartien nicht sichtbar waren, erregten sie auf den ersten Blick kein Aufsehen, bis sie kurz vor den am Gasthaus postierten Wachen angelangt waren. Sie gingen lautlos und effizient vor.
Danach legten sie ihre Verschleierung ab und betraten den Stolzen Hahn . Es dauerte einen Moment, bevor die drei, die sich deutlich durch ihre Kettenhemden und roten Mäntel von der mucksmäuschenstillen übrigen Kundschaft unterschieden, sie bemerkten. Einer von ihnen war gerade dabei, drohend auf den Wirt einzureden, den er grob am Schlafittchen gepackt festhielt, während die beiden anderen ihren Kameraden zu mehr Eindringlichkeit anstachelten. Auf der Stelle ließ der Soldat von dem Wirt ab und zückte sein Schwert, die zwei an seiner Seite taten es ihm gleich. Ihre Mäntel verrieten sie als ehemalige Elitesoldaten von Theodosus. Der mittlere, eindeutig der Anführer des kleinen Stoßtrupps, rief nach der Verstärkung, die er vor der Tür wähnte. Gemächlich ging Kraeh auf sie zu.
»Deine Männer sind tot«, zerschlug er die wütende Zuversicht auf dem Gesicht des Anführers. »Tot, wie ihr es seid.« Im Handumdrehen sanken die beiden an seiner Seite von Bolzen durchbohrt zu Boden.
»Setz dich, wir haben viel zu bereden.« Das Zögern des Anführers kostete diesen einen Daumen, da Lidunggrimm vorschnellte und ihm die Waffe aus der Hand schlug. Die Gäste, die sowieso nur noch beklommen in ihre Trinkgefäße starrten, wurden aufgefordert, nach Hause zu gehen. Erleichtert gehorchten sie.
Henfir fegte einen Tisch frei und Rhoderik drückte den vor Schmerz schreienden Soldaten auf einen Stuhl nieder. Der Halbelf und Kraeh nahmen gegenüber Platz.
Sie verharrten geduldig, bis er ein hingeworfenes Tuch um das abgetrennte Gelenk gewickelt hatte und seine peinvollen Laute allmählich abklangen. Der Alte setzte dem Unglücklichen einen Krug Wasser vor. Mit der unbeeinträchtigten Hand nahm der vorsichtig einen Schluck.
»Also gut«, setzte Kraeh schließlich an, »ich will offen zu dir sein. Deine Tage in dieser Welt enden heute. Wie sie enden, entscheidest allein du. Würdevoll und schnell oder qualvoll schluchzend nach deiner Mutter heulend.«
»Wir hoffen auf Letzteres«, setzte
Weitere Kostenlose Bücher