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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Rheinlande war in ungefähr zwei gleich große Hälften aufgeteilt losgezogen. Niedswar hingegen war mit einem kleinen Regiment in Brisak zurückgeblieben. Verborgen vor den Augen der Menschen jedoch, wuchs die Zahl seiner Getreuen von Nacht zu Nacht. Unheimlich war es in der Stadt geworden. Niemand sah etwas, doch wenn die Sonne unterging, waren Laute zu vernehmen, dass es den Bewohnern kalt den Rücken hinunterlief. Mancher Soldat war froh gewesen, die Stadt zu verlassen und mit Bran, der die etwas größere Streitmacht befehligte, in das Reich der Orks zu ziehen. Auf den Gebbenfort-Feldern waren die Grünhäute unter Gorkas Führung dem Eroberer entgegengetreten. Waren die Stämme zuvor schwer zu einen gewesen, was nur teilweise gelungen war und letztlich mit als Grund für die Niederlage gelten musste, waren sie danach hoffnungslos zerstritten. Manche der Häuptlinge unterwarfen sich, andere schworen auf Rache, wollten aber nicht weiter unter Gorkas Banner kämpfen. Lediglich eine Hundertschaft Getreuer war ihm geblieben – zu wenige, eine neuerliche Offensive zu wagen. So zog er sich ins südliche Hinterland zurück, um Kräfte zu sammeln. Ohne Zweifel war Bran einzig deshalb persönlich ausgezogen, da er darauf spekulierte, mit einem siegreichen Heer zurückzukehren und dadurch die Autorität zu besitzen, die dortigen Verhältnisse bei Bedarf umzustülpen. Die Rechnung ging zunächst auf. Der Respekt ihm gegenüber wuchs immens unter seinen Generälen, da sie ein anschauliches Beispiel von seinen taktischen Fähigkeiten vorgeführt bekommen hatten. In dem Rausch, den eine gewonnene Schlacht hinterlässt, hatten sich einige sogar die Adern geöffnet, um ihm, bei ihrem Blut, Treue bis in den Tod zu schwören. Doch er war damit noch nicht am Ende seiner Vorhaben angelangt. Um die endgültige Entscheidung, die gegen die Druden fallen würde, nicht aufs Spiel zu setzen, hielt er sich an die Absprache, die sie in seiner Halle getroffen hatten. Zelte wurden aufgestellt, Gräben gezogen und ein Heerlager errichtet. Immer wieder wurden Kriegsverbände ausgeschickt, in der Absicht, den Anschein zu erregen, die dauerhafte Präsenz ziele auf die vollständige Ausrottung des orkischen Widerstands. Für jeden Soldaten, der bei diesen Raubzügen sein Leben verlor, kamen aus aller Herren Länder fünf neue nach, den Kniefall ihrer Könige zu besiegeln. 
    Zur gleichen Zeit war Berbast mit dem zweiten Heer nach Norden vorgerückt. Es war ein langer Weg bis in die Dänenlande. Raubend, aber stets darauf bedacht, nicht zu viel zu nehmen, zogen sie von Ort zu Ort, wobei die gelichteten Reihen mittels Zwangsrekrutierungen aufgefüllt wurden. Die Grenze Monts war schon vor Tagen passiert worden, als eine zweihundertköpfige Verstärkung sie einholte. Fürst Maet leide immer noch unter schwerem Fieber, sende aber, mit Verlaub, seine besten Streiter, womit er seine Städte ohne Schutz lasse, allein um ganz der Sache dienlich zu sein. Ein geringschätziges Lächeln auf dem breiten Gesicht, hatte Berbast dem aristokratischen Höfling zugehört, dem anzusehen war, noch nie in die Verlegenheit gekommen zu sein, das zierliche Schwert an seiner Seite in echtem Kampf einzusetzen. Berbast wusste um die Feigheit des Fürsten, scherte sich aber nicht darum. Sollte er doch an seinem warmen Ofen hocken, solange er die geforderten Truppen schickte. »Reiht euch ein«, sagte er schroff und riss an der Mähne des geflügelten Ungetüms, das sich brüllend in die Lüfte erhob. 
    Nachdem sie den Grund der Rheinlande verlassen hatten, überzogen sie die dahinterliegenden wilden Gebiete mit Plünderung und Brandschatzung und drangen tiefer in den Norden vor. 
     
    In dem Keller eines Ratshauses hatten Kraeh und die Seinen Unterschlupf gefunden. Zusammengekauert lauschten sie Orthan, der von einer Pergamentrolle die neuesten Meldungen vorlas. Die fest geschnürte Rolle war ihm in der Nacht zuvor von einem Boten, der es durch die feindlichen Linien geschafft hatte, anvertraut worden. Seit Orthan es nicht mehr wagte, auf magische Weise Kontakt zu anderen Zauberern aufzubauen, waren sie auf diese veraltete Art des Informationsaustauschs angewiesen. »Die Macht des Sehers ist zu groß geworden, die astralen Wege sicher zu beschreiten«, hatte er erklärt. 
    Der letzte Mondlauf war wenig erfolgreich verlaufen. Zwar hatte sich die Zahl der Mitstreiter auf sechzig erhöht, aber die meisten Neuzugänge waren Bauern, deren Absichten zwar edel, deren Eignung

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