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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Furcht einflößte. 
    »Zum Glück hast du das nicht«, fügte er nach einer Weile, die Maet wie eine Ewigkeit vorkommen musste, schelmisch zwinkernd hinzu. Fraglos hatte der Fürst nicht die geringste Ahnung, wie Niedswar das meinte, entschied jedoch, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er war nicht für den Krieg geschaffen, alles, was er wollte, war die Erlaubnis, zu seinem Schloss zurückzukehren. 
    Die entgegengesetzte Natur Berbasts trieb diesen dazu, den Seher anzuhalten, ihn zu schicken. »Lass mich diese Würmer in den Staub treten«, bat er, aus seiner Mordlust und dem Hass auf seinen alten Rivalen keinen Hehl machend. 
    »Geduld, mein Freund«, wies der Seher ihn zurück. 
    »Wollt Ihr diese Ketzer etwa frei über den ganzen Osten verfügen lassen?«, fragte Maet in gespielter Entrüstung, bereute seine Worte aber sogleich. Um nichts in der Welt würde er sich ein weiteres Mal diesen Verrückten entgegenstellen. 
    »Wohl kaum«, lächelte Niedswar. »Ich denke, die Ehre und der daraus entspringende Ruhm, jenen Undankbaren den Garaus zu machen, gebührt allein dem Kaiser.« 
    Bran erstarrte. Die Sonne war halb hinter den fernen Bergen jenseits des Rheins untergegangen und färbte den Fluss rot. Er wandte den Blick ab. Während seine Augen sich an die hereinbrechende Dunkelheit gewöhnten, die nun auch die Halle in dämmriges Licht tauchte, überlegte er, was Niedswar wohl im Schilde führte. Nach seiner siegreichen Rückkehr von dem letzten Feldzug war sein Ansehen unter den Heerführern gestiegen. Sie waren ihm und der Krone, nicht einem dahergelaufenen Priester ergeben. Der Schluss lag nahe, dass Niedswar ihn loswerden wollte. 
    Langsam durchschritt Bran den Saal, machte es sich auf seinem Thron bequem und setzte eine grüblerische Miene auf. Namen von Häuptlingen und Provinzvorständen vor sich hin murmelnd, kam er schließlich zu dem Ergebnis, er könne die Stadt nicht verlassen. Seine Aufgabe müsse es vielmehr sein, die erwarteten Verstärkungen gebührend zu empfangen und sich um die Versorgung der vor den Mauern lagernden Heeresverbände zu kümmern. 
    »Prächtig, so sei es«, stimme Niedswar unverhofft schnell zu und Bran wurde klar, dass sein vorangegangener Vorschlag eine Finte gewesen war. Einmal in die Falle getappt, wäre es unglaubwürdig gewesen, sein Urteil im Nachhinein zurückzunehmen, ganz abgesehen davon, dass es sein Stolz nicht zulassen konnte. Das Wort eines Kaisers war endgültig. 
    »Dann fällt es uns zu, diese widerborstigen Kinder zur Vernunft zu bringen«, fuhr Niedswar weiterhin schmunzelnd fort. 
    Maet, der geglaubt hatte, seine Anwesenheit sei überflüssig geworden, blieb der Atem weg, als er den Blick des Sehers auf sich ruhen sah. Auch Berbast war bestürzt. 
    »Du und Wintar«, sprach er dann den fassungslosen General an, »werdet dem Kaiser bei seinen Verpflichtungen beistehen.« 
    Die Tür schwang auf und die Vampiri, von der gerade die Rede gewesen war, stolzierte herein. Bran wusste kaum etwas über diesen neuen Liebling des Sehers, außer der Abscheu, den jene unheimliche Schönheit gegen jedwedes Licht hegte, und ihrer provokativen Respektlosigkeit ihm gegenüber. 
    »Die Arbeiten kommen gut voran«, meldete sie ihrem Meister. Sie kam oft, stets nach Einbruch der Dunkelheit, ähnlich rätselhafte Sätze auf den Lippen, mit denen Bran nichts anfangen konnte. Er wollte auch gar nicht wissen, welche Schrecknisse sich unter ihm in den ausgebauten Gewölben abspielten, solange Niedswar es ebensowenig wagte, sie an die Oberfläche zu bringen. 
    Der Seher nickte wohlwollend. Die Besprechung war zu Ende. 
    Die nächsten Tage flossen zäh dahin, unterbrochen nur von Meldungen aus dem Osten. So unheilvoll sie auch waren, Niedswar verlor nie sein überlegenes Lächeln. Die Weiße Schar nahm eine Stadt nach der anderen ein. Ihre Zahl wurde auf über achthundert geschätzt, wovon vermutlich allerdings mehr als die Hälfte der Männer aus bäuerlichen Verhältnissen stammte. 
    Die einzige Reaktion Niedswars darauf war es, seine Missionare auszuschicken, bis die ersten Herbstwinde mit ihrem kalten Griff das Land heimsuchten. Eines nebligen Morgens meinte er, es sei endlich so weit, und gemeinsam mit dem unglücklichen Maet und lediglich dreihundert Speeren, ritten sie in den Dunst davon, verfolgt von Brans Blick, der wie üblich am Fenster der großen Halle stand und nicht wusste, ob er ihnen Erfolg wünschen sollte. 
    Berbast war verdrießlich. Viel lieber,

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