Rabenflüstern (German Edition)
ebenfalls hatte fahren lassen und gegen ein Kriegsbeil eingetauscht hatte, sprangen sie mitten in die Reihen der Feinde. Lidunggrimm summte beim Einfahren seiner blutigen Ernte. Das Geschrei, das sich zu ihrer Rechten erhob, war ein sicheres Zeichen, dass Siebenstreich und die Utradin angriffen, doch die Kriegskrähe und der Räuberhauptmann nahmen es nur wie im Traum wahr. Ihre Sicht färbte sich rot. Hierfür waren sie geboren, das war ihre Bestimmung. Wie trunken wüteten sie. Hieben, stachen und lachten dabei. Ein Tanz des Todes, an dem die Götter ihre Freude haben mochten. Kraehs Auge suchte nach Bran. Dort, ein Stück rechts von ihm war er, Donars Hammer. Leid öffnete die Kehle eines Mannes, der verzweifelt versuchte, Gnadnits Schläge abzuwehren, hackte einem weiteren den Schwertarm ab, um einen Wimpernschlag später einem nächsten in den offenen Mund zu fahren. Dessen Kopf platzte förmlich, als Kraeh die Klinge herausriss, um einem Soldaten mit hocherhobener Axt zu begegnen, aber Erdens Morgenstern hatte ihm schon die Brust zertrümmert. Nur noch zwei aus der Leibgarde des Kaisers trennten ihn von dem Banner, das gefährlich schwankte, da sein Träger Henfirs Bogenschützen ausgezeichnet als Zielscheibe diente. Ein weiterer Soldat fiel Lidunggrimm zum Opfer, sein Kettenhemd bot keinen Schutz vor der mystischen Klinge, die ihr grausames Hohelied sang. Aber was war das? Das Banner, sein Ziel, entfernte sich. Bran zog sich zurück. Wie schon einmal geschehen, musste der Minotaur Kraeh festhalten, um zu verhindern, dass dieser nachsetzte. Die Gegner wichen, schlossen dabei jedoch ihre Reihen. Die erste Attacke hatten sie überstanden und lachten nun über die Feiglinge.
»Neu formieren!«, schallte Erkentruds Stimme, die viel zu nah war. Durch ihre Wildheit waren die anfänglichen Truppeneinteilungen durcheinandergeraten. Hinter Kraeh stand nun eine Drude, ihren Spieß über den Schild seines Nebenmanns gestreckt, der zwischen ihn und Erden gedrängt worden war. Die Sicht war jetzt freier. Endlich sahen sie die Rotte Utradin, die Mont, dem kleinen versprengten Haufen nach zu urteilen, der sich nun Brans Streitmacht anschloss, schreckliche Verluste bereitet haben musste. Aber auch von den massigen Leibern der urtümlichen Bestien, auf deren Rücken Siebenstreich und seine besten Krieger in den Kampf geritten waren, lagen etliche leblos am Boden. Goldhorn war einer der Reiter gewesen. Sein Körper lag zerquetscht unter dem Gewicht eines Utradin, dessen unterarmlanger Hauer, von einem Axtblatt getroffen, gebrochen war, dass das Mark herausrann. Gnadnit warf sich neben seinem Freund und Artgenossen zu Boden und schwor Rache.
Linker Hand zerrten Druden einen Streitwagen heran, den ihre Königin, die silberne Rüstung von vergossenem Blut besudelt, bestieg. Gezogen wurde er von vier jener riesenhaften Katzen, die Kraeh aus Erkenheim bekannt waren.
Der Blick nach vorne war wenig erquickend. Obwohl Maets Truppen deutlich dezimiert worden waren, war es ihm nicht so übel ergangen wie zuerst gemeint. Er bildete sogar wieder ein eigenes Regiment. Brisaks Soldaten bewegten sich nach Norden, um den bisher am wenigsten zum Einsatz gekommenen anderen Kriegsverbänden den nächsten Ansturm zu überlassen. Sedain hatte Wort gehalten, seine Gaesen hatten den Vampiri eine Niederlage eingebracht. Kraeh lächelte, als er sah, dass Wintar die Verbliebenen nach Süden weg aus der Schlacht führte. Das Auskosten von Niedswars Zorn, den er in Anbetracht ihres Verrats fühlen musste, bekam einen fahlen Beigeschmack, als Sedain mit kaum zwei Dutzend – allen, die von seinem Volk überlebt hatten – auf ihn zukam.
Der Feind rüstete zu einem neuerlichen Vorstoß. Wie viele dieser Art konnten sie noch überstehen? Kein Mann war mehr zu entbehren. Man würde sie umzingeln und einen nach dem anderen zwischen den Schilden zerreiben. Siebenstreichs Plan war gescheitert. Sie würden hier alle ihr Leben lassen, Bran und Niedswar würden herrschen und keine Lieder würde man über sie singen. Es war ein sinnloses, unnützes Sterben. Doch plötzlich hielt Kraeh inne. Eine Inspiration bemächtigte sich seiner. Er rannte zu Erkentruds Streitwagen und rief nach dem Trollkönig. »Niedswar ist der Schlüssel! Er fühlt sich viel zu sicher, dort oben in seiner Ruine.«
Eigentlich gab es keine Hoffnung mehr, aber wenn sie schon nicht siegen konnten, so wollten sie wenigstens gut zugrunde gehen. Eilig formierten sie einen Keil,
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