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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Siebenstreichs große Halle und waren schockiert von dem Anblick, der sich ihnen bot. Es war gar nicht leicht, all die bewegten Eindrücke zu sortieren, diese mehr als ungewöhnlichen Absurditäten in verstandesmäßige Kategorien zu ordnen. 
    Die linke Seite nahm eine mit Kissen und Fellen ausgelegte Spielwiese ein. Männchen und Weibchen verschiedenster Rassen ließen ihrem Geschlechtstrieb freien Lauf. Ein einziges Ineinander umschlungener, sich auf und ab bewegender Körperteile. Orks, Zwerge, Elfen, Menschen aus allen Teilen der Welt liebten sich in ekstatischem Stöhnen und gurrenden Lauten der Lust. Auch auf den drei langen Tafeln daneben wurde kopuliert. Eine gut gebaute, rothäutige Frau, von deren Kopf lange schwarze Zöpfe herabhingen, stützte sich mit den Ellbogen auf dem dunklen Holz ab, während ein halb nackter Ork sie von hinten beglückte, wobei ihm sein Helm immer wieder ins Gesicht und über die Augen rutschte. Insgesamt ging es an den Tischen jedoch etwas gesitteter zu, wenn davon überhaupt die Rede sein konnte. Überall wurde gesoffen, gelacht und gerauft. Ein umgeschüttetes Horn brachte einen schnauzbärtigen Mann in einer hochglanzpolierten Vollrüstung in Rage. Er nahm eine abgenagte Keule von einer Platte vor sich und warf sie seinem ungeschickten Gegenüber, einem glatzköpfigen Wesen, das an eine Vergewaltigung einer Zwergenfrau von einem Oger denken ließ, an die Stirn. Sofort sprang dieses auf und legte sein Wehrgehänge ab. Ein Faustkampf entstand, bei dem die Begleiter des Schnauzbärtigen ihren nach wenigen Schlägen siegreichen Kameraden anfeuerten. Viele saßen auch einfach nur da und schoben schmatzend die üppigen Köstlichkeiten in Maul, Mund oder Schnauze. Unterlegt wurde die Szenerie von einer Bardengruppe, deren lautstärkstes Instrument, ein Sack, aus dem vier Pfeifen wuchsen, von einem Angehörigen der eindeutig merkwürdigsten Rasse, die im Raum vertreten war, gespielt wurde. Der Sack wurde unter der Achselhöhle eines halb menschlichen, halb tierischen Wesens gequetscht, dann wieder gefüllt. Sein Kopf war ganz Stier, während sein Oberkörper, bis auf die dichte Behaarung und die aufrechte Haltung, eindeutig menschlich war; ein Minotaur. 
    Heilwig stand neben Kraeh und Heikhe. Offenbar freute er sich, wieder zu Hause zu sein. »Es hat sich aus leicht einsehbaren Gründen eingebürgert, diesen Platz die bunte Halle zu nennen.« Er musste beinahe schreien, um von Kraeh gehört zu werden. 
    Rechter Hand warteten in einer langen Sitzreihe Boten und Gesandte darauf, an die Reihe zu kommen. Sie führten Schriftrollen und Depeschen mit sich und einige übten das Aufsagen der Anliegen ihrer Herren, um sie später einwandfrei vortragen zu können. Die meisten allerdings waren ungeduldig, ihre Pflicht zu erfüllen, damit sie sich schnellstmöglich den Versuchungen hingeben konnten, an denen ihre Vorgänger bereits teilnahmen. Sichtlich nervös trat der Vorderste vor den mächtigen Thron, der etwas nach hinten versetzt das Zentrum des Raums bildete. Sofort rückten die anderen nach. 
    Der schmächtige Mann, auf dessen Haupt ein gefiederter Hut saß, verbeugte sich tief, richtete sich wieder auf und trug vor, was ihm aufgetragen worden war. Wie bald klar wurde, hatte er allen Grund zur Aufgeregtheit, denn die Miene des Königs verfinsterte sich zusehends. Er war die furchteinflößendste Kreatur, von den Harpyien einmal abgesehen, die Kraeh je gesehen hatte. Ein Troll, der gut das Dreifache der Körpermasse des jungen Kriegers aufbrachte. Seine über und über tätowierten Arme und Beine waren lang und sehnig, und doch war es leicht vorstellbar, wie er mit einem Griff seiner Pranken, die in Nägeln spitz wie Dolche ausliefen, den Kopf eines Mannes mühelos von den Schultern drehte. Die Krone, nicht mehr als ein silbernes Stirnband, hielt seine Haare zusammen, die Seetang gleich über seine breiten Schultern und das furchige Gesicht fielen. Auch wenn er den Mund geschlossen hielt, zeichneten sich über und unter den hornhäutigen Lippen zwei Reihen von spitzen Fangzähnen ab. Über der Brust trug er einen an vielen Stellen eingedellten Harnisch. Seine Ohren, die die Krone an den Schläfen überdeckten, waren lang, am Ende leicht gekrümmt und über und über mit Gold- und Bronzeringen behangen. Der Schein der vielen Kerzenleuchter flackerte auf dem Schmuck, der seine weit herausragende Hakennase zierte. Um den Hals trug er ein schlichtes Lederband, an dem ein Kristall hing. Der

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