Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
Vom Netzwerk:
ihrer abschreckenden Erscheinung hatte dabeihaben wollen. »Pferde brauchen wir nicht«, hatte der Ranghöchste von ihnen geknurrt. Seine mit Ei und Ale zur Bürste aufgestellten Haare wippten im Wind und bisher hatte er recht behalten, sie hielten gut Schritt. 
    Nach ihnen folgte ein kränklich wirkender Mann namens Orthan, den der Kobold ihm als Zauberer und Berater anempfohlen hatte. Seine graue Mähre schätzte Kraeh höher ein als das, was sie trug, aber er behielt seine Vorbehalte für sich. Den Mittelblock bildeten abgehärtete Krieger; über den Schilden auf ihren Rücken flatterten lange Flickenmäntel. Zuletzt kam ein Trupp Orks, die sich vor allem durch ihre umgehängten Armbrüste hervortaten. Ihr Grunzen drang nur gelegentlich bis zu Kraeh durch, der über die Ironie lächelte, die alten Feinde Brisaks nun unter seinem Kommando in die Schlacht zu führen. Aber nicht nur das bereitete ihm Vergnügen. Es war gut, endlich wieder ein Streitross zwischen den Schenkeln und den Wind im Gesicht zu spüren. Er war der Einzige ohne Rüstung, unbeschwert gab er sich den Bewegungen des vor Kraft strotzenden Tieres hin. Um den Aufständischen ihr Kommen nicht anzukündigen und ihnen damit keine Gelegenheit zu geben, eine Gegenwehr zu organisieren, näherten sie sich ihrem Ziel in einer Schleife, die sie an der Küste entlangführte. Links von dem Hirtenweg, den sie beritten, fielen die Felsen steil ab. Unten donnerte die Flut an die Klippen und benetzte, bei besonders hohen Wellen, Tiere, Reiter und Minotauren. 
    Heikhe hatte Kraehs weißen Schopf in langer Arbeit in eine Medusenpracht verwandelt; Zöpfe verschiedenster Stärke tanzten im Takt des schwarzen Rappen auf und ab. Ein roter Strich, den sie auf seine Anweisung quer unterhalb der Stirn von Schläfe zu Schläfe gezogen hatte, rundete das Erscheinungsbild des neuen Kriegsherrn ab. 
    Er hatte sie hochgehoben, auf die Stirn geküsst und sein Versprechen wiederholt, bald zu ihr zurückzukehren – und daran hegte er auch keinen Zweifel. Es war nicht so, als hätte er Siebenstreich vertraut, aber er war sich sicher, dass dieser ihn für nützlich hielt und sich somit hüten würde, sein Ungemach heraufzubeschwören. Die kurzweiligen Abende vor seinem Aufbruch hatten ihm außerdem die Worte des Kobolds über einen Welpenschutz, den jeder in der bunten Halle einhielte, bestätigt. Nein, um Heikhe musste er sich nicht sorgen. Was ihn beschäftigte, war, wie er des Steins, der an dem Hals des wilden Königs prangte, habhaft werden konnte. 
    Der Minotaur mit dem Namen Goldhorn, der von den vergoldeten Spitzen seiner weit ausladenden Hörnern herrührte, rief ihm zu, sie seien lange genug der Küste gefolgt und könnten nun ins Landesinnere schwenken. Kraeh lenkte sein Pferd vom Weg ab. In schnellem Trab ließen sie die Küste hinter sich. 
    Die Unternehmung verstand Kraeh als Test – nicht mehr. Der Stamm, dem sie Respekt lehren sollten, war groß, doch Heilwig meinte, er brächte nicht mehr als zweihundert Kämpfer auf die Beine. Gelang ihnen die Überraschung, rechnete er mit einem schnellen Sieg. Unter vorgehaltener Hand hatte der Berater des Königs ihm von dem Ursprung des Konfliktes erzählt. Nachdem sich, im Rahmen eines Feldzuges gegen die vor einem Jahrzehnt eingefallenen Nordmänner, die Abgaben an Korn und Stahl verdoppelt hatten, sei der Häuptling des Stammes, Bleudwik, vor Siebenstreich getreten, habe ihm vor die Füße gespuckt und die Unabhängigkeit seiner Lande von der Krone erklärt. Allein dem bedrängten Zustand und der an vielen Fronten aufgeteilten königlichen Armee sei es zuzuschreiben gewesen, dass der Häuptling mit dem Kopf auf den Schultern die bunte Halle verlassen habe. Er solle sich vor Bleudwik hüten, hatte ihm der Kobold mit auf den Weg gegeben. Er sei listenreich und seine Stammeskrieger stolz und unbeugsam. 
    Der Plan, den Kraeh gemeinsam mit den Anführern der drei Teile seiner Streitmacht und dem Magier beschlossen hatte, war einfach. Nur Orthan hatte Zweifel an seinem Gelingen geäußert, woraufhin Kraeh den Zauderer mit Ungeduld und Verachtung abgetan hatte. 
    Am vierten Abend ihrer Reise überquerten sie die Furt eines breiten Flusses und betraten damit feindliches Gebiet. In einem Haselnusshain errichteten sie ein Lager für die Nacht. Es wurden mehrere Wachen aufgestellt und keine Feuer entzündet. In einer kleinen Ansprache riet Kraeh den Orks, Menschen und Minotauren, sich auszuruhen, und wies sie an, die Tiere

Weitere Kostenlose Bücher