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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Lia Fail, dachte Kraeh sogleich. Die linke Hand lag tätschelnd auf dem Schwert, das ihm wohl den Namen eingebracht hatte. Die volle Länge der Waffe war nicht zu erkennen, weil die Klinge in ihrer Halterung hinter dem Thron verschwand, aber der Breite nach zu urteilen, stellte sie ein mörderisches Gerät dar, das von einen normalen Menschen sicher nicht geführt werden konnte. Die Fehlschärfe war mit blutgetränktem Leder umwickelt. 
    An den Lehnen des Throns baumelten Schrumpfköpfe, Kraeh hegte keine Zweifel, dass es sich nur um die mächtigsten seiner Gegner handelte, die ihm dort aus toten Augenhöhlen entgegenstarrten. In der Rechten schwang der König ein großes Horn, aus dem nun Met troff, als er zähnefletschend dem Boten, der eine duckmäuserische Haltung eingenommen hatte, seine Antwort entgegenknurrte. 
    Ohne Rücksicht auf die Wartenden schob der Kobold Kraeh und Heikhe nach vorne. Der Krieger stellte sich breitbeinig hin, während Heilwig neben den König trat und ihm ins Ohr flüsterte. Eine Handbewegung tat den Boten ab, der sichtlich erleichtert über die Unterbrechung davonhuschte. 
    Einladend breitete Siebenstreich die Arme aus, wobei noch mehr Met verschüttet wurde, und seine tief sitzenden, rot geränderten Augen trafen die eisblauen Kraehs. 
    »Endlich«, hob er in freundlichem, aber zugleich hartem Tonfall an, »die Kriegskrähe ehrt die bunte Halle mit ihrem Besuch.« Es war das erste Mal, dass der Krieger mit diesem Namen, der sich später in den Geschichten einbürgern sollte, angesprochen wurde. Er gefiel ihm auf Anhieb. 
    »Die Ehre ist ganz auf unsrer Seite, König Siebenstreich. Dies ist Heikhe, mein Mündel«, gab er ebenso entgegenkommend zurück.Er unterließ es jedoch bewusst, sich zu verbeugen, wie es die Sitte erfordert hätte. »Aber«, sprach Kraeh weiter, sich an die Unannehmlichkeiten, die sie hierher geführt hatten, erinnernd, »ein einfacher Ruf hätte ausgereicht. Freunde von mir sind auf der Fahrt gestorben …« Die Anklage in seinen Worten war kaum zu überhören. 
    Siebenstreichs dickhäutige Lippen verzogen sich zu etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte. Er war es nicht gewohnt, dass man ihm ehrlich begegnete, und hegte offensichtlich Achtung vor dem Mut des stolzen Mannes vor ihm. 
    »Du musst wissen: Es war nicht mein Befehl, auf den hin dein Schiff gekapert wurde. Die Sklavenbringer «, offenbar der Name der Galeere, die ihm und seinen Begleitern zum Verhängnis geworden war, »segelt unter niemandes Flagge. Es war Zufall, der dich zu mir brachte. Aber ich kann nicht sagen, dass ich darüber unglücklich bin.« 
    Kraeh fuhr über den lichten Bart, der ihm auf der langen Reise gesprossen war. 
    »Was verlangst du von mir?« 
    Der Troll stieß ein dröhnendes Lachen aus. »So gefällt mir das; kommen wir also auf den Punkt.« Seine Stimme wurde wieder ernst. »Von Rechts wegen gehörst du mir.« Kraehs Augen funkelten, doch bevor er etwas dagegen einwenden konnte, sprach der König weiter: »Ich bitte dich, mir in einem Krieg beizustehen. Gewinne ihn für mich und du wirst nicht nur Ruhm und Ansehen, sondern auch deine Freiheit zurückerlangen.« 
    »Auch ein König kann nicht versprechen, worüber er nicht verfügt«, entgegnete Kraeh etwas patziger als beabsichtigt, lenkte aber sofort ein: »Ich werde dein Heer zum Sieg führen, gemeinsam mit meinen Freunden, die in Thister verkauft wurden.« Siebenstreich nickte. Dieses Zugeständnis verführte Kraeh dazu, aufs Ganze zu gehen. »Außerdem verlange ich –« 
    Der Troll, dessen Miene sich augenblicklich verfinstert hatte, fiel ihm ins Wort. »Vorsicht, Krieger, verwechsle meine Gutmütigkeit nicht mit Schwäche … Du hast überhaupt nichts zu verlangen«, fügte er aufgebracht hinzu. Doch als er den Blick des jungen Kriegers auf der Kette um seinen Hals bemerkte, kehrte sein Lächeln zurück. Auch Heilwig schmunzelte. »Sprechen wir ein andermal über deine weitere Bitte«, sagte Siebenstreich und legte dabei die Betonung auf das letzte Wort. 
    Der Kobold erinnerte seinen König an die Schlange von Wartenden. »Gut, gut«, lenkte er ein. 
    Mit Entschlossenheit brachte der Troll das Gespräch zu Ende: »Feiert, ruht euch aus, ganz wie euch beliebt. In drei Sonnenumläufen aber will ich dich in Waffen sehen. Ein Stamm an der Grenze meines Landes leistet mir seit Jahren Widerstand, breche ihn und wir sprechen über alles Weitere. Heilwig wird dich mit den Soldaten bekannt machen; derweil werde ich

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