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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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lautlos durch den Wald zu schleichen. Unbemerkt erreichten sie den Rand des Forstes. Dort erspähten sie zwei Wachposten, die sich lautstark darüber beschwerten, nicht an dem Gelage teilnehmen zu dürfen, das ein gutes Stück hinter ihnen immer noch im Gange war. Zwei Bolzen brachten sie zum Verstummen. Wie Schatten huschten die Krieger über die Felder, die an die Garnison angrenzten. Ein hoch aufloderndes Feuer, dessen Funken weit über die ringsum angelegten Erdwälle stoben, machte die Zechenden und Tanzenden blind für die Dunkelheit jenseits ihres Lagers. Die Wälle waren schnell erklettert, der einzige Wachturm unbesetzt. Auf der Kuppe liegend, blickten die vierzig Krieger hinab. Kraeh schätzte die Zahl ihrer Gegner auf mindestens hundertfünfzig, doch wirkten viele zu betrunken, ein Schwert zu halten. Einige waren auch, wo sie umgefallen waren, liegen geblieben, schliefen und schnarchten laut. 
    Leid und Schmerz fuhren aus ihrer Scheide. »Keine Gnade!«, rief Kraeh. »Tötet sie alle!« Wie ein Mann stürmten die Krieger Siebenstreichs den Wall hinunter. Nur wenige der Überrumpelten traten ihnen in den Weg. Der Kampf war kurz und grausam. Blanker Stahl fuhr in die Kehlen der gerade Erwachenden. Einen Mann trat Goldhorn mit seinen Hufen ins Feuer, der darauf schreiend sein Leben als lebendige Fackel aushauchte. 
    Als die ersten Strahlen der Sonne sich warm über das Land legten, waren alle Stammeskrieger niedergemetzelt. Orthan drehte einen Leichnam um. Es war Häuptling Bleudwik. Ein orkisches Zackenschwert steckte ihm noch zwischen den Rippen. Kraeh reckte die bluttriefenden Klingen dem Himmel entgegen und schrie seinen Triumph heraus. Alle taten es ihm gleich. Sie hatten bei dem Angriff nur drei Männer verloren, es war ein Sieg auf ganzer Linie. 
    Kraeh bat Luitbrecht, mit einem Dutzend Männer an Ort und Stelle zu bleiben. Wenn die umliegenden Dörfer von dem Blutbad erfuhren, war es wichtig, dass jemand vor Ort war, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Der Veteran lachte ob des gutwilligen Tones seines Vorgesetzten und willigte ein. Er habe schon genug Siegeszügen für zwei Leben beigewohnt, sagte er stolz. 
    »Niemandem wird vorenthalten bleiben, dass es dein Einfall war, der uns den Erfolg einbrachte«, dankte der Krieger ihm. 
     
    Der Weg zurück zog sich hin. Zwar marschierten sie nun direkt auf Skaarbrok zu, aber ohne die Reittiere – die Stammeskrieger hatten keine, die sie ihnen hätten abnehmen können – brauchten sie neun Tage, bis sie die Felsenburg erreichten. Die Flügel des Tores schwangen auf und ohne Umweg traten sie in die Halle Siebenstreichs, der sie lächelnd erwartete. Neben ihm standen Heikhe, Lou, Rhoderik und der Rest der brisakschen Soldaten, die mit ihnen aufgebrochen waren. Sitten und Gepflogenheiten vor dem König vergessend, umarmten sie sich herzlich. Siebenstreich ließ sie gewähren, bevor er sich an die heimgekehrten Krieger wandte. »In euren Augen lese ich, dass ihr die Aufgabe erfüllt habt, doch viele scheinen zurückgeblieben zu sein.« Für einen kurzen Moment spürte Kraeh einen Hauch von Vorwurf in der Stimme. Er wies darauf hin, eine kleine Besatzung in den nun befriedeten Ländereien zurückgelassen zu haben und wem der Dank für den Sieg gebührte. Dann warf er den Kopf Bleudwiks vor die Füße des Trollkönigs. 
    »Dank?!«, fuhr er auf. Er hatte diesem Jungen hundert seiner besten Kämpfer unterstellt und dieser hatte die meisten von ihnen in blutige Fleischklumpen verwandelt. Heilwig flüsterte ihm eilig einige Worte ins Ohr. Aber seine furchige Stirn lag noch immer in Falten. »Verstehe ich dich recht, du hast drei Dutzend Leben weggeworfen? Von den Verkrüppelten ganz zu schweigen?!« 
    Kraeh sah ihm hocherhobenen Hauptes tief in die Augen. »Nicht weggeworfen«, sagte er nach kurzem Schweigen, »eingetauscht. Gegen zweihundert, die dir nach Leben und Krone trachteten.« Die Anspannung in dem Gesicht des Kobolds fiel sichtlich ab, als der König schließlich nickte. 
    »So sei es«, rang er sich durch zu sagen. »Feiere das Wiedersehen mit deinen Freunden und dann …« Seine Züge hellten sich auf. »… trinke mit mir auf unsren Sieg.« Heilwig drang erneut unter vorgehaltener Hand auf ihn ein, sodass niemand außer Siebenstreich vernahm, was er sagte, dann nickte der König erneut. 
    »Sobald du wieder gerade stehen kannst, stelle mir eine Armee auf, welche die Nordmänner zurück an ihre Küsten oder in die Hallen ihrer Ahnen schickt,

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