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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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nie mehr auf. 
    Kraehs Freunde waren alle mehr oder minder am Leben. Seine geliebte Drude lag, angelehnt an einen Haufen Leichen, in einer Lache ihres eigenen Lebenssaftes. Aus ihrer Seite ragte ein langes Messer, aber sie würde durchkommen. Von der am frühen Abend so eindrucksvollen Armee war nur noch ein bis zum Äußersten erschöpfter, blutüberströmter Haufen übrig geblieben. Niemand brachte mehr die Kraft auf zu verhindern, dass die wenigen Feinde, die auf ihren Schiffen zurückgeblieben waren, dieselben in Brand steckten, wo sie letztlich den Tod in den selbst entfachten Flammen fanden. 
    Mitten in den Leichenbergen und all den abgeschlagenen Gliedmaßen ließen die Überlebenden sich fallen und wurden alsbald von einem ohnmachtähnlichen Schlaf übermannt. Reglos blieben sie liegen und erwachten erst wieder, als die Sonne aufging und mit gleißendem Licht das Ausmaß des Todes beleuchtete. Raben, Krähen, Ratten und andere Aasfresser machten sich, angelockt von der fetten Beute, über das Festmahl her. 
    Aufeinandergestützt zogen sich die restlichen Männer, Orks und Minotauren in einen nahe gelegenen Wald zurück. 
     
    Die Rückkehr 
     
    Auch in den Bergen des Schwarzwaldes herrschte ein heißer Sommer. Den ganzen Tag über und bis in den Abend hinein hatte der Alte seine Geschichte weitergesponnen, jetzt war er müde. Nicht nur vom Sprechen, die Erinnerungen lasteten schwer auf ihm, und in das Schweigen der ebenfalls träge gewordenen Augenpaare seiner Zuhörer hinein fragte er sich, ob er nicht besser enden sollte. Die Friedlichkeit jenes Ortes, den er sich für seinen Lebensabend ausgesucht hatte, war bedroht durch die Bilder, die er durch seine Erzählung selbst zum Leben erweckte. 
    Schon damals, in dieser längst vergangenen Zeit, aus der er berichtete, hatte er die Geschehnisse als grausam wahrgenommen, aber junge Männer sehen die Welt mit anderen Augen als alte. Inmitten all der Schlachten und Kriege hatte er die Ereignisse für notwendig gehalten und die Abscheulichkeiten dadurch rechtfertigen können. Jetzt, da er aus Distanz und mit gereiftem Blick auf die Geschehnisse zurücksah, deren Ausgang er nun kannte, schien ihm all das Töten sinnlos und auf grausame Weise infantil. 
    Hegferth, der Skalde, hatte sich sichtlich zurückhalten müssen bei der Episode über seinen Standesgenossen. An jedem Todestag Kraehs wurde jenes Lied, das der Verräter geschrieben hatte, heute noch gesungen. Vermutlich würde sich diese Tradition von nun an ändern. 
    Was tat er eigentlich, überlegte der Greis, Stück um Stück zerstörte er die Ideale dieser Dorfgemeinde. Und zu welchem Zweck? 
    »Zum Zwecke der Wahrheit«, mischte Hegferth sich in seine Gedanken. 
    Ihm war nicht bewusst gewesen, laut gedacht zu haben, und so fuhr er unwillkürlich zusammen. Bei den Göttern, wie war er alt geworden! Überhaupt hatte er wohl ihren Segen nötig, um die Geschichte zu Ende bringen zu können. 
    »Aye, die Wahrheit«, murmelte er mehr zu sich selbst. »Hätte die Kriegskrähe doch nur auf Siebenstreich gehört, viel Leid hätte verhindert werden können.« 
    Der Skalde war augenscheinlich der Einzige, der immer noch vollends aufnahmefähig war, sein Blick war wach und ernst. 
    »Ist der Trollkönig wirklich auch ein Gelehrter gewesen?«, wollte er wissen. 
    »Nicht auch «, schmunzelte der Alte, »er war vor allem das. Das Kriegerische hatte er einzig und alleine in Kauf genommen, um seine ihm heiligen Schriftrollen zu schützen. Ich denke sogar, dass ihm nicht einmal etwas an seiner Macht und Krone lag. Welcher Mann auf dem Thron außer ihm hätte die Staatskasse zu einem großen Teil darauf verwendet, überall in der bekannten Welt nach den Zeugnissen längst verstorbener und vergessener Denker zu durchsuchen?« 
    Jetzt räusperte sich auch Lorenz, der Schreiner: »Eine komische Vorstellung … Es muss anstrengend für ihn gewesen sein, so ein Doppelleben zu führen.« 
    Seine Frau Martha mischte sich neunmalklug ein. »Du solltest eben lernen, mein lieber Mann, dass die Dinge nicht immer sind, wie sie zunächst scheinen mögen.« 
    »Ich meine«, antwortete der Alte dem Schreiner, »er fühlte sich wohl in beiden Leben zu Hause; seine Leidenschaft allerdings galt allein den Büchern und ihren Inhalten.« 
    »Erzähl weiter«, drängte Hegferth, »wie ging der Krieg gegen die Nordmänner weiter?« 
    Einmal seufzte der Alte tief, bevor er einwilligte, eine kurze Zusammenfassung zu geben, ein

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