Rabenflüstern (German Edition)
ignorierend, nach vorne, wo die Streiche der Minotauren sie schnell zu Fall brachten. Henfirs Pfeil hatte sein Ziel zwischen den Schilden hindurch gefunden. Schreiend vor Zorn riss Theodulf den Pfeil aus seiner kettenhemdbewehrten Schulter. Wutschnaubend gab er den Befehl zum Angriff und Kraeh tat es ihm gleich.
Jeder Minotaur hielt nun das Ende eines langen Speeres in der Hand, den hinter ihnen drei oder vier andere Männer stützten. Kurz vor dem Aufprall wurden sie hochgestemmt. Im nächsten Moment krachten die Wälle aufeinander. Unter der Wucht der schweren Speere splitterten die Schilde und ihre Träger wurden weit in die eigenen Reihen zurückgeworfen. Der Plan ging auf. Es war kein Drücken und Schieben, Schildwall gegen Schildwall, sondern ein Kampf Mann gegen Mann. Ein jeder sah sich etlichen von Feinden gegenüber. Ein Fest des Blutes. Leid und Schmerz zeichneten todbringende Ellipsen in die Luft, die Minotauren teilten Rundumschläge aus, dass Knochen und Fleisch wie Regen auf die Umstehenden herabfielen. Dann stürmte Lou mit ihren Reitern in die Flanke und zerschlug die letzte Hoffnung des Prinzen, einen neuen Schildwall errichten zu können. Wie vorausgesehen war Theodulf nicht vorbereitet auf diese ihm fremde Art von Schlacht, aber als der Einfall der Kavallerie ins Stocken geriet, spornte er seine Männer blind vor Zorn zu übermenschlichen Taten an. Und Kraeh sah erschrocken, wie gut ihm das gelang. Die Nordmänner kämpften verbissen. Sie wollten dieses Land oder wenn ihnen das verwehrt wurde, zumindest einen Ehrenplatz an der Tafel der gefallenen Helden. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit, trieben die Dänen sie zurück. Mittlerweile war es dunkel geworden und so kämpften die Widersacher im Schein des halb vollen Mondes weiter. Aus dem Augenwinkel nahm Kraeh wahr, wie die Schwanenstandarte ins Wanken geriet. Nur wenige Schritte trennten sie noch von dem grauen Fuchs, unter dem die Leibgarde des Prinzen focht. Die Kriegskrähe schlug sich eine Bresche, Sedain folgte, indem die schmale Klinge seiner eleganten Axt sich immer wieder tief in die Körper seiner Feinde grub. Auch Lou, deren Pferd aufgespießt worden war, drängte zu den Bannern. Zu dritt sprangen sie dem Standartenträger zu Hilfe, aber es war zu spät. Theodulf war mit einem bösartig verzerrten Lachen im Gesicht ausgebrochen und hatte ihm den Kopf gespalten. Lou fing den Stiel auf, an dem der Schwan hing, und drückte ihn in einer Drehung dem Mann hinter ihr in die Hand. Der Halbelf parierte den nächsten Schlag des Prinzen in einem schnellen Streich seines Kurzschwertes an dessen Unterarm. Der Prinz schrie auf und taumelte einige Schritte zurück, sofort schlossen einige Nordmänner ihn ein und hieben und stachen auf die gegnerischen Hauptleute ein. Eine Attacke erkannte Kraeh zu spät, die Klinge streifte seine Schläfe und hinterließ einen roten Streifen, aus dem sogleich Blut pulste. Das Rapier Lous fraß sich zwischen die Rippen des Mannes im Ausfallschritt und ließ es dort zurück, da sie einem Bären von einem Krieger, der wild seine Axt schwang, ausweichen musste. So ging es in einem fort. Keine der beiden Seiten schenkte sich etwas in Unbarmherzigkeit und Kampfeswut.
Die Nordmänner konnten nicht weiter zurückweichen, hinter ihnen erstreckte sich die See, und dort lagen auch ihre Schiffe, die sie um keinen Preis dem Feind anheimfallen lassen durften. Wie ein in die Enge gedrängter Fuchs im Hühnerstall bissen sie im Mut der Verzweiflung um sich.
Pechschwarz war die Nacht geworden, eine Wolke hatte auch noch das letzte Licht des Mondes geraubt, als das Banner der Nordmänner fiel. Wem am Ende der entscheidende Streich gelang, der Theodulf Schildbrecht tötete, sollte für immer ungewiss bleiben. In der Dunkelheit glich ein Feind dem anderen, man sah Stahl aufblitzen und reagierte. Und mehr als ein Mann tötete im dunklen Durcheinander einen Kameraden. Viele sollten später behaupten, sie hätten den Prinzen erschlagen, aber es war einerlei, denn wohl brachte sein Tod schließlich den Sieg, doch wurde er von den Dänen erst festgestellt, als sowieso keiner der Nordmänner mehr am Leben war.
Es war die grässlichste Schlacht gewesen, die Kraeh je erlebt hatte. Auch von seinen Kämpfern stand kaum noch einer aufrecht. Viele hatten sich derart überanstrengt, dass sie, als sie den Ausgang der Schlacht vernommen hatten, in völliger Erschöpfung einfach in sich zusammensackten, und manch einer von ihnen stand
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