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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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darin seine widerwillige Zustimmung. 
    »König Siebenstreich, ich danke dir auch im Namen all meiner Freunde für das Aufheben unsres Schwurs. Behalte deine Außenposten gut im Auge.« 
    »Aye«, erhob zum ersten Mal Henfir das Wort, »die Jarls meiner Heimat sind leicht zu bestechen. Wer weiß, ob Brisak nicht schon lange Boten in den Norden geschickt hat …« 
    »Würdest du, Lou, dich in meiner Abwesenheit um Heikhe kümmern?«, drängte Kraeh die Drude. Sie tauschte einen Blick mit Sedain, der missmutig nickte. 
    »Gut. Ich brauche ein neues Pferd und einen Fährtenkundigen. Fünf Tagesreisen sind auch bei diesem Wetter zu bewältigen.« 
    Die Kriegskrähe blickte sich in der still gewordenen Runde um. Einer nach dem anderen nickte seine Zustimmung. »So sei es«, schloss der König, »du besorgst den Stein und bringst ihn hierher, ehe der Feind uns zuvorkommt. Dann beraten wir, wie wir weiter vorgehen.« 
    Zuletzt beschwor der Kobold die Anwesenden ein weiteres Mal, keinen Laut der geheimen Besprechung aus diesem Raum dringen zu lassen. Alles hänge nun von der strikten Geheimhaltung der gefassten Pläne ab. 
    In Abständen und auf unterschiedlichen Wegen verließen sie den Turm und die darunterliegenden Gemächer. »Eine Festung hat viele Augen und noch mehr Ohren«, erklärte Siebenstreich die Vorsichtsmaßnahme. 
     
    Ein anhaltender Sturm, der die Schneemassen in Wellen gegen die uralten Mauern warf, zwang Kraeh dazu, den Aufbruch doch noch um einige Tage aufzuschieben. Die Fenster in der Bibliothek waren von Eisblumen bedeckt und die Schüler beugten sich tief über ihre Schriftstücke, um sie bei dem fahlen Licht entziffern zu können, als Siebenstreich Kraeh in allen Einzelheiten von seiner lange zurückliegenden Reise zu dem Totenfluss erzählte. Auch von all den folgenden Männern, die aufgebrochen und an der Suche gescheitert waren, berichtete er. Die meisten waren vor vielen Jahren ausgezogen, als noch die alten Ritterorden bestanden hatten, die der König wegen ihrer heimlichen Machenschaften aufgelöst hatte. Siebenstreich gab sich größte Mühe, ihn vorzubereiten, doch nach allem Gesagten fühlte Kraeh sich kaum schlauer als zuvor, was er dem König freilich nicht zeigte. Zuversicht vortäuschend bedankte er sich. 
    Danach unterhielt er sich ein einziges Mal unter vier Augen mit Sedain, ansonsten verbrachten sie folgenden Tage und Nächte gemeinsam mit den anderen in der bunten Halle. 
    »Die Sache mit Lou …«, begann Sedain ungewohnt zurückhaltend, als er ihn auf der Treppe hinter dem Abort abgepasst hatte. 
    »Vergiss es«, meinte Kraeh knapp. Er war nicht in der Stimmung für solch eine Unterhaltung. Dem Halbelfen kam dies offensichtlich entgegen, denn er sagte kein Wort mehr dazu und wechselte nach einem kurzen unbehaglichen Schweigen schnell das Thema. 
    »Sieh dich vor«, murrte er gewohnt trocken, während sie die Stufen hinabgingen, »sollte dir etwas zustoßen, muss ich die ganze Bande abschlachten.« 
    Die Kriegskrähe lachte. »Vertrauen, mein Freund.« 
    »Pass auch du auf dich auf. Brisak ist nicht länger unsre Heimat.« 
    Als der Sturm endlich verebbte, war Kraeh beinahe froh, Skaarbrok verlassen zu können. Die Stimmung war angespannt. Lou und Sedain suchten immer mehr die Zweisamkeit, da sich bald auch ihre Wege trennen würden. Siebenstreich wartete nervös auf neue Nachrichten. Nur Henfir und Rhoderik verbrachten die Abende in stoischer Ruhe beim Würfelspiel mit dem Minotaur Goldhorn und drei seiner Bekannten, die nicht bemerkten, dass die Würfel gezinkt waren und die beiden nach einigen Scheinverlusten stets die dicksten Beutel aus der Halle trugen. 
    Nachdem er sich von allen verabschiedet hatte, bepackte er, den Anweisungen seines Führers folgend, sein Pferd mit einigen für die Reise unentbehrlichen Ausrüstungsgegenständen. Das mächtige Tier war ein Rotschimmelhengst, der gut im Futter stand. 
    Helmward, ein sehnig und groß gewachsener Kerl, der dick in Fell und Leder eingekleidet war, reichte Kraeh hustend zwei Schneeschuhe. In undeutlicher Aussprache äußerte er die Hoffnung, dass sie sie nicht brauchen würden. Sein Gesicht war von Pockennarben verunstaltet, die spärlich von borstigem, schwarzem Barthaar verdeckt wurden, insgesamt eine wenig vertrauenswürdige Gestalt. Heilwig hatte ihn wegen seiner Ortskenntnisse und seines Rufs, auch bei heftigsten Gewittern noch zur Jagd zu gehen, anempfohlen – schließlich sollte er ihn nur zum Rand

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