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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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»Knöllrich! Geht es dir gut? Fast hätte der Trampel dich zerstampft …« Er redete weiter heftig auf den Pilz ein, während der Krieger unter seinem Mantel nach dem Griff des Dolches suchte. Miersnick war, als er nach einiger Zeit aufstand, mit seinen matt schimmernden Wangen nur eine Armeslänge von Kraehs Brust entfernt. Er stank erbärmlich. Ein beißender Geruch, der entfernt an Verwesung erinnerte. 
    »Bestimmt bist du wie all die anderen Tollpatsche hier wegen meiner Fliegenpilze, stimmt’s?!« 
    »Stimmt«, bemerkte Kraeh trocken mit angehaltener Luft. 
    »Kannst du auch bezahlen oder bleibt’s beim Habenwollen?« 
    Kraehs taube Finger beförderten einen Beutel voller Münzen ans fahle Licht einer Laterne, die sein Gegenüber eilig herbeigeschafft hatte, um zu überprüfen, ob der Störenfried wenigstens die Mittel hatte, ihn angemessen zu vergüten. Bevor er es verhindern konnte, hatte der Wicht ihm den Beutel aus der Hand genommen, stöberte geschäftig darin herum und meinte nach einer Weile, für die Hälfte des Inhalts gebe er ihm, was er brauche; überdies würde er ihm für einen Aufpreis seine Hütte als Zuflucht für ein Nickerchen anbieten. Einen Augenblick wog Kraeh die Gefahr ab, entschied aber schließlich, die Einladung anzunehmen. In seinem jetzigen Zustand wäre es Selbstmord gewesen, sich nicht auszuruhen. 
    Umständlich balancierte er, den Anweisungen Miersnicks folgend, durch das Gärtchen. Danach trottete er, sich mühevoll auf den Beinen haltend, hinter ihm her, während sein Gastwirt so gut wie alles, was ihm auffiel, mit hässlichsten Flüchen belegte. 
    Heilfroh über die Möglichkeit sich auszuruhen, trat Kraeh hinter ihm in eine schmuddelige Baracke, die der Wicht liebevoll sein Heim nannte. Schon von außen hatte er Rauch aufsteigen sehen. Auf direktem Weg ging der Krieger zu dem miserabel zusammengesetzten Ofen und ließ sich davor niederfallen. Es stank nach Urin und Essensresten. Sein Gastgeber kümmerte sich nicht weiter um ihn, sondern beschwerte sich über die Unordnung, die er immens vergrößerte, indem er alles, was in einer Ecke des einzigen Raums herumlag, quer durch die Luft schmiss, wohl in der Absicht, etwas zu finden. Triumphierend hob er nach einiger Zeit ein Döschen in die Höhe, aus dem er Kräuter fischte, die er in einen über dem Ofen hängenden Topf gab. Dann begann das Suchen von Neuem. 
    Kraeh war eingenickt. Die schrille Stimme Miersnicks weckte ihn aus dem jungen Schlaf. »Trink, trink!«, verlangte er. »Wollen doch nicht, dass man sagt, bei mir gibt’s nichts für sein Geld, stimmt’s nicht?!« 
    »Stimmt«, kapitulierte der Krieger und nahm die tönerne Schale, die ihm sein Gastgeber entgegenstreckte. Als sie leer war, richtete der Wicht ihm einen Platz aus alten Lumpen unweit des Feuers. Dankbar sank Kraeh zu Boden und schlief auf der Stelle erneut ein. 
     
    Der Geruch nach Gebratenem stieg ihm in die Nase. Schlaftrunken rieb er sich die Augen. Sonnenstrahlen fielen schräg durch ein marodes Fenster und drängten sich zwischen Rissen in den Balken hindurch. Miersnick reichte ihm ein Brettchen, auf dem, verführerisch dampfend, ein Pfannkuchen angerichtet war. 
    »Für dich … iss, iss … lecker, fein …«, freute sich das Wesen, wohl über sein gelungenes Frühstück. Kraeh dachte nicht lange nach, sein Magen knurrte, und so schlang er das warme Essen in sich hinein. Es schmeckte abscheulich und er entschied, besser nicht nach den Zutaten zu fragen. 
    »Danke, du warst meine Rettung.« 
    Miersnick legte den Kopf schief und musterte seinen Gast mit seinen überdimensionalen, vorstehenden Sehwerkzeugen. Instinktiv hatte er die sonderbare Kreatur, vermutlich ihrer Sprechweise wegen, für ungelenk gehalten, korrigierte diese Einschätzung nun aber, wie er die mickrigen Händchen rasch und präzise umherhuschen sah. Irgendwie fasste er den Gedanken, sich bei einer Pfeife die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Das Stopfen fiel ihm ungewöhnlich schwer. Die Sonnenstrahlen schienen sich auf einmal wider ihre Natur in dem unübersichtlich gewordenen Raum zu biegen. Dem Krieger schwante Übles. 
    »Die Pilze … wann …«, seine eigene Stimme hallte bedenklich nach, »… kannst du sie mir geben?« Er musste das Gesicht von den beängstigend riesigen Augen wegdrehen. 
    »Haben sie dir etwa nicht geschmeckt?«, machte Miersnick seine Befürchtung wahr. 
    »Du schuldest mir Dreiviertel deines Silbers«, hakte der

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