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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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der in der gleichen Machart des ganzen Raumes aus dem Boden zu wachsen schien. Um ihn hockten der wieder einmal kränklich wirkende Orthan, Rhoderik, Heikhe zu seiner Rechten, Lou und Sedain, die beide ernst dreinblickten und unbehaglich auf ihren Sitzen hin und her rutschten, Kraeh zwischen Siebenstreich und Henfir, dessen offene und ehrliche Art, auch Unerfreuliches auszusprechen, Kraeh für ihn eingenommen hatte. Sie alle waren einfach gekleidet, auch der König trug lediglich eine beige Tunika über einer für seine langen Beine etwas zu kurz geratenen Stoffhose. Als Letzter gesellte sich Heilwig dazu. Nach kurzem Zögern fand er den richtigen Schlüssel an seinem überfüllten Bund, drehte ihn hinter sich im Schloss um und ließ sich auf der einzig verbliebenen Sitzgelegenheit nieder. Ein leichter Geruch von Rosenessenz stieg aus einer Räucherschale von der Mitte des Tisches auf. Alle Augen waren auf Kraeh gerichtet, der sie zusammengerufen hatte. An einem herben Wein nippend überlegte er sich, wo am besten zu beginnen sei. Heikhe strich neugierig über den wärmenden Stein. Gerade wollte Heilwig eine Erklärung liefern, da sprach Kraeh: »Ich habe diesen Rat einberufen unter dem Mantel der Verschwiegenheit, da es an der Zeit ist, unser Wissen zusammenzutragen und unter Freunden zu teilen.« Natürlich war nicht jeder in der Runde ein Freund und Kraeh ging normalerweise nicht verschwenderisch mit diesem Wort um, dachte aber, es nütze der Sache. »Der stärkste Feind ist der, den man nicht kennt, lasst uns dies ändern«, fuhr er fort. 
    »Von welchem Feind redest du?«, schaltete der Halbelf sich weniger patzig als sonst ein. »Gibt es denn einen?« 
    Zu Kraehs Erleichterung nickte Orthan zustimmend, blieb aber stumm. 
    Ohne direkt auf die Frage einzugehen, machte die Kriegskrähe den Anfang und berichtete von den beiden rätselhaften Begegnungen mit dem Pan. Auch über den Auftrag, den Lia Fail zu finden, ließ er nichts aus. Sedains Miene verfinsterte sich zusehends, offenkundig hielt er es für unklug, jeden der Anwesenden ins Vertrauen zu ziehen, deshalb mied Kraeh seinen Blick und richtete seine Worte vor allem an den König, seinen Berater und den Zauberer. Als er geendet hatte, schwiegen alle einen Moment lang. Der König und Heilwig holten gleichzeitig Atem, doch es war Orthan, der schließlich sagte: »Wir«, dabei breitete er die Arme aus und zeigte damit an, dass er die Führerschaft Skaarbroks meinte, »sind uns uneins, mit wem wir es zu tun haben. Gewissheit allerdings besteht darüber, was Heilwig euch bereits erzählt hat. Zwei Propheten sind in den letzten hundert Jahren aufgetaucht: Ischrah, ein Ostling, der Theodosus’ Vater Marc einst taufte; ihr müsst wissen, unsre Spione beobachteten ihn, seit er sich allzu überraschend der neuen Religion zuwandte und den Namen seines Landes, ehemals Rhodlek, wie den eigenen wechselte. Keiner der Spione konnte uns erklären, wie es zu der Wandlung seiner Geisteshaltung kam, bis wir einen von ihnen in einen schlafähnlichen Zustand versetzten. Es gelang uns, ihn zu zwingen, sich zu erinnern. Gegen seinen Widerstand berichtete er von einem neuen Berater, der, niemand wusste woher, gemeinsam mit dem Ostling an den Hof des Fürsten gekommen war. Der zweite Prophet war jener Luitgher, dem in Bretonien der Garaus gemacht wurde.« Siebenstreich wollte einlenken, doch der Zauberer sprach mit erhobener Stimme weiter. Die anderen wunderten sich über die Unschicklichkeit, dem König über den Mund zu fahren, doch war es wohl die Rolle als Vermittler, die ihm das Recht dazu gewährte. »Luitgher«, führte er weiter aus, »war es bei all seiner Leichtfertigkeit gelungen, einen Gegenstand – einen Kessel, über dessen Herkunft und Bedeutung wir nichts wissen – vor seiner Hinrichtung in Sicherheit zu bringen. Unsre Spione verfolgten den Trupp, der ihn fortschaffte, bis nahe an die Grenzen von Brisak, wo sie ihn aus den Augen verloren.« Sein Ton war nüchtern, doch war ihm eine gewisse Anspannung anzumerken. Auch Heikhe entging sie nicht, aufmunternd lächelte sie den Mann mit den glasigen Augen an. 
    Rhoderik machte Anstalten, etwas zu sagen, wartete aber höflich, von Orthan dazu aufgefordert zu werden, was dieser sogleich tat. 
    »Ich kenne mich weder in religiösen noch in politischen Dingen sonderlich aus. Kann nicht endlich einmal jemand sagen, worum es hier eigentlich geht? Ist Bran die Ratte, die meinen König und Heikhes Vater ermorden ließ? Und

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