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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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habe?«
    »Auf jeden Fall. Sie dürfen alles hören.«
    »Aah. Also sind sie auch …? Ich meine, sind sie von deiner und deiner Großmutter Art?«
    »Ja«, antwortete ich, um die Sache einfacher zu machen. Außerdem war es nicht gelogen. Menschen waren wir schließlich alle.
    »Oh. Und darf ich fragen …« Sie begann zu flüstern. »Zu welcher Gestalt sind sie … seid ihr verd… In was verwandelt ihr euch?«
    Ich fühlte, wie Bubo unauffällig eine Hand in die Rückseite meiner Jacke krallte. Offenbar sollte ich den Mund halten und ihn sprechen lassen. »Ehrlich gesagt möchten wir das lieber für uns behalten. Wer sind Sie denn eigentlich? Sind Sie auch … eine Nachfahrin Tatanwis?«, fragte er.
    Sie sah ihn über den Rand ihrer Brille hinweg an. »Nein. Aber ich bin eine Eingeweihte. Mein Name ist Iris Winterstein und mein armer, vor sieben Jahren verstorbener Mann war … Nun, er gehörte zu den … zu den Nachfahren. Und ich bin seit damals, seit seinem Tod, meine ich, gewissen beunruhigenden Vorgängen auf der Spur. Deshalb fühle ich mich verpflichtet, Frau Korvinian und euch zu warnen. Wie ihr sicher wisst, haben Tatanwis Nachfahren Feinde. Diese Menschen sind kurz davor, eine Waffe fertigzustellen, mit der sie alle, die von dem Fluch … mit der sie alle Vogelmenschen ausrotten können. Sie sind ihrem Ziel sehr nah!«
    Die letzten Sätze flüsterte sie zischend, sodass ich sie kaum verstand, und sah dabei ziemlich irrsinnig aus. War sie vielleicht ein bisschen verrückt?
    »Woher wissen Sie das denn?«, fragte ich.
    »Ich darf meine Quellen nicht preisgeben. Aber glaubt mir, die Sache ist von höchster Dringlichkeit. Wenn es uns nicht schnellstens gelingt, ein Gegenmittel zu entwickeln, wird es zu spät sein.«
    Unwillkürlich traten wir enger zusammen und lauschten ihr gebannt.
    »Gegenmittel? Geht es hier um ein Gift?«, erkundigte Strix sich.
    Mit todernster Miene schüttelte sie den Kopf. »Nein. Kein Gift. Es handelt sich um ein Lied.«
    Ein Lied? Beinah hätte ich losgeprustet. Auch über Strix’ Gesicht huschte ein Grinsen.
    Bubo blieb als Einziger ernst. »Was für ein Lied? Was soll das bewirken?«
    »Nun, sicher wisst ihr, dass es in früheren Zeiten Jäger gab, die darauf spezialisiert waren, Vögel zu fangen. Es gab viele Vogelarten, die von reichen Leuten gern gegessen wurden. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Vogelfänger immer geschickter darin, ihre Beute anzulocken. Sie ahmten deren Stimme nach und erfanden Flöten und Melodien, die besonders wirksam waren. Nicht wenige Vogelfänger waren Nachfahren Kotanwis. Bis heute haben sie ihre besten Lieder weitergegeben, verbessert und verwoben. Nun haben sie ein Locklied erschaffen, das Tatanwis Nachfahren in ihrer Vogelgestalt unwiderstehlich anzieht. Über jede Entfernung hinweg würdet ihr alle das Lied hören und ihm folgen müssen, bis in eine große Falle, in der ihr vernichtet werdet.«
    Sie betonte das Wort »vernichtet« so brutal, dass wir alle schauderten.
    Bubo kratzte sich die Nase an der Stelle, wo sonst seine Schnabel-Fühlfedern sitzen mussten. »Wie kann man das verhindern?«
    Frau Winterstein schüttelte mitleidig den Kopf. »Wir können es nicht verhindern. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Die Nachfahren Tatanwis müssen zu ihrem eigenen Schutz aufhören, sich zu verwandeln.«
    Bubo lachte auf, als hätte sie einen Witz gemacht. Sein Lachen klang bitter. »Das ist leicht gesagt.«
    Mein erster Gedanke war ein ganz anderer. Pustekuchen , dachte ich. Von einem blöden Locklied lasse ich mir doch nicht den Spaß verderben. Überhaupt: Eine Elster war doch kein Singvögelchen, das sich für Gezwitscher begeistert.
    »Haben Sie dieses Lied schon gehört?«, fragte ich.
    Sie merkte wohl an meinem Tonfall, dass ich von ihrer Geschichte nicht überzeugt war, denn sie schenkte mir einen frostigen Blick. »In der Tat. Die Melodie ist so kunstvoll, dass auch gewöhnliche Menschen von ihr gefesselt werden.«
    Gewöhnliche Menschen? Und was war mit gewöhnlichen Vögeln? Man sollte doch meinen, dass so ein magisches Lied das ganze Land vogelfrei fegen würde. Frau Winterstein kam mir immer verdächtiger vor.
    »Wie meinen Sie das mit dem Nicht-mehr-Verwandeln?«, wollte Bubo wissen. »Soweit ich weiß, können die meisten von uns nicht frei entscheiden, ob sie sich verwandeln wollen.«
    Frau Winterstein nickte gewichtig. »Das ist richtig. Deshalb habe ich mit einigen anderen Freunden Tatanwis ein Bündnis geschlossen, um

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