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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Kopf. »Ich sehe es nicht ein. Die blöden Vogelfänger sind im Unrecht und sollten unschädlich gemacht werden. Ich will mich nicht verstecken müssen. Außerdem ist es kein Fluch. Tatanwi ist von dem großen Falken nicht verflucht worden, sondern er hat ein wunderbares Geschenk von ihm bekommen.«
    Jori warf mir einen Blick zu, der die Hölle hätte gefrieren lassen können. »Du bist sooo ekelhaft egoistisch«, fauchte sie.
    Angesichts der Tatsache, dass ich mir gerade einen alten Mehlsack um die Brust wickelte, damit sie mein Sweatshirt anziehen konnte, machte mich ihr Vorwurf doppelt sauer. Es war ja schlimm, dass sie und Bubo solche Probleme hatten. Doch musste ich deshalb wirklich auf etwas verzichten, was mir so wichtig war? Außerdem glaubte ich die ganze Geschichte ja sowieso nicht so recht. Möglicherweise gab es Dinge, die eine magische Anziehungskraft besaßen. Bei dem gruseligen Garten hatte es sich so angefühlt. Aber ein Liedchen? Darüber konnte die Elster in mir nur lachen.
    Bevor ich Jori antworten konnte, meldete Bubo sich zu Wort.
    »Verstehst du nicht, dass wir alle in Gefahr sind, Pia? Du könntest dich vielleicht retten, weil du dich schnell verwandeln kannst. Vielleicht aber auch nicht. Uns würde es auf jeden Fall erwischen. Ich finde auch, dass du selbstsüchtig bist, wenn du nicht hilfst.«
    Na toll. Meine Laune sank unter den Nullpunkt. Zaghaft warf ich Strix einen Blick zu. Auf welcher Seite stand er?
    Er seufzte. »Ich kann dich verstehen, Pica. Aber sie haben recht. Wenn die Sache so gefährlich ist, dann ist Frau Wintersteins Idee vernünftig. Was willst du denn sonst tun?«
    Vernünftig? Wie vernünftig war es, ein Mittel zu erfinden, das alle Vogelmenschen flugunfähig machte?
    Ich wandte mich Frau Winterstein zu. »Ich glaube Ihnen nicht. Woher sollen wir wissen, dass Sie sich das alles nicht nur ausgedacht haben, um uns zu schaden? Und überhaupt müssen wir jetzt erst mal los. Meine Mutter wartet bestimmt schon.«
    Frau Winterstein seufzte herzerweichend. »Ich wünschte, deine Großmutter wäre nicht verhindert. Sie hätte mehr Einsicht gezeigt. Mit euch Kindern zu reden erschien mir gleich ein wenig sinnlos.«
    Jori stand mit verschränkten Armen neben ihr und funkelte mich böse an. »Es ist doch nur Pia, die nichts einsieht.«
    Sie sah klein und zart aus in meinem weiten Sweat-Shirt. Sonst trug sie immer enge Sachen. Ich fragte mich, ob sie vielleicht nur so ein zickiger Mensch war, weil sie unter den Verwandlungen litt. Warum beherrschten Bubo und sie die Sache nicht so wie ich? Was unterschied sie von mir? Vielleicht war es tatsächlich gut, mehr darüber herauszufinden. Ich dachte an die Armbänder, mit denen Oma mich bis zum Sommer davon abgehalten hatte, mich zu verwandeln. Wenn sie doch nur gesund wäre und ich über alles mit ihr sprechen könnte.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Also gut, ich werde über die Sache nachdenken. Können Sie mir Ihre Telefonnummer geben oder so?«
    Sie nickte und griff nach dem Handtäschchen, das über ihrer Schulter baumelte. »Das hört sich schon besser an.«
    Nachdem sie mir ihre Visitenkarte gegeben hatte, verabschiedeten wir uns. Ich gab mir Mühe, durch das Museum zum Ausgang zu stolzieren, als hielte ich geflickte schwarze Leinenröcke, die über den Boden schleiften, für das Allercoolste. Den Mehlsack hatte ich unter meiner Jacke versteckt.
    Frau Schubert an der Kasse guckte zum Glück gerade nicht, als wir vorbeigingen.
    Im Auto schwiegen wir uns an. Ich saß hinten zwischen Bubo und Strix und fühlte mich mies, weil die beiden so unzufrieden mit mir waren.
    Ehe sie in Queckenberg ausstiegen, beugte Strix sich noch einmal zu mir rüber. »Tut mir leid, Pia. Aber …«    
    »Ja, ja. Spar dir das!«, motzte ich und fühlte mich noch elender. Ich hatte gehofft, wir würden uns wieder vertragen, und nun schaffte ich es wieder nicht, freundlich zu sein.
    Er seufzte, dann knallten die Autotüren zu, und Mama fuhr an.
    »Werdet ihr mir erzählen, was los war?«, fragte sie.
    Bevor Jori sich verplappern konnte, preschte ich mit meiner Antwort vor. »Jori ist als Habicht ins Museum geflogen und hat sich dort verwandelt. Das gab ein ziemliches Durcheinander, und wir haben uns gestritten. Aber es ist alles gutgegangen, also mach dir keine Sorgen.«
    »Und woher stammt der furchtbare Rock, den du da anhast?«
    »Strix hat ihn aus einem der alten Häuser geliehen. Wir werden ihn zurückgeben. Und so furchtbar finde ich ihn gar nicht.

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