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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Ist doch mal was anderes«, sagte ich. Woraufhin Mama lachte und das Thema zum Glück fallen ließ.
    Jori sprach den Rest des Tages nicht mehr mit mir. Die Sachen, die ich ihr überlassen hatte, legte sie vor meiner Zimmertür ab. Ich stolperte über den Haufen, als ich zum Abendessen ging.

Ein wunderbarer Tag
    D
er nächste Tag war der erste Ferientag, und er begann mit einem Anruf von Oma. Sie berichtete, dass sie am folgenden Montag endlich ihren Herzschrittmacher bekommen sollte. Mama verabredete mit ihr, dass wir sie am Sonntag besuchen würden, dann reichte sie mir den Telefonhörer weiter.
    Ich hatte geglaubt, Oma hätte bei all der Aufregung um ihr Herz ihre Verabredung mit Frau Winterstein vergessen. Aber nach dem üblichen Wie-geht-es-dir und Ach, ganz gut belehrte sie mich eines Besseren.
    »Deine Mutter sagte gestern, du wärest im Historicum. Hast du diese merkwürdige Frau getroffen?«
    Ich seufzte. Bei aller Rücksichtnahme auf ihre Gesundheit wollte ich meine Oma trotzdem nicht belügen. »Wie bist du so schnell daraufgekommen?«
    »Ach, ich kenne doch meine Pia. Hör zu, wir müssen uns unbedingt darüber unterhalten, wenn du morgen kommst. Am besten sorgen wir dafür, dass deine liebe Mutter uns eine Weile allein lässt.«
    »Oma, alle sagen, du sollst dich nicht aufregen …«
    »Ach, Unsinn. Ich werde doch hier bewacht wie ein Kronjuwel. Das Schlimmste an dieser ganzen Krankheit ist, dass ich immer so müde bin. Ein bisschen Aufregung ist genau das Richtige für mich.«
    Erst als ich das Telefon zurück auf die Station stellte, merkte ich, was für eine Erleichterung es sein würde, Oma alles zu erzählen.
    Die nächste unerwartete Freude an diesem Tag kam, wer hätte das gedacht, von Jori. »Tut mir leid wegen gestern«, sagte sie. »Ich finde es zwar immer noch unfair von dir, dass du nicht mit Frau Winterstein zusammenarbeiten willst, aber wie du mich von den verflixten Hühnern weggebracht hast, und das mit den Klamotten … Das war schon nett von dir.«
    Wow. Wenn man das nicht einen Sprung über den eigenen Schatten nennen konnte. Da fiel es mir ausnahmsweise leicht, sie anzulächeln. »Keine Ursache.«
    Und – es war nicht zu glauben – der Tag ging so weiter. Mama wollte gerade los zu ihrem Samstagseinkauf, da klingelte es an der Tür. Sie öffnete und rief mich gleich darauf mit einem kleinen Freudenjuchzer zu sich.
    Draußen stand ein Junge in schwarzer Lederjacke, der ungefähr sechzehn sein mochte. Seine Haare waren pechschwarz und an den Seiten ausrasiert, sodass nur ein flacher Irokesenschnitt übrig blieb. In jedem Ohr trug er mehrere silberne Ohrringe und um den Hals einen Lederschnur mit einem silbernen Adler daran. Er sah so auffällig aus, dass ich im ersten Moment nicht bemerkte, warum Mama eigentlich gejuchzt hatte.
    Dann sah ich, was der Schwarzhaarige mir mitgebracht hatte, und wäre ihm beinah um den Hals gefallen.
    »Das gibt’s doch nicht! Wo hast du es gefunden?«, stieß ich hervor.
    Mein Fahrrad! Mein rotes Flügelross. Unversehrt und sauber glänzend.
    Er zuckte mit den Schultern. »In einem Graben. Hatte gerade so einen Zettel gesehen und dachte, ich bring’s gleich selbst zurück. Deins, ja?«
    Er lächelte nicht, sah mich aber neugierig an. Wahrscheinlich leuchteten vor Freude meine Ohren. »Ja. Mann, ist das nett von dir!«
    Mama legte mir die Hand auf die Schulter. »Dafür verdienst du auf jeden Fall den Finderlohn. Wie viel Belohnung hatten wir auf dem Zettel versprochen, Pia?«
    Ich glaube, sie wusste genau, wie viel und wollte mich nur daran erinnern, dass ich etwas dazu sagen musste. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. »Nein, schon gut. Ich will die Kohle gar nicht. Ist doch Ehrensache.«
    Mama lachte entzückt. »Das ist wirklich toll, kommt aber nicht infrage. Du hast dir die Mühe gemacht, und das verdient eine Belohnung.«
    Sie ging ins Haus, um Geld zu holen, und ich stand mit dem ehrenhaften Finder allein da.
    Er blickte mir flüchtig in die Augen. »Deine Mutter ist nett. Aber das mit dem Geld muss ehrlich nicht sein.«
    »Das ist es mir wert. Ich bin so froh, dass mein Rad wieder da ist, das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    »Na ja. Ist ein schönes Rad. Da würde ich auch dran hängen.«
    Was für ein netter Junge. »Wie heißt du eigentlich?«, fragte ich.
    »Ääh … Leon. Wolff.«
    »Möchtest du reinkommen und etwas trinken oder so? Wo hast du das Rad genau gefunden?«
    Er legte eine

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