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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Elsa nicht rührte, ebenso wenig wie ihr Angreifer, knarrte das Holz und machte unablässig Geräusche in der sommerlichen Wärme. Sie räusperte sich vorsichtig in dieser Lücke zwischen Leben und Tod. Wenn der andere sie umbringen wollte, warum um alles in der Welt tat er es dann nicht? Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da sagte er:
    „ Wenn du auch nur ansatzweise deinem Ruf gerecht werden würdest, dann wäre ich jetzt tot.“
    Das klang vertraut. Sie kannte diese Stimme und sie kannte diesen Ton. Es war ein Ton, der besagte, dass sie ein nichtsnutziges Geschöpf war, das nur Ärger machte.
    „ Freu dich doch“, sagte sie. „Anbar.“
    „ Ich habe nichts anderes erwartet“, sagte Anbar. „Ich bin ja nicht lebensmüde.“
    „ Was hast du jetzt vor?“
    „ Abwarten.“
    „ Warum denn abwarten?“, fragte sie. „Willst du mich jetzt umbringen oder nicht?“
    „ Es ist bekannt, dass deine Sorte im Angesicht des Todes nichts unversucht lässt. Ich müsste wirklich sehr schnell sein, aber das traue ich mir nicht zu. Es wäre fahrlässig, eine so gute Gelegenheit verstreichen zu lassen und dabei auch noch draufzugehen. Also warte ich lieber, bis meine Leute hier sind. Zu sechst haben wir gute Karten.“
    Das klang ernst. Es gab ja auch sonst keinen Grund, warum er sie mit seinem Schwert hier in Schach hielt. Damals, als er sie mit Romer quer durch Sommerhalt gejagt hatte, war er zwar unfreundlich gewesen, doch weit weniger gewaltbereit als jetzt.
    „ Das verstehe ich nicht“, sagte sie. „Erst entführst du mich, dann lässt du mich wieder laufen und jetzt willst du mich doch noch umbringen?“
    „ Du hattest deine Chance und hast nichts draus gemacht. Ich kann nicht von dir erwarten, dass du das einsiehst, aber dein Ableben wäre für den Rest der Welten das Beste.“
    „ Das wäre es damals auch gewesen.“
    „ Im Nachhinein lässt sich das sagen, ja.“
    „ Also hast du einen großen Fehler gemacht.“
    „ Ja.“
    „ Und jetzt machst du ihn wieder gut?“
    „ So ist es.“
    „ Aber nur, wenn meine Leute nicht vor deinen hier ankommen.“
    „ Warten wir einfach ab, wer das Rennen macht.“
    Das sagte er und sie lauschte. Sie lauschte eine ganze Zeit und starrte aus dem Fenster über das nächste Dach hinweg in die Sonne, weil ihre Situation es nicht zuließ, irgendwo anders hinzugucken. Das Licht blendete und ihre Augen fingen an zu tränen.
    „ Ich hatte mir sowieso vorgenommen, mich umbringen zu lassen“, sagte sie. „Alleine schaffe ich es nämlich nicht.“
    Darauf sagte er nichts. Sie fand das unpassend, schließlich war ihre Absicht selbstlos und lobenswert. Aber er schwieg.
    „ Du könntest wenigstens dankbar sein“, sagte sie. „Wenn ich mich nicht wehre, habt ihr es ganz leicht mit mir.“
    „ Du wehrst dich“, sagte er. „Ein Rabe wehrt sich immer.“
    Davon wollte Elsa nichts wissen. Denn vor ihrem inneren Auge sah sie sich kämpfen, verzweifelt, aber hoffnungslos, gegen lauter Männer, die verbiestert auf sie einschlugen, um ihr die Lebensgeister auszutreiben. Vielleicht wäre es ja doch besser, wenn ihre Leibgarde den guten Ausgleichern zuvorkäme. Sie horchte und wartete. Und wartete und horchte.
    „ Ich höre niemanden“, sagte sie schließlich.
    „ Bist du taub?“
    „ Ich meine, nicht in der Nähe. Den anderen Krach höre ich natürlich.“
    Es war ein bisschen, wie wenn man unter Wasser taucht. In der Ferne waren all die Kampfgeräusche, manchmal hörte man einen besonders lauten Schrei oder das Bersten von Mauern, doch hier, wo sie standen, war es ganz still. Wie in einer Luftblase. Nur das Holz flüsterte.
    „ Wo ist König Nada?“, fragte sie.
    „ Nicht hier.“
    „ Bestimmt?“
    „ Warum sollte ich lügen?“
    Es war immer noch still und es war Mittag. Elsa merkte, wie ihr der Schweiß den Rücken hinablief. Es war so merkwürdig. Würde sie nun sterben? Oder nicht? Anbar würde ziemlich sicher sterben, ob er sie nun umbrachte oder nicht. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er lebend aus dem belagerten Schloss herauskäme. Das Schwert, das er ihr immer noch gegen die Kehle drückte, fühlte sich längst nicht mehr so kalt an. Er hielt es ruhig, wartete ab. Wäre sie nicht selbst so ruhig gewesen, hätte sie nicht selbst so tief und still geatmet, dann hätte sie sich gewundert, warum er so gelassen blieb. Aber sie konnte es verstehen. Es gab kein Vor und kein Zurück, wozu also die Fassung verlieren?
    „ Was machst du überhaupt hier?“,

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