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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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meine Spezialität. Ich glaube, wir sind nicht jedes Mal wegen Niko gestorben. Die Altjas wollten auch verhindern, dass ich mich zu gut erinnere.“
    „Warum hätte sie das gestört?“
    „Keine Ahnung. Es ist mir erst heute Morgen eingefallen. Aber du hast mir immer noch keine Antwort gegeben.“
    „Weil es keine gibt“, sagte er und drückte sachte ihre Hand. „Kein Mensch weiß, was nach dem Tod ist. Ob überhaupt etwas ist. Aber sollte etwas von mir übrig bleiben, das noch irgendwo sein kann, dann ist es wahrscheinlich hier. Hier und an allen anderen Orten, an denen wir zusammen gewesen sind.“
    Jetzt war Elsa still. Sie war noch immer still, als sie oben an der Wiese ankamen, in Sichtweite des Tors und der Ruine, die ein Stück des funkelnden Himmels verdeckte. Hätte sie nur die Zeit anhalten können, sie hätte es getan. Damit der Morgen nicht käme und der Moment, an dem sie sich trennen mussten.
    Später, als Elsa in seinen Armen und der bestickten Bettwäsche lag, als sie sich gegen seine Brust kuschelte und gegen den Schlaf ankämpfte, da schwor sie sich, dass sie eines Tages dorthin gehen würde, wo er hingehen würde, wenn er einmal starb. Es musste doch möglich sein, dass ein Mensch, der vor langer Zeit ein Rabe geworden war, sein Schicksal herumdrehte und wieder ein Mensch wurde, um wie einer zu sterben. Was sollte sie denn mit ihrer restlichen Ewigkeit auf Erden anfangen, in dem Wissen, dass sie das Wichtigste gefunden und wieder verloren hatte? Sie erinnerte sich daran, was die Altjas vom Sinn des Lebens gepredigt hatten: nämlich dass man in ihm aufgehen müsse, wenn man ihn erkannt habe. Sie überlegte, ob der Sinn der Altjas etwas mit Liebe zu tun gehabt hatte. Gerade wollte es ihr nicht einfallen. Sie kam auch nicht mehr darauf, denn der friedlichste Schlaf überwältigte sie und beraubte sie aller Gedanken. Viel zu schnell ging die Nacht vorüber und der letzte kostbare Morgen wurde ihr gestohlen.

KAPITEL 41
     
    Der Himmel mochte schon hell sein, doch hier im Zimmer konnte man es kaum erahnen. Elsa wusste, wo sie war, und schlief doch gleichzeitig. Es war ein Halbschlaf, den sie nicht verhindern wollte oder konnte, obwohl ihr bewusst war, dass er sie wertvolle Zeit kostete. Es war kalt außerhalb der Decke und die Vögel zwitscherten so laut, dass es im Gemäuer hallte. Elsa drückte sich an den warmen Körper an ihrer Seite und schmiegte ihre Nase an dessen Haut und wollte die Vögel Vögel sein lassen, als ein lauter Pfiff, der bestimmt von keinem Vogel stammte, sie und Anbar aus dem Schlaf schreckte. Bevor sie fragen konnte, wer das war, sagte er schon:
    „Legard.“
    Sie war noch dabei, ihre aufgeregten Gedanken zu sortieren, da hatte er schon seine Hose angezogen und lief aus dem Zimmer, um Legard zu treffen. Sie konnte es ihm unmöglich gleich tun, sich anzuziehen hätte viel zu lange gedauert. Aber so, wie sie war, konnte sie nicht hinter ihm herrennen. Kurzentschlossen verwandelte sie sich in eine Katze, eine pechschwarze, wie sie feststellte, als sie vom Bett sprang und durch die Schatten hinter Anbar herjagte, um ihn einzuholen. Sie erreichte ihn, als er die Halle betrat, jenen traumhaft zerrissenen Ort, in dem die ersten Sonnenstrahlen zwischen wilden Pflanzen flimmerten. Dort, wo es keine Wände mehr gab, war nur der zarte Morgenhimmel zu sehen, und darunter, blau in der Dämmerung, ein endloses Waldmeer.
    Legard stand schon mitten in der Halle und um seinen Strichmund spielte nicht die Spur eines Lächelns. Er war ernster als ernst. Als er die schwarze Katze erblickte, die in Wirklichkeit keine Katze war, da packte ihn das Unbehagen. Elsa sah es ganz deutlich oder roch es vielmehr mit ihrer Katzennase. Anbar folgte Legards Blick und war erleichtert, als er die Katze entdeckte. Er ging in die Hocke und hielt ihr die Arme hin, sie sprang hinein und ließ sich hochheben. Es war eine Wohltat, in diesem düsteren Moment in zwei Armen zu verschwinden und den Kopf gegen die Hand zu drücken, die sie streichelte. Zumal sie merkte, dass auch Anbar froh war, etwas oder jemanden zum Anfassen zu haben, während er Legards Nachricht vernahm. Elsa spürte, wie sein Herz pochte.
    „Vor einer Stunde“, sagte Legard, „sah ich mich gezwungen, die Räumung von Antolia, Piotene, Iaglon, Heleien und Tantal zu veranlassen. Die Leute dort wissen noch nichts von ihrem Glück, jemand muss es ihnen beibringen. Außerdem sind die Ausführenden so schockiert, dass sie meine Autorität

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