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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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anzweifeln. Du musst ihnen sagen, dass ich mir das nicht alleine ausgedacht habe, und zwar schnell.“
    „Ich bin in einer Viertelstunde bei euch“, sagte Anbar.
    „Außerdem sind wir dabei, Sommerhalt zu verlieren“, sagte Legard. „Ob es den König noch gibt, weiß ich nicht. Schloss Hagl gibt es jedenfalls nicht mehr. Von einem Trümmerfeld zu sprechen, wäre übertrieben. Es tut mir leid.“
    Anbar nickte nur.
    „Dann sehen wir uns gleich“, sagte Legard und wandte sich zum Gehen, jedoch nicht, ohne der Katze zum Abschied zuzunicken, um anzudeuten, dass er sie trotz Unbehagen ganz gut leiden konnte.
    Als Legard fort war, gab sich Anbar ein paar Atemzüge Zeit. Dann ging er mit seiner Katze im Arm in das Zimmer zurück und setzte sie auf dem Bett ab. Während er seine übrigen Sachen anzog, wurde sie wieder ein Mensch und drückte ihre lieb gewonnene Bettdecke an sich.
    „Das ist kein Zufall, oder?“, fragte sie.
    „Nein“, sagte er.
    „Trotzdem bleibt es dabei? Dass wir uns wiedertreffen, so wie verabredet?“
    Er setzte sich aufs Bett und nahm sie mitsamt Bettdecke in den Arm.
    „Dabei bleibt es und bei allem anderen auch. Du denkst an das, was du mir versprochen hast?“
    „Ja.“
    „Du mischt dich nicht ein und gehst unseren Feinden aus dem Weg?“
    „Ja.“
    „Dann muss ich jetzt gehen“, sagte er, ging aber nicht, sondern hielt sie immer noch fest.
    Sie schlang ihre Arme um ihn und presste ihr Gesicht an seins. „Ich wünschte, ich könnte etwas tun!“
    „Denk nicht mal dran. Pass nur auf dich auf, damit hilfst du mir am meisten.“
    Sie nickte, nur halbwegs überzeugt, doch willig. Er küsste sie, sie küsste ihn, sie stahlen dem Lauf der Geschichte zwei wertvolle Minuten. Doch dann musste er sie endgültig loslassen und gehen. Die Einsamkeit, die er in dem kleinen Zimmer zurückließ, war unermesslich.
     
    Eigentlich wollte sie sich beeilen. Aber sie konnte es nicht. Ihre Glieder waren schwer, ihr Herz zog seine Schläge in die Länge. Es war, als hätte sie sich noch nie alleine angezogen. Wie traurig es doch war, wenn niemand mit anpackte bei diesen altmodischen Verschlüssen. Aber sie hatte gelenkige Arme, mit denen sie ihren Rücken erreichte, und Stück für Stück schloss sie das Kleid, das sie immer in allerbester Erinnerung behalten würde. Dann bemühte sie sich, ihr Haar in Ordnung zu bringen, es zu flechten und so um den Kopf zu wickeln, dass es dort, wo sie jetzt hingehen wollte, nicht weiter auffiel, wie ungekämmt sie war. Die Herrin hatte ihr bis zum gestrigen Abend frei gegeben, aber sie würde viel zu spät nach Hause kommen.
    Eigentlich spielte es keine Rolle, übergeordnet betrachtet, doch für Elsa war es wichtig. Denn viel Heimat hatte sie nicht mehr. Selbst das Turmzimmer in Hagl, das Gefängnis, das geliebte oder verhasste, war verschwunden. Bei der Gelegenheit fiel ihr auch ein, dass sie sich im letzten Leben umgebracht haben sollte. Ein Freitod, den sie vergessen hatte, in einem Zimmer, das es nicht mehr gab. Auch deswegen musste sie unbedingt in ihren Haushalt zurückkehren und bügeln, putzen, waschen, polieren und handarbeiten, damit sie etwas in den Händen hielt, das ihre Aufmerksamkeit einforderte und ganz bestimmt nicht verschwinden würde.
    Sie wollte sich nicht leid tun, schließlich gab es so viel Schlimmeres: Antolia würde zerstört werden, Welten fielen vom Tellerrand, Nada war vielleicht tot, das Ende aller Dinge musste verhindert werden. Hier in Wenlache ging gerade die Sonne auf und keines von den düsteren, unzusammensetzbaren Puzzleteilen, die durch Elsas Kopf wirbelten, hatte im Geträller der Vögel und der reinen Luft des Morgens sehr viel Wirklichkeit. Keines bis auf das eine, dass Anbar fehlte. Sie hoffte so sehr, dass sie ihn behalten könnte, wie er war. Dass er sich nicht verändern würde und dass er nicht sterben würde. Aber die Aussichten waren schlecht.
    Am Ende schaffte sie es doch, das Zimmer zu verlassen. Nachdem sie noch mal ihre Nase in die Bettwäsche gesteckt hatte, um einen letzten Hauch von Glück zu erschnuppern, ließ sie diese unordentlich zurück und floh aus der Ruine. Der Weg zum See war länger, als sie ihn in Erinnerung hatte. Es mochte daran liegen, dass sie niemanden ausfragen konnte, während sie ihn hinabstieg. Der strahlende Sommer fühlte sich jetzt an wie Herbst. Wie Blätter, die fallen und verwehen, weil die sonnigen Tage vergangen sind.
    Obwohl sie sich keine Mühe gab, fand sie ihre Schuhe am Seeufer

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