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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Reinigung hatte geschlossen. Nur ein einziges Auto stand auf der Straße, eins mit Radioantenne, so wie Piotr eins gehabt hatte. All das war Elsa vertraut. Es war ihr lieb und teuer. Es war ihr aber auch verboten. Der falscheste Ort, an den sie hätte kommen können. Trotzdem war sie hier und sie sah auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte.

KAPITEL 42
     
    Niemand ging über die Gehwege und es fuhren auch keine Autos über die Straße. Das Auto mit der Radioantenne, das am Straßenrand stand, hatte platte Reifen. Nachdem Elsa sich ausgeruht hatte, stand sie auf und ging um die Ecke in eine Parallelstraße, in der normalerweise eine Straßenbahn abfuhr. Die Gleise waren da, aber an der Haltestelle hingen keine Fahrpläne mehr und die Glasscheiben, die die wartenden Fahrgäste vor Wind und Regen schützen sollten, waren auch verschwunden. Die Schaufenster am Straßenrand waren mit Brettern vernagelt worden. Eines war zerschmettert und das Innere des Ladens ausgeräumt.
    Sie hätte nicht weit gehen müssen, um in die Johangata zu kommen, in der sie vor gut einem Jahr noch gewohnt hatte. Eine leere Teetasse und ihr Wecker standen wahrscheinlich immer noch dort, neben einem Aeiol, der nie leuchtete, weil ihn keiner warm hielt. Elsa wollte ihn erst holen, dann verschob sie es auf später, da sie erst herausfinden wollte, was mit Kristjanstadt passiert war und ob es hier überhaupt noch Menschen gab. Zu diesem Zweck lief sie die Gleise der Straßenbahn entlang in Richtung Kreisverkehr, wo immer Menschen waren oder Autos, denn hier musste jeder durch, der von einem Ende der Stadt ans andere wollte.
    Unterwegs kam sie an der Jahresuhr des Nationaldenkmals vorbei. Die Blumen in den Blumenkästen, die normalerweise in den Nationalfarben blühten, waren verwelkt. Die Uhr zeigte an, dass Sommer war, doch sie musste stehen geblieben sein. Nach Elsas Knotenkalender ging der Herbst in Istland dem Ende zu. Die fast kahlen Bäume und das kühle Wetter gaben ihr recht.
    Als Elsa den Kreisverkehr erreichte, kamen ihr ein paar Leute auf Fahrrädern entgegen. Sie hatten verschlossene Gesichter und waren in Eile, aber immerhin gab es sie noch. Sogar der Kiosk an der Hauptverkehrsstraße, der früher zu jeder Tages- und Nachtzeit Milch, Zeitungen oder Kaugummis verkauft hatte, war geöffnet. Jemand stand dort mit einem Regenschirm und kaufte etwas. Ja, mittlerweile regnete es. Regen war etwas so Selbstverständliches in dieser Stadt, dass Elsa nicht sagen konnte, wann der Regen eingesetzt hatte. Ihr Haar war schon sehr nass und hing in Strähnen herab. Sie musste großartig aussehen. Ihr langer Rock war ausgefranst und ihre Jacke grau vor Schmutz. Dazu das lange Messer, das ihr an der Hüfte baumelte – das war kein Aufzug für Istland.
    Dennoch überquerte sie die Straße, kaum dass der Regenschirmträger verschwunden war, und ging auf die mit Plastikplanen verhängten Illustrierten-Ständer zu. Dort angekommen, sah sie, dass es unter den Plastikplanen nichts gab. Die Ständer waren leer, abgesehen von ein paar Taschenlampen und Messer-Sets, die aus dem vorletzten Jahrzehnt stammen mussten. Geschützt, unter dem Vordach des Kiosks, lag ein Stapel Zeitungen. Elsa beugte sich darüber, ohne den Mann hinter der Scheibe zu beachten. Die erste Seite der Zeitung las sich wie ein Katalog von Sondergesetzen und Ausnahmeregelungen. „Solange der Krieg dauert“, war dort immer wieder zu lesen. Oder „Seit Kriegsbeginn ...“ Elsa nahm die oberste Zeitung, öffnete sie und starrte auf die dritte Seite.
    „He!“, rief der Mann hinter der Scheibe. „Die ist nicht umsonst, die kostet was!“
    Sie sah ihn an.
    „Stimmt das, was hier steht?“, fragte sie. „Ist wirklich Krieg?“
    „Du spinnst wohl!“, schimpfte er. „Nimm deine dreckigen Finger von der Zeitung, es sei denn, du kannst sie bezahlen!“
    Elsa konnte nichts bezahlen. Sie hatte kein Geld.
    „Gegen wen führt Istland Krieg? Was ist passiert?“
    Der Mann warf eine Münze in seinen Telefonapparat und hob den Hörer ab. „Verschwinde oder ich melde dich beim Polizeibüro!“
    Sie wickelte die Zeitung zusammen und rannte los. Der Mann kam doch tatsächlich aus seinem Häuschen gestolpert, um sie zu verfolgen, doch sie war schneller als er. Sie rannte und rannte, bis sie die Einkaufsstraße erreicht hatte. Im Eingang des Kaufhauses, in dem sie früher Regenmäntel verkauft hatte, hockte sie sich auf den Boden. Die Eingangstüren in ihrem Rücken waren verschlossen und

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