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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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was Antolia einmal groß gemacht hat. Der Grubenmann ist schwarz von Erde, aber sein Herz ist ein Aeiol. Die Antolianer möchten an Wunder glauben und an einen Helden, der sie rettet. Sie ahnen nicht, dass ihr Held sie verrät und am Untergang der Welten mitwirkt, und zwar maßgeblich.“
    „Warum sagst du das?“, fragte Elsa aufgebracht. „Wegen ihm werden sie nicht untergehen und wegen mir auch nicht, denn ich werde nicht durch das letzte Tor gehen. Es gibt keinen Grund, warum die Welten überhaupt untergehen sollten!“
    „Wenn alles so wäre, wie Anbar Antur denkt“, erwiderte Carlos, „dann ginge seine Rechnung vielleicht auf. Aber der Rabe, dem er uneingeschränkt vertraut, hat ihm etwas Wesentliches verschwiegen.“
    „Was? Wovon sprichst du?“
    „Hast du ihm von mir erzählt? Von einem Raben, der ein Altja ist?“
    „Ich wollte dich schützen! Wenn Möwen und Ausgleicher erst mal wissen, dass es dich gibt, dann …“
    „… entkomme ich ihnen trotzdem. Denn ich habe Übung und kann vieles, was ihr gewöhnlichen Raben nie gelernt habt.“
    Elsa starrte Carlos an. Sie konnte nicht sprechen. Etwas Schlimmes, etwas Furchtbares dämmerte ihr.
    „Er hat sie alle im Griff, seine Raben“, sagte Carlos, „aber mich kennt er nicht. Er konnte seine Strategie nie auf mich ausrichten. Nun bin ich kein Freund von Weltuntergängen. Zum Glück. Du musst mich also nicht so ängstlich ansehen, Elsa.“
    „Aber?“
    „Ich habe in die Zukunft gesehen. Alles wird aufhören. Dafür muss es einen Grund geben.“
    „Was für einen?“
    „Hast du dir nie überlegt, wie es wäre, wenn du durch das letzte Tor gehen würdest?“
    „Nein“, sagte Elsa. „Es interessiert mich nicht.“
    „Aber wenn du es nun müsstest, wenn dir keine andere Wahl bliebe, was würdest du tun?“
    Sie wurde nicht schlau aus ihm. Sie schaute ihn nur an und merkte, wie das flüssige Wachs einer Kerze, die übergelaufen war, über ihre Finger lief. Sie rührte sich trotzdem nicht vom Fleck, sondern krallte sich weiterhin mit beiden Händen am Tresen fest.
    „Los, sag’s mir“, forderte Carlos sie auf. „Du wärst so gut wie allmächtig. Was würdest du tun?“
    „Ich … vielleicht könnte ich versuchen, nichts zu tun? Könnte ich die Welten so lassen, wie sie sind?“
    „Nein. Denn wie sie sind und vor allem, wie sie einmal waren, wird dich in dem Moment gar nicht interessieren. Wenn du den menschlichen Grenzen einmal entronnen bist, kannst du sie dir kaum noch vorstellen. Menschliche Belange werden dir fremd sein, zu fremd, um ihnen zu dienen oder dich gar für sie klein zu machen. Wenn du ein Meer sein kannst mit allem, was darin lebt und wächst und fließt, warum solltest du dich dann mit dem Besitz einer einzigen Muschel zufrieden geben?“
    Elsa dachte plötzlich daran, dass sie mal eine Muschel geschenkt bekommen hatte. Damals in Brisa, von einem Kind. Sie wusste gar nicht mehr, wann und wo sie die Muschel wieder verloren hatte. Nach Edons Tod war sie jedenfalls nicht mehr da gewesen.
    „Wenn ich wüsste, dass ich unbedingt und um jeden Preis die Muschel nehmen muss“, sagte sie, „könnte ich es dann schaffen?“
    „Sperrst du dich selbst in einen Käfig? Beschneidest du deine eigenen Flügel? Könntest du im Wasser ertrinken, obwohl du schwimmen kannst, indem du deine Arme nicht bewegst? Könntest du untergehen, nur weil dein Wille es dir befiehlt? Würdest du an deinem Willen festhalten, während das Wasser in deine Lungen eindringt, obwohl du in dem Moment nicht mehr weißt, warum du so etwas Sinnloses wie deinen Tod jemals gewollt hast? Hast du einen so starken, einen so unbeugsamen Willen?“
    Elsas Herz klopfte wie wild. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Wille war mehr als beugsam, das wusste sie. Er war der Untertan ihrer unvernünftigsten Wünsche.
    „Siehst du“, sagte Carlos. „Deswegen wird die Welt untergehen.“
    „Nein, wird sie nicht! Niemand von uns wird den Ganduup helfen!“
    „Elsa!“ Er sprach mit ihr wie mit einem unbelehrbaren Kind, das seine Finger zum dritten Mal an einer heißen Herdplatte verbrannt hat. „Ich habe es dir schon einmal gesagt: Ich bin kein Geschöpf, das gerne in sein Verderben läuft. Nur ein einziger Rabe wird diesen Weltuntergang überleben. Das ist der Rabe, der ihn verursachen wird. Wenn du mir nicht zuvorkommst, dann werde ich dieser Rabe sein. Weil du das nicht einsehen wirst, sage ich dir jetzt Lebewohl! Mach das Beste aus deinen letzten drei Wochen.“
    Die Worte

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